Sport/Fußball

Von Mattersburg bis Rapid: Pharisäer im Maskenball

Als wäre Corona nicht schlimm genug, leidet die Liga nun auch noch unter moralischen Defiziten. Oder wie anders ist’ s zu formulieren ...

... wenn der als hemdsärmeliger Klubboss und ehemaliger Liga-Präsident geschätzt gewesene Martin Pucher aufgrund dubioser Bankgeschäfte seinen SV Mattersburg ohne Vorwarnung im Sommerregen stehen und um die Existenz zittern lässt?

... wenn sich der ehemalige SP-Naionalrat, karrenzierte Notenbanker und Großverdiener Dietmar Hoscher seinem Erscheinen beim U-Ausschuss mit dem Hinweis auf gesundheitliche Probleme entzieht, zugleich aber ungeniert als Vorsitzender des Rapid-Kuratoriums dessen Sitzung in Hütteldorf leitet?

... wenn Rapid-Geschäftsführer Christoph Peschek ein sexistisches Transparent als Befehlsempfänger der Ultras verniedlicht und damit den Abgang von Sponsoren provoziert?

Dazu kommen kostenintensive Betreuerwechsel bei den Traditionsklub in Linz und Graz, während der Wiener Austria der Abgang von Trainer Christian Ilzer zu Sturm entgegenkommt. Andernfalls wäre der in Wien mäßig erfolgreiche Steirer selbst im Fall einer Entlassung noch ein Jahr auf der Lohnliste der finanzmaroden Violetten gestanden.

Konträr zu all den Intrigen und Ungereimtheiten ermöglichten Spieler und Schiedsrichter immerhin einen regulären Abschluss der Corona-Meisterschaft. Mehr noch:

Ein TV-Vergleich bei Geisterspielen zeigte, dass das hämische Vorurteil, wonach selbst deutscher Zweitligakick besser sei als österreichischer Erstligafußball, nicht stimmt. Ohne Publikum verkamen auch Spitzenspiele im Ausland zu Langweilern.

Virus-Show

Voller Widersprüche strotzt der Umgang mit Corona-Maßnahmen.

So hockten oft deutsche Ersatzspieler, brav ihre Vorbildfunktion demonstrierend, in Riesenelefanten-Distanz zueinander auf den Rängen, während die Kollegen auf dem Feld beim Torjubel einander umarmten.

So trug Deutschlands Teamchef Joachim Löw anlässlich des Cupfinales beim Sky-Interview Maske, ehe er kurz später oben ohne ins ARD-Mikro sprach.

So konnten Fans in Österreich zwar nicht ins Stadion, aber eine Stunde nach Spielschluss mit manch Siegern abseits der Kameras hautnah feiern.

Mit Pharisäertum wird das Virus nicht zu vertreiben sein. Auch wenn jeder Fußballkonsument volle Tribünen herbeisehnt – die Rückkehr zur Normalität droht heuer eine unerfüllbare Forderung realitätsferner Fans zu bleiben.