Video: Grobe Misstöne bei der Schweigeminute in Frankfurt
„Nazis raus!“ Zehntausende machten in der Frankfurter Arena während der Gedenkminute für die Opfer von Hanau vor dem Anpfiff der Partie ihrer Eintracht gegen Salzburg ihrem Ärger zunächst mit einem Pfeifkonzert und dann mit diesem Sprechchor lautstark Luft. Einige Zuschauer, zunächst aus dem Gästesektor, aber dann als Reaktion auch Heimfans, konnten just während es der Anstand gebietet zu schweigen, nicht ihr Mundwerk halten.
Nur rund 30 Kilometer entfernt war am Mittwochabend das Unfassbare passiert. Ein Mann erschoss neun Menschen mit Migrationshintergrund. Kurze Zeit später wurden der mutmaßliche Täter und seine Mutter ebenfalls erschossen in einer Wohnung gefunden. „Eine Art Manifest“ im Internet enthalte laut Bundesanwaltschaft Hinweise auf eine „zutiefst rassistische Gesinnung“ des mutmaßlichen Täters.
Der Anschlag sorgte „für Trauer und Entsetzen im gesamten Bundesgebiet und speziell in der Rhein-Main-Region“, teilte die Eintracht, bei der der Attentäter einst im Nachwuchs gespielt hatte, mit. Die Trauerminute war ein „klares Zeichen gegen jegliche Form von Rassismus und Extremismus“. Das stellte auch der Stadionsprecher mit mahnenden Worten klar.
Während sich einige Fans völlig daneben benahmen, zeigte die Salzburger Mannschaft demonstrativ ihr Mitgefühl. Alle Spieler waren mit Trauerflor angetreten.
Auch Fußball-Deutschland stand unter Schock. Bundesliga-Chef Christian Seifert sprach von einem „entsetzlichen Verbrechen“. Die Mannschaften in den ersten drei Ligen der Männer werden wie auch die Teams der Frauen-Ligen am Wochenende mit Trauerflor spielen. Zudem wird es vor den Partien ebenfalls Schweigeminuten geben. „Die Tat lässt uns geschockt und verständnislos zurück“, sagte Seifert. „Unsere Gedanken sind bei den Opfern und deren Angehörigen.“
DFB-Präsident Fritz Keller erklärte: „Wir sind angesichts dieser sinnlosen Gewalttat erschüttert und fassungslos. Sie ist die nächste eindringliche Mahnung, dass wir alle gegen Hass und Rassismus, gegen jede Form der Diskriminierung zusammenstehen müssen – ob auf der Stadiontribüne, auf der Straße oder im Internet.“
Leverkusens Sportchef Rudi Völler, der in Hanau geboren wurde, nahm die Nachricht „mit Entsetzen und Bestürzung“ auf. „Die Betroffenheit ist groß. Mein Mitgefühl gilt den Familien und den Angehörigen der Opfer“, sagte der Fußball-Weltmeister von 1990: „Hass, Gewalt und Rassismus haben in unserer Mitte keinen Platz.“