Sport/Fußball

Rapid-Sportchef im Porträt: Fredy Bickel, Buhmann und Mensch

Fredy Bickel ist Pragmatiker. Als der Schweizer nach dem stressigen Start bei Rapid vor zwei Jahren feststellte, dass sein Tabak-Konsum stark angestiegen war, entschied der Sportdirektor, seine Zigaretten künftig selbst zu wuzeln. Mehr Aufwand für die Vorbereitung sollte die Anzahl der gerauchten Zigaretten reduzieren. Zwei Jahre später sind die Zeiten bei Rapid weiterhin stressig, gerade für einen Sportdirektor.

Und so kann es passieren, dass der Pragmatismus dazu führt, am Ende weniger Zeit, gelbe Finger vom Wuzeln und Raucherhusten zu haben.

Am Sonntag um 17.15 Uhr beginnt das erste von vielen Entscheidungsspielen: Cup gegen Hartberg, ein Sieg im Viertelfinale ist Pflicht. Beim ersten Aufeinandertreffen war Rapid vorgeführt worden. Der neue Trainer Didi Kühbauer war nach dem 0:3 in der 11. Liga-Runde schockiert und gab zu verstehen, dass es Änderungen im Kader geben müsse.

Stürmer-Theater

Besonders die Stürmersuche sollte Bickel herausfordern – und sein Image beschädigen. Erst am letzten Transfertag konnte Aliou Badji verpflichtet werden.

Davor gab es immer wieder Erklärungen, wer warum dann doch nicht kam. Jeder Fast-Transfer war an sich nachvollziehbar, insgesamt gab Bickel aber kein gutes Bild ab. „Das hätte mir nicht passieren dürfen, mich so treiben zu lassen.“ Ausgerechnet dem gelernten Journalisten unterliefen ungewohnte öffentliche Patzer und fragwürdige Interviews.

„Er ist selbstkritischer als in Österreich üblich. Aber er soll das nicht so öffentlich abhandeln“, meint ein Insider.

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Am meisten setzte dem Sportchef der Fall Maurides zu. „Dass beim Medizincheck Probleme auftauchen können, gehört dazu. Aber sowas, unglaublich“, war der 53-Jährige fassungslos über den Brasilianer, der sich nach seiner Einigung mit Rapid im Urlaub gehen ließ.

Im Sommer hätte Bickel, der Pragmatiker, wohl trotzdem unterschrieben. Bis die Arbeitserlaubnis für Badji da ist, wäre Maurides auch wieder in Schuss gewesen. Doch für Kühbauer steht Mentalität ganz oben. Den teuersten Transfer der Trainer-Karriere für einen Stürmer, dem die Mitspieler als erstes auf den Bauchansatz schauen würden? Sicher nicht!

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Auch bei Sasa Kalajdzic hätte Bickel, überzeugt vom riesigen Potenzial des 2-Meter-Mannes, die Ablöse von mehr als 1,5 Millionen abgenickt. Aber als statt der angekündigten Unterschrift noch eine neue Forderung kam, war für die Klubspitze Schluss.

Ärger mit "Kreditkarte"

Begonnen hatte das Theater mit der vom Verein – ganz zufällig vor der Versammlung der kritischen Mitglieder – in Aussicht gestellten „Kreditkarte“. Nicht dazu gesagt wurde, dass damals nur eine kleinere Summe freigegeben wurde. Ohne den folgenden Aufstieg gegen die Rangers (verbunden mit Millioneneinnahmen) wäre Bickel am Transfermarkt also in eine nahezu aussichtslose Position gebracht worden. Er hat daraus seine Schlüsse gezogen und will künftig nicht mehr alles auf seine schmalen Schultern laden (lassen).

Fehleinschätzung

Bickel hat sich aber auch selbst angreifbar gemacht. Als Grahovac ablösefrei zurückgeholt werden konnte, war es ihm wichtig zu erwähnen, dass der Bosnier noch verliehen werden könnte. Dahinter steckt der mögliche Verkauf von Ljubicic nach Saisonende, eine Degradierung zum Wechselspieler könnte Millionen kosten. Allerdings sollte Bickel Kühbauer schon so gut kennen, dass dessen Wunsch nach mehr Zweikampfstärke mit Grahovac sofort zählt und dem Trainer wichtiger ist als sommerliche Planspiele.

In der Schweiz genießt Bickel einen sehr guten Ruf – bis auf eine Privatfehde mit einem Boulevard-Journalisten.

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Der KURIER fand 2017 einen anderen Kritiker, der meinte, Bickel sei „mehr Sozialarbeiter als Stratege“. Vielleicht würde sich der Schweizer deshalb leichter tun, wenn der Verein eine klarere sportliche Linie vorgeben würde, anstatt Bickel von einem Brandherd zum nächsten eilen zu lassen.

Bickel verweist darauf, dass er gerne an Strukturen bastelt und in der Schweiz stets die Nachwuchsarbeit verbessert hätte.

Millionen-Verkäufe

Sein in der Heimat (mit insgesamt sechs Meistertiteln) bewährtes Prinzip war, erfolgreiche Trainer zu finden und diesen dann Spieler mit Potenzial zur Verfügung zu stellen, die satte Transfergewinne versprechen. Das ging mit so unterschiedlichen Trainern wie Lucien Favre, Urs Fischer und Adi Hütter auf. „Was ich mir in der Schweiz anhören musste, weil ich den Österreicher Hütter hole ...“, erinnert sich Bickel.

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Bei Rapid geht zumindest der Teil mit den Transfergewinnen auf. Bisher gibt es unter ihm ein Plus von rund neun Millionen. Wenn das Frühjahr halbwegs positiv läuft und die zuletzt abgelehnten Angebote und Anfragen hochgerechnet werden, könnte es im Sommer bis zu 20 Millionen an Transfer-Einnahmen geben.

Der Rapid-Experte Daniel Mandl bezeichnete Bickel vor einem Jahr als „besten Sportdirektor“. Nun meint der Gründer und Betreiber der Online-Portale austriansoccerboard.at und abseits.at: „Ich halte ihn immer noch für einen Guten. Es sind ihm in den letzten Monaten aber einige Fehleinschätzungen passiert, dazu gab es Kommunikationsprobleme. Vielleicht ist er zu gutgläubig.“

Galvaos Geheimnis

Oder ist der Routinier zu nett für das immer brutaler werdende Geschäft? Bickel sind gewisse Werte wichtig und deswegen lässt er aufgelegte Elfmeter aus. Als Galvao nach Ingolstadt verkauft wurde, erzählte er nur vom dringenden Wunsch des Brasilianers, die Familie in der Heimat mit dem viel höheren Gehalt zu unterstützen. Tatsächlich galt der in der in der Spieleröffnung so schmerzlich vermisste 27-Jährige als potenzieller Sportinvalide.

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Oft hatte Galvao Knieschmerzen, musste seit seiner Altach-Zeit Spezialübungen machen, um regelmäßig trainieren zu können. Als Ingolstadt 2,4 Millionen Ablöse bot, war die größte Sorge in Hütteldorf, ob Galvao den Medizincheck bestehen würde. Und siehe da: Nach einem sportlichen Fehlstart fehlt Ingolstadts teuerster Einkauf seit Monaten verletzt.

Was Bickel sagt und was er nicht sagt, ist ein eigenes Kapitel. Als in der Anfangszeit im Print- und Online-Boulevard laufend Falschmeldungen produziert wurden, wunderte sich Bickel, warum nicht öfter bei ihm nachgefragt würde.

Besonders ehrlich

Anders als das im 20. Jahrhundert weithin üblich war, „steckt“ der frühere Journalist der Presse keine Geschichten, gibt also nicht bewusst Informationen weiter, um selbst besser dazustehen. Wenn er mit recherchierten Infos konfrontiert wird, versucht er aber, so ehrlich wie möglich zu agieren.

Bickel will geliebt werden“, sagt einer, der den Vater von zwei Töchtern sehr gut kennt. Das gilt vor allem intern.

Er strahlt Herzlichkeit aus, ist nahe bei den Spielern und auch im Präsidium beliebt. Aber das Wichtigste – der sportliche Erfolg – will sich nicht dauerhaft einstellen. Deswegen sollte es nicht verwundern, wenn mit dem Abschied seines größten Unterstützers (Präsident Krammer) auch für Fredy Bickel ein Wechsel ansteht. Zurück in seine Heimat.