Rapid-Boss Krammer greift durch
Wenn der Rapid-Präsident und sein Vize an einem Samstag kurzfristig zu einer Pressekonferenz rufen, steht mehr an als nur das 309. Wiener Derby. Die neue Rapid-Führung musste nach dem Angriff auf das Austria-Talent Valentin Grubeck erstmals zu einem in der eigenen Amtszeit vorgefallenen Fan-Skandal Stellung nehmen und wollte das so deutlich wie möglich machen.
Präsident Michael Krammer hatte noch am Freitag Briefe des Bedauerns an die Austria und Grubeck geschickt. Am Samstag durfte der 19-Jährige, der Prellungen erlitt, das Spital verlassen. Derweil sprach Krammer Klartext: „Gewalt gegen Spieler ist schlimmer als alles bisher da gewesene. Wir haben von der Polizei noch nicht viele Informationen. Aber es steht fest: Wenn es eine Nähe zum Verein geben sollte, folgt ein lebenslanges Stadionverbot. Diese feigen Verbrecher sind keine Rapidler. Denn sie haben nicht nur Grubeck angegriffen, sondern auch die Rapid-Werte.“ Krammers Botschaft, „an alle, die es noch nicht begriffen haben: Bei Gewalt, Rassismus und Diskriminierung gibt es null Toleranz.“
Vizepräsident Christoph Peschek stellt sich am Sonntag bewusst in den Fansektor: „Ich will zeigen, dass man sich vor den Rapidlern nicht fürchten muss. Wir haben klare Grenzen, das soll auch ein Schutz für die überwältigende Mehrheit der friedlichen Fans sein.“
Rund um das Stadion gibt es massive Sicherheitsvorkehrungen und eine eigene Anreise-Route für die 1250 Rapid-Fans. In der Fanszene gibt es übrigens einen „Ehrenkodex“, der besagt, dass nie Spieler angegriffen werden. Vielmehr sollte wohl die Fertigstellung der violetten Fan-Choreografie „gestört“ werden. Grubeck dürfte nicht als Austria-Spieler erkannt worden sein. Der festgenommene Täter der rund 15-köpfigen Gruppe soll zwar Rapid zuordenbar sein, aber nicht zum harten Kern der Fans gehören.
Polizeieinsatz wegen Austria-Fans?
Verwirrung gab es um einen Polizeieinsatz in der Nacht auf Samstag. Die Sicherheitsbeamten der Austria sollen einen neuerlichen Angriff gefürchtet haben. Die Polizei erklärt, dass um 0.01 Uhr eine Frau den Notruf wählte. Es wurde eine Wahrnehmungsmeldung gemacht: 30 – 40 Vermummte sollen sich vor dem Fanshop befinden, die anrückende Polizei konnte aber keine Verdächtigen ausmachen. Drei Personen, die in der Nähe angehalten wurden, waren nicht weiter auffällig.
Da Rapid-Fans von mehreren Medien vorschnell verdächtigt wurden, einen neuerlichen Angriff geplant zu haben, forschte Vizepräsident Peschek bei szenekundigen Beamten nach. Samstagabend wurde laut Rapid von der Polizei schließlich bestätigt, „dass die dort anwesenden Personen nicht der Fanszene des SK Rapid, sondern jener des Gastgebers zuzuordnen sind.“ Also wollten Austria-Fans das eigene Stadion bewachen.
Eine von Krammer geäußerte Vision klingt dennoch kühn: „Im neuen Rapid-Stadion soll es eines Tages nur noch Ordner geben. Polizisten sollen dann nicht mehr nötig sein.“
Seit Jänner 2013 spielt Valentin Grubeck für die Amateure der Wiener Austria. Zuvor ging der Unter-19-Teamspieler aus Schärding für die Fußballakademie Linz auf Torjagd. Der 19-Jährige gilt als große Stürmer-Hoffnung. Mit drei Toren in der UEFA Youth League gegen Atletico Madrid und Zenit St. Petersburg machte er im Herbst auch international auf sich aufmerksam. Nun geriet er in die Schlagzeilen, weil er am Donnerstag vor der Generali-Arena von Rapid-Anhängern verprügelt wurde. Der KURIER erreichte ihn am Freitag im Spital.
KURIER: Herr Grubeck, was ist am Donnerstag passiert? Können Sie die Vorfälle schildern?
Valentin Grubeck: Wir hatten Training mit den Austria Amateuren, ich war danach als einer der ersten draußen nach dem Duschen und war zu Fuß auf dem Weg zur Bushaltestelle, weil ich heimfahren wollte. Ich war ins Handy vertieft, weil ich gerade meine Eltern anrufen wollte. Daher habe ich erst spät aufgeschaut und die 15 bis 20 Personen erkannt. Sie hatten Kapuzenpullis auf und waren vermummt.
Was ist dann passiert?
Der Großteil ist Richtung Stadion gelaufen, zwei sind in meine Richtung abgebogen. Sie haben gerufen und gefragt, ob ich zu der Gruppe dazugehören würde und ob ich Austria-Fan bin. Ich habe gar nichts geantwortet. Einer hat mich dann niedergerissen. Ich bin auf dem Boden gelegen und sie haben auf mich eingetreten. Ich hab’ nur geschaut, dass ich meinen Kopf schütze. Die Rippen und der Rücken tun mir ziemlich weh. Ich habe starke Prellungen, mein Knie wird noch untersucht.
Hatten Sie einen Austria-Trainingsanzug an?
Nein, ich war in Zivilkleidung unterwegs. Ein Wahnsinn, dass so etwas passiert. Das ist einfach nur traurig. So etwas hat beim Fußball nichts verloren. So wird das Image des Sports und auch des Vereins doch nur zerstört. Rapid steht eigentlich für gute Fans und tolle Stimmung im Stadion. Aber durch solche Idioten wird alles zerstört. Ich war noch nie in meinem Leben in eine Rauferei oder etwas ähnliches verwickelt. Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas passieren könnte.
Was sollte jetzt passieren?
Solche Chaoten gehören vom Fußball konsequent vertrieben. Jede Verbindung zu den Vereinen gehört abgekappt. Die schaden einfach nur.
Noch am Mittwoch hatten Spieler von der Austria (Dilaver, Stankovic) und Rapid (Trimmel, Sonnleitner) vor 270 Schülern im 21. Bezirk versichert, dass bei aller sportlichen Rivalität ein friedliches, respektvolles Miteinander zu dominieren habe. Und dann werden just nach dieser wunderbaren Veranstaltung und just vor dem Wiener Derby der Fair-Play-Gedanke und ein schuldloses Austria-Talent brutal mit Füßen getreten.
Gleichgültig, ob es acht, zehn, zwölf oder 15 Vermummte waren, die über Nachwuchs-Nationalspieler Grubeck herfielen, gleichgültig, ob die Rapid-"Fans" ihr violettes Opfer überhaupt gekannt haben oder nicht – die Aktion war brutal und widerlich feige.
Doch was wird passieren?
Wieder müssen Außenstehende (fälschlicherweise) glauben, dass sich nur Rowdys beim Fußball herumtreiben.
Wieder werden Anhänger des Stadtrivalen Rache schwören.
Wieder werden Hardcore-Fans, sobald ein Schläger verurteilt wird, Spruchbänder gegen Polizei und Medien spannen.
Und wieder wird es auch Funktionäre geben, die selbst die jüngste Schandtat noch verniedlichen.
In Wahrheit haben sie Angst vor einer aggressiven Minderheit. Rapid-Kapitän Steffen Hofmann hingegen spricht von einer Katastrophe für den Sport und fordert harte Strafen für die Übeltäter. Bedenklich, dass ihm allein für diese Aussage symbolisch eine Tapferkeitsmedaille gebührt.
Sehr geehrter Herr Grubeck!
Mit großer Bestürzung mussten wir von der unentschuldbaren und brutalen Attacke auf Sie am Donnerstag am Gelände des FK Austria Wien erfahren. Diese Aktion verurteilt der SK Rapid selbstverständlich auf das Allerschärfste, sie ist nicht zu tolerieren und absolut inakzeptabel.
Im Namen des SK Rapid darf ich Ihnen versichern, dass wir an einer restlosen und raschen Aufklärung dieses kriminellen Zwischenfalls in höchstem Maße interessiert sind und auf volle Kooperation mit den ermittelnden Behörden setzen. Sie dürfen hundertprozentig sicher sein, dass der SK Rapid gegen überführte Täter all jene Konsequenzen und Sanktionen durchsetzen wird, die möglich sind. Sollten diese tatsächlich im Umfeld unseres Vereins zu finden sein, drohen nicht nur bundesweite Stadionverbote, sondern gegebenenfalls auch Vereinsausschluss und/oder Entzug von Mitgliedschaften.
Zudem erwarten wir, dass Exekutive und Judikative gegen diese Personen, die nicht nur dem SK Rapid und seinen hunderttausenden Fans, sondern dem Gesamtimage des von uns allen so geliebten Fußballsportes in Österreich schaden, mit aller gebotenen Härte und Konsequenz vorgehen. Gewalt darf gerade im Umfeld des Fußballs keinen Platz haben, so groß kann die berechtigte sportliche Rivalität gar nicht sein!
Wir wünschen Ihnen auf alle Fälle eine sehr rasche Genesung und in weiterer Folge viel Erfolg in Ihrer noch jungen Laufbahn als Sportler.
Mit sportlichen Grüßen
Michael Krammer
Präsident SK Rapid