Sport/Fußball

"Wie im Gerichtssaal": Bartosch ist neuer ÖFB-Präsident

Gut eine Woche nach dem Rücktritt von Klaus Mitterdorfer hat der ÖFB einen neuen interimistischen Präsidenten. Dieser hört auf den Namen Wolfgang Bartosch und ist der Präsident des steirischen Verbandes. Der 65-jährige Jurist und ehemalige Direktor der Arbeiterkammer Steiermark ist seit 2011 Teil des ÖFB-Präsidiums und wurde am Freitag auserkoren.

Allerdings: Die Wahl von Bartosch hat einen Beigeschmack. Ob das den Entscheidungsträgern aufgrund der Schlagzeilen, die der ÖFB seit Monaten abseits der sportlichen Erfolge macht, vielleicht schon egal ist? "Die Atmosphäre in der Sitzung war leider unangenehm", sagte der frisch gewählte Bartosch in einer ersten Stellungnahme. "Es war Gerichtssaal-artig, wie nicht zum ersten Mal."

Bartosch wurde zum Interimspräsidenten gewählt, obwohl er zuvor nicht zu den vier Stellvertretern des Präsidenten gezählt hatte. Von diesen gab es vier, wovon drei zufolge nicht zu Verfügung standen.

Philip Thonhauser, Aufsichtsratsvorsitzender Bundesliga, wollte nicht. Johann Gartner, Präsident des NÖFV, kam aufgrund einer medialen Auseinandersetzung mit Teamkapitän David Alaba nicht infrage und Josef Geisler (T) ließ seinem Kollegen Gerhard Götschhofer (OÖ) den Vortritt.

Jedoch: Generalsekretär Thomas Hollerer bestand darauf, dass Götschhofer als Vizepräsident nicht einfach übernehmen kann, sondern gewählt werden muss. Ob das tatsächlich so sein muss, ist ein Streitfall für Juristen. Dem Vorschlag Hollerers jedenfalls stimmte der Großteil des Präsidiums zu. Bei der folgenden Abstimmung im gespaltenen Präsidium erhielt Götschhofer nur drei Stimmen. Seine eigene sowie jene von Geisler und Salzburgs Präsident Wolfgang Zingerle.

Also nützte Thomas Hollerer (in Verbindung mit seinen Mitstreitern im Präsidium) wie vom KURIER berichtet eine Hintertür um die eigenen ÖFB-Satzungen auszuhebeln. In Paragraf 14 heißt es: "Bei Gefahr im Verzug ist der Generalsekretär berechtigt, auch in Angelegenheiten, die in den Wirkungskreis der Bundeshauptversammlung, des Präsidiums fallen, unter eigener Verantwortung selbstständig Anordnungen zu treffen, ..."

Die Folge: Hollerer, vor einer Woche nach Präsidiumsbeschluss vom 18. Oktober noch gekündigt, wurde von ebendiesem Präsidium plötzlich dazu ermächtigt, Entscheidungen auf höchster Ebene zu treffen. Für seinen Vorschlag, dass nicht mehr zwingend einer der vier Vizepräsidenten einspringen müsse, stimmten in Folge acht Präsidiumsmitglieder. Damit war der Weg frei für die Wahl von Wolfgang Bartosch zum Interimspräsidenten.

Der Steirer erhielt schließlich neun von zwölf Stimmen und sagte: "Ich glaube, dass die Mehrheitsverhältnisse für sich sprechen." In Richtung der beiden Kollegen, die ihn nicht gewählt hatten, sagte Bartosch: "Ich strecke meine Hand immer aus und suche den Konsens und glaube dass wir den finden werden."

Hollerer und Neuhold bleiben gekündigt

Bartosch gab weiters bekannt, dass die vorige Woche ausgesprochenen Kündigungen der beiden Geschäftsführer Bernhard Neuhold und Thomas Hollerer aufrecht bleiben. "Beide haben erklärt, dass sie weiterhin mit vollem Einsatz für den ÖFB arbeiten werden. Es braucht sich niemand Sorgen darüber zu machen, dass der ÖFB handlungsunfähig wäre."

In nächster Zeit gebe es für den ÖFB jedenfalls ein vorrangiges Ziel: Die Strukturreform, die Ex-Präsident Klaus Mitterdorfer vorgeschlagen hat, soll kommen. Ob mit geplantem Dreier-Vorstand oder nicht und welche Veränderungen es noch geben soll, darüber wird erst beraten. Es solle jedenfalls noch klarer zwischen Haupt- und Ehrenamt getrennt werden, so Bartosch. Das Gesicht des Verbandes soll demnach künftig nicht mehr der Präsident oder eben Kopf des Aufsichtsrats sein, sondern der oder die CEO.

Ob der Termin für die nächste Bundeshauptversammlung am 18. Mai bestehen bleibt, ist ebenso offen. Bartosch drückt diesbezüglich gerne aufs Tempo: "Wir werden den Termin situationselastisch anpassen."