Sport/Fußball

Kleiner russischer Krisenherd

Auf dem Airport Chisinau, der mit großen Lettern als solcher ausgewiesen ist, erwartet den soeben Gelandeten die Vergangenheit: vor sich hin rostende Tupolew-Maschinen, flügellahme Überbleibsel aus der Sowjet-Zeit. Dennoch, blühend soll diese Vergangenheit gewesen sein. Und stetig die Verwelkung, die nach der großen Umstrukturierung Europas zu einem traurigen Stellenwert geführt hat. Auf dem Boulevard Stefan cel Mare, beim Eindringen in die Stadt, vermischt sich diese Unbestimmtheit. Noch kurz zuvor Plattenbauten, dem Zerfall bestimmte Gebäude, dann versucht das bunte Reklamemosaik Aufschwung zu vermitteln, McDonald’s bietet natürlich schon längst seine Burger feil.

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Dennoch: Moldawien ist eines der ärmsten Länder Europas. Ein Land am Scheideweg, heißt es. West-Sehnsucht, Ost-Nostalgie. Nach Europa wenden? Russland ist doch so nah.

Die von Moldawien abtrünnige Region Transnistrien würde gern zu Russland gehören. Der entsprechende Antrag liegt bereits in Moskau. Der Rest des Landes hingegen will in die EU.

Gespalten

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Moldawien grenzt im Westen an Rumänien. Im Norden, Osten und Süden wird die Republik Moldau vollständig von der Ukraine umschlossen. Die Mehrheit der knapp vier Millionen Einwohner lebt am westlichen Ufer des Dnjestr. Die pro-russische Minderheit am Ostufer, in Transnistrien, hat sich eine Mini-Sowjetunion geschaffen, einen totalitären Kleinstaat mit Einheitspartei und Geheimdienst KGB. Ohne Russland wäre dieses Gebilde mit rund 500.000 Einwohnern nicht lebensfähig. Moldawien wurde 1991 unabhängig, 1992 kam es wegen Transnistrien zu einem Krieg mit über 1000 Toten. Unter dem Vorwand, die Interessen der russischen Bürger schützen zu müssen, marschierten 1992 russische Soldaten in Transnistrien ein – 1500 sind noch heute dort.

Die Ukraine war lange Jahre stabiler Puffer zwischen Moskau und Chisinau. Jetzt aber droht nahe dem Ukraine-Konflikt ein neues Transnistrien-Problem. Moldawien hat sich den EU-Sanktionen angeschlossen, die Russen boykottieren Moldawien immer wieder. Am 2. Juli 2014 hat das moldauische Parlament das EU-Assoziierungsabkommen ratifiziert. Anhänger der EU-Integration bejubelten dieses Ereignis vor dem Parlament. Gegen Gegner der EU-Annäherung werden Strafverfahren eingeleitet. Dabei unterstützt ein hoher Prozentsatz der Bevölkerung einen Beitritt zur Eurasischen Wirtschaftsunion.

Auch im Fußball ist Moldawien Richtung Europa ausgerichtet. Vor 20 Jahren nahm die Nationalmannschaft erstmals an einer EM-Qualifikation teil.

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Im neuen Jahrtausend übernahm Sheriff Tiraspol die Herrschaft im Klubfußball. Von 2001 bis 2014 schaffte es erst eine Mannschaft, die Dominanz zu durchbrechen: 2011 wurde Dacia Chisinau moldawischer Meister. Sheriff ist das größte Unternehmen in Transnistrien und besitzt Tankstellen, Supermärkte, ein Verlagshaus und einen TV-Sender.

Der Name erinnert daran, was Wandel auch bedeuten kann: Beide Unternehmensgründer waren in ihrem Vorleben Polizisten.

Moldawien wird auch Republik Moldau genannt, grenzt an Rumänien und die Ukraine. Aus der Moldauischen Sowjetrepublik wurde 1991 ein eigenständiger Staat, 1992 spaltete sich Transnistrien ab. Vier Millionen wohnen in dem armen Land (Gesamtfläche: 33.800 km²), Amtssprache ist Rumänisch. Die Politik ist zwischen Ost- und West-Interessen gespalten.