Koller sucht nach Alternativen im Angriff
Was passiert, wenn Marc Janko verletzt, nicht fit oder nicht in Hochform ist, hat Österreichs Team schmerzvoll bei der EURO in Frankreich erfahren müssen: Weit und breit ist auf internationalem Niveau kein Nachfolger in Sicht. Bis vor Kurzem auch für Teamchef Marcel Koller nicht. Denn der Schweizer vertraute, als es in Frankreich Janko zu ersetzen galt, nicht einmal auf dessen bisherigen Back-up Rubin Okotie, erstaunte dafür mit dem Schachzug, Alaba als Speerspitze einzusetzen. Weniger die Isländer, vielmehr seine eigene Mannschaft.
Harnik, Sabitzer oder Hinterseer sind zwar mögliche und vorübergehende Alternativen zu Zwecken der Improvisation, aber als Spielertypen keine Dauerlösung als Janko-Ersatz. Außer vielleicht Sabitzer, wenn Koller – wie einst mit Erfolg in Olmütz – mit einer "falschen Neun" spielen möchte.
Ganz vorne daheim
Als am Dienstag der vergangenen Woche sein Telefon läutete und sich eine Männerstimme mit "Koller" vorstellte, da habe sich Gregoritsch "gefreut wie ein kleines Kind". Weil für ihn ein Traum in Erfüllung gegangen ist. "Und das ist keine Floskel. Weil ich nicht dabei bin, weil es Ausfälle gibt, sondern weil ich es mir verdient habe." So hat es ihm jedenfalls Koller mitgeteilt. "Es ist schön, wenn einem das Vertrauen geschenkt wird."
Im Frühjahr noch ist er fix davon ausgegangen, bei seinem Papa Werner im Herbst wieder im U-21-Team zu spielen. Auf seinem Mobiltelefon ist er noch immer in der teaminternen Whatsapp-Gruppe. Ab sofort hat er andere, neue Kommunikations- und Spielpartner. Nicht nur das, er soll irgendwann auch zu einer echten Janko-Alternative werden.
Große Fußstapfen
Druck oder Chance? "Auf alle Fälle eine große Chance. Aber diese Fußstapfen sind riesig. Marc Janko spielt im Nationalteam, seit ich 14 Jahre war. Viele haben es hinter ihm versucht, er hat sich immer durchgesetzt." Im Training möchte er sich nun von dem zu Verdrängenden einiges abschauen. "Marc ist erfolgreich, da kann man einiges lernen."
Kennengelernt hat Gregoritsch gemeinsam mit Louis Schaub und Stefan Stangl am Dienstagabend Teamchef Marcel Koller. Denn der bat zur exklusiven Taktik-Schulung. Gregoritsch zeigte sich beeindruckt vom "brutalen Angriffspressing" , das seinem Stil entgegenkommen sollte. Mit einem Einsatz am Montag in Georgien möchte er zwar nicht spekulieren, sagt aber klar und selbstbewusst: "Ich bin einer von 23 Spielern und nicht nur ein Trainingsgast. Ich trainiere so, dass ich bereit bin, wenn mich der Teamchef brauchen sollte."
Am Ende ging alles schnell. Nach dem Island-Spiel und dem Ausscheiden nach der Vorrunde reiste das Team von Paris zurück ins Basislager in Mallemort. Dort saß man zusammen, blies Trübsal, suchte Antworten auf das Warum des Scheiterns. Am Tag darauf gingen alle auf Urlaub, tauchten ab, um ungestört ihren Frust bewältigen zu können.
Seit Montag sind sie wieder zusammen, nicht alle, aber die meisten. Und sie saßen zusammen, um nach den Ursachen ihrer enttäuschenden Leistungen bei der EM zu forschen. Am Ende waren sie sich einig, dass viele Faktoren daran Schuld trugen. Welche das wären, das wollte man nicht verraten, intern Besprochenes soll nicht in die Öffentlichkeit gelangen. Aleksandar Dragovic meinte nur: "Wir wissen sehr wohl, was es zu verbessern gibt."
Zu lange kann man sich mit der Vergangenheit ohnehin nicht aufhalten, wenn die Zukunft mit der WM-Quali schon so nah ist. Martin Harnik: "Diese Gruppe ist sehr schwer, das wissen wir."