Ein kurdischer Drittligist steht zwischen den Fronten
Als Schiedsrichter Ilker Meral das Hinspiel im türkischen Pokal-Viertelfinale zwischen dem Drittligisten Amed SK und dem Spitzenklub Fenerbahce Istanbul anpfiff, spielte zunächst nur eine Mannschaft. Während die Fenerbahce-Profis den Ball bereits hin- und her passten, drehten sich alle Spieler der Heimmannschaft zur Pressetribüne und blieben für etwa 30 Sekunden stehen.
„Ideologische Propaganda“
Er hatte das Erreichen des Viertelfinals im Internet jenen gewidmet, „die bei den Grausamkeiten, die seit über 50 Tagen auf unserem Boden stattfinden, getötet oder verletzt wurden“. Die Strafe für Naki ist Rekord im türkischen Fußball, so lange wurde noch kein Profi gesperrt. Zum Vergleich: Der ehemalige türkische Teamspieler Emre Belözoglu, der seinen Gegenspieler Didier Zokora im Jahr 2012 rassistisch beleidigt hatte, wurde für nur zwei Spiele gesperrt.
Zwischen den Fronten
Der Drittligist ist in Diyarbakir beheimatet und definiert sich über seine kurdische Herkunft. „Amed“ ist der kurdische Begriff für Diyarbakir. Im vergangenen Jahr erklärte der damalige Präsident Ihsan Avci: „Amedspor ist eine Mannschaft Kurdistans, unsere Mannschaft besteht zu 80 Prozent aus Kurden. Wir haben kurdische Spieler aus allen Ligen dazu aufgerufen, sich uns anzuschließen.“
Anfeindungen bei Auftritten auf fremden Plätzen
Seinen Anhängern dient der Verein als Identifikationssymbol und Hoffnungsschimmer in schweren Zeiten, bei Auswärtspartien kommt es dagegen oft zu Anfeindungen. Vereinspräsident Ali Karakas berichtete in einem Interview mit CNN Turk, dass die Mannschaft immer wieder „rassistischen Beleidigungen“ ausgesetzt sei. Er beklagte, dass der Verband dagegen noch „keinerlei Maßnahmen“ vorgenommen habe.
Auch im Hinspiel gegen Fenerbahce, den Spitzenreiter der Süper Lig, holte er am Dienstagabend ein beachtliches 3:3 und wahrte die Chancen aufs Halbfinale. Auch vor diesem Spiel setzte der Klub ein weiteres Statement. Beim Einlaufen trug die Elf ein Banner, auf dem erneut der Slogan „Kinder sollen nicht sterben, sondern zum Spiel kommen“ zu lesen war. Nun droht eine weitere Bestrafung durch den Verband.