Champions League: Die Aufholjagd von Sturm Graz in Lille blieb unbelohnt
Von Harald Ottawa
Greifbar war auch dieser Punkt. Weil sich Sturm Graz nach nervösem, schwachem Beginn steigerte und erstmals in dieser Champions League mehr als ein Tor erzielte. Letztlich war der späte 3:2-Sieg der Hausherren aus Lille, die unter anderem Real und Atletico Madrid besiegt hatten, aber verdient.
Anfangs sah es ganz schlecht aus, gar nicht so, als hätten die Steirer Selbstvertrauen aus dem Sieg gegen Girona mitgenommen. Die Nordfranzosen, die in der Ligue 1 Vierter sind, kamen reihenweise zu Chancen, vor allem der Marokkaner Sahraoui brachte die Sturm-Defensive eingangs in Verlegenheit. In der 16. Minute auch den Referee – nach einem Zweikampf mit Geyrhofer fiel Sahraoui und Kabakow entschied auf Strafstoß, den er aber nach einer VAR-Nachschau zurücknahm. Sahraoui wurde schon vor der Berührung mit dem Sturm-Verteidiger zum Flugobjekt.
Umstellung
Sturm-Trainer Säumel erkannte nach weiteren Lille-Chancen, dass etwas gemacht werden musste, und er zog Böving, als Verschubperson Goldes wert, ins Mittelfeld ab. Und es klappte kurzzeitig ein bisschen besser, die Grazer beendeten das Versteckspiel und agierten kurzzeitig etwas mutiger. Gerade als Hoffnung aufkeimte, tanzte Sahraoui die Abwehr aus und sorgte in der 38. Minute für die verdiente Führung. Dann gab es eine große Vorstellung in der Nachspielzeit: Carbella wurde noch von Wühtrich und Geyrhofer attackiert, der Ball kam aber zum Niederländer Mitchel Bakker, der zum 2:0 einschoss. Und wenige Minuten später ließ Otar Kiteishvili seinen Frust freien Lauf, er knallte einen Ball vom Fünfer unter die Latte. Zuvor hatten die Grazer allerdings kaum Brauchbares abgeliefert.
Doch was hat Trainer Säumel in der Pause seinen Männern gesagt? Dass es einfach sein kann, ein Tor zu erzielen? In diesem Fall, schon in Minute 47, ging es so: Wüthrich schickte seine Offensivleute mit einem weiten Ball auf die Reise, nach einem sehenswerten Zusammenspiel zwischen Kiteishvili und Böving kam der Ball zu Mika Biereth, der zum 2:2 traf.
Es wurde ruhiger im Stade Pierre Mauroy, was ja für die Auswärtsmannschaft spricht. Die Grazer agierten beherzter, trauten sich mehr zu, Lille war verunsichert. Die Grazer Verteidigung agierte auch sicherer, allen voran Tormann Chudjakow, der langsam Selbstvertrauen bekam.
Das Spiel war ausgeglichen – bestenfalls mit leichten Vorteilen für die Gastgeber. Und deshalb kam dieses Mal das Tor der Franzosen etwas überraschend. Der eben erst eingewechselte Isländer Hákon Arnar Haraldsson bezwang Chudjakow zum Siegestreffer (81.).
Köln wird Hoffenheim?
Bereits vor dem Match gab es viele Diskussionen. Über den schwarzen (puntigamerlosen) Balken am weißen Sturm-Trikot beispielsweise, weil Bierwerbung in Frankreich verboten ist. Und weil Köln das neue Hoffenheim in Graz werden könnte. Während in Hoffenheim Sportchef Schicker und Trainer Ilzer samt Entourage landeten, könnten neben Gazibegovic auch andere Sturm-Spieler in Köln andocken. Zumindest schickte der Zweitligist auch schon seine Soldaten aus, wie jüngst bei Sturms Gastspiel bei der WSG Tirol. Sportchef Christian Keller und Thomas Kessler, Leiter der Lizenzabteilung in Köln, sollen laut Kölner Express vor allem an den Dänen Mika Biereth und Williams Böving unter die Lupe genommen haben. An Biereth ist aber mit Hütter-Klub Monaco ein echter Spitzenklub interessiert.