Sport/Fußball

Die Legende von Wr. Neustadt

Wenn man von allen abgeschrieben wird, dann kann man irgendwann nur noch sich wenigstens auf die Schaufel nehmen. Wenn man Jahr für Jahr vor Saisonbeginn von Experten UND Laien als Abstiegskandidat Nummer 1 gehandelt wird, dann muss man sich irgendwann in die Ironie flüchten. Humor hat, wer trotzdem lachen kann. Und Wr. Neustadt lacht nicht mehr vom Tabellenende.

Wr. Neustadt macht es mit Stil. Und hat auch Erfolg mit dieser Methode. Nach wie vor dribbeln sie in der obersten Spielklasse mit und stellen dabei vor allem daheim den Gegnern immer wieder ein Bein. Zuletzt der Austria.

Die Niederösterreicher sind seit der letzten Runde nicht mehr Letzter, sie haben die Rote Laterne an andere Niederösterreicher weitergegeben, jene der Admira aus der Südstadt. Am Samstag kommt es zum direkten Duell, zum Spiel des Frühjahrs für beide Teams. Der Gipfel steigt in Wr. Neustadt.

Günter Kreissl, ehemaliger Profi-Tormann und Sportdirektor von Wr. Neustadt, lebt seinen Mitarbeitern dieses Gefühl vor. "Ein wenig Galgenhumor brauchst du. Wir nehmen alles natürlich ernst und haben viel Eifer, achten aber darauf, dass wir nicht verbissen werden. Auch wenn die Selbstironie ein Grenzgang ist."

Aktionismus

Umgekehrt gibt sie in manchen Situationen Kraft und die nötige Gelassenheit. "Im Laufe der Jahre habe ich erkannt, dass im Fußball immer mehr der Kopf über Erfolg oder Misserfolg entscheidet", sagt Kreissl, der sich selbst als Positiv-Denker bezeichnet. Als Sportdirektor von Wr. Neustadt wohl Grundvoraussetzung für die Freude an der Arbeit. "Wir suchen Spieler oder Trainer genau nach diesen Gesichtspunkten aus. Natürlich ist es wichtig, dass einer gut Fußball spielen kann. Aber noch wichtiger ist für mich die Persönlichkeit. Wie wer reagiert, wenn es nicht so gut läuft."

Der Humor der Wr. Neustädter ist ein feiner. So nehmen sie ihr eigenes Stadion etwas auf die Schaufel, wohl wissend, dass es sich nicht um die modernste Multifunktional-Arena handelt. Ihren Fans bieten sie das Topless-Abo nur für die Tribünen ohne Dach an. Im Fanshop wird ein T-Shirt verkauft, auf dem ein Regenschirm als Tribünendach fungiert. Auch die Anhänger des jeweiligen Gastteams haben in Wr. Neustadt ein Leiberl. Auf dem steht: I survived Stadion Wr. Neustadt.

Der Maierhofer-Clou

Das Trikot mit der Nummer 39 wird in Wr. Neustadt nicht mehr vergeben. Getragen hat es Stefan Maierhofer – für exakt vier Spiele. Im internationalen Sport wird eine Nummer nur dann nicht mehr vergeben, wenn es sich um eine lebende Legende handelt. Das beste Beispiel war Basketball-Superstar Michael Jordan bei den Chicago Bulls. Dort trägt niemand mehr die 23.

Aus Spaß wurde Ernst. Kreissl suchte nach einem Weg, die Spieler mental aufzurichten. "Da kam mir die Idee mit Stefan Maierhofer. Somit hatte ich täglich beim Training praktisch einen Mentaltrainer. Stefan hat mit seiner positiven Art in so kurzer Zeit so viel bewirkt." Als er gegen den WAC bei seinem Debüt mit der Ferse traf, löste Kreissl sein zunächst nicht ganz ernst gemeintes Versprechen ein. Die 39 ist unantastbar.

Und Wr. Neustadt unabsteigbar? Kreissl: "Für mich ist das kein Thema. Die Frage wird stets von anderen gestellt." Der Samstag wird ohnehin die Richtung weisen. Mit einem Sieg würde es wieder einmal gut aussehen für Wr. Neustadt.