Bayern-Gastspiel in Salzburg: Corona-Chaos entwertet den Hit
Es schien, als wäre Salzburgs Trainer Jesse Marsch ein „böses“ Wort auf der Zunge gelegen, als er in der Pressekonferenz nach dem 5:0 gegen WSG Tirol gefragt wurde, was er dazu sage, dass der Champions-League-Hit am Dienstag gegen Bayern München nun unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden muss. Aber schlussendlich kam ihm doch nur ein „Schlecht“ über die Lippen.
Salzburg ist als erster österreichischer Bundesliga-Klub „Opfer“ der neuesten Restriktionen der Bundesregierung wegen der Coronavirus-Pandemie. In dieser genauso jungen wie chaotischen Fußballsaison sind die null erlaubten Zuschauer im zweiten Heimspiel in der Champions-League-Gruppenphase schon die vierte verhängte Beschränkung.
Fluktuation
Begonnen hat die Saison 2020/'21 am 11. September, also vor nicht einmal zwei Monaten – noch mit bis zu 10.000 Zuschauern. Daraus wurden nach nur einem Spiel (Rapid – Admira) schnell 3.000. Vor acht Tagen wurde diese Zahl dann halbiert. Und ab Dienstag wird es bis vorerst Ende November wieder nur Geisterspiele geben – wie schon in der Frühjahrssaison, als ja im gesamten Play-off die Fans ausgeschlossen waren.
Das erste Gastspiel der Bayern in Österreich in der Champions League nach mehr als 15 Jahren (2005 gewannen die Münchner bei Rapid mit Glück 1:0) wird übrigens das erste Geisterspiel in der Red-Bull-Arena seit dem 30. September sein. Im Play-off gegen Maccabi Tel Aviv wären laut österreichischer Verordnung zwar 3.000 Zuschauer zugelassen gewesen, aber damals schloss die UEFA die Fans aus. Nun würde der Champions-League-Veranstalter aufgrund der mehr als 30.000 Sitzplätze rund 10.000 Zuschauer erlauben. Aber jetzt hat die österreichische Politik etwas dagegen und schließt alle Fans aus. Mehr Wirrwarr geht kaum.
Für die Salzburger Klubverantwortlichen bedeutet dies wieder Mehrarbeit. Denn 1.500 Zuschauer hatten schon ihre Tickets gekauft. Diese müssen nun wieder ausgeladen werden. Geschäftsführer Stephan Reiter hat mit den schärferen Maßnahmen aber schon „ein Stück weit gerechnet“. Im TV-Sender Sky erklärte der 49-Jährige weiter: „Es trifft uns nicht unvorbereitet.“ Aber seinen Ärger über das Hin und Her trotz eines funktionierenden Präventionskonzepts konnte Reiter nicht verbergen: „Das ist schlecht für den Fußball und den Sport, das ist finanziell schlecht. Und das ist schlecht für die Mannschaft. Man hat ja gesehen, dass selbst 1.500 Zuschauer für Stimmung sorgen können.“
Im vielleicht größten Spiel der Salzburger seit dem Einstieg von Red Bull vor 15 Jahren wird also eine Atmosphäre herrschen wie bei einem belanglosen Testspiel während eines Trainingslagers im türkischen Belek.Für Marsch ist das längst Normalität: „Wir sind das ja schon gewohnt. Wir brauchen für ein Duell gegen die Bayern keine extra Motivation. Wir sind für so ein Spiel sicher begeistert“, erklärte der Amerikaner.
Highlight
Für Routinier Andreas Ulmer, der am Freitag seinen 35. Geburtstag feierte und dem deshalb von den Fans am Samstag ein Ständchen gesungen wurde, ist es trotz der widrigen Umstände ein Spiel, das er unter seinen Karriere-Highlights „ganz weit oben“ einordnet. „Die Bayern sind im deutschsprachigen Raum der größte Verein. Jetzt haben wir endlich die Chance, in einem Bewerbsspiel gegen sie zu spielen. Wir freuen uns darauf.“
Dass keine Fans dabei sein werden, sieht der Salzburg-Kapitän durchaus pragmatisch: „Wir hätten uns ein volles Stadion verdient. Aber es ist halt so entschieden worden. Es ist natürlich schade. Wir müssen damit umgehen und werden das natürlich auch bestmöglich machen.“ Zu den Münchnern hat Ulmer übrigens ein neutrales Verhältnis. „Zunächst waren sie mir sympathisch. Mit der Zeit sind sie mir zwar nicht unsympathisch geworden, aber ich habe dann eher auf den spanischen Fußball geschaut. Der hat mir dann mehr getaugt“, erzählt Österreichs Rekord-Europacupspieler.
Ulmer ist neben André Ramalho übrigens einer der zwei aktuellen Salzburger Kaderspieler, die schon im Jänner 2014 live dabei waren, als die Bayern – damals von Pep Guardiola trainiert – ein Testspiel in der vollen Red-Bull-Arena empfindlich hoch mit 0:3 verloren haben. Vom aktuellen Bayern-Kader wissen immerhin Torhüter Manuel Neuer, Jérôme Boateng, Javier Martinez, David Alaba und Thomas Müller aus eigener Erfahrung, wie es sich anfühlt, in Salzburg eine Niederlage einzustecken.