Sport/Fußball

Azur-blaues Wunder der positiven Art

Es hatte lange gedauert, bis die italienischen Tifosi sich in der Danziger EM-Arena erstmals zu Wort meldeten. In ihrem Sektor waren im Schlagermatch gegen Spanien auffällig viele Plätze leer geblieben. Die aktuellen Wettskandale und Spielmanipulationen haben nicht nur den Glauben an die Squadra Azzurra schwinden lassen, die Krise des italienischen Fußballs hat offenbar auch der Begeisterungsfähigkeit der Tifosi schwer zugesetzt.

Die allgemeine italienische Skepsis hatte ja durchaus ihre Berechtigung. Wenn während der Vorbereitung ein Teamspieler (Domenico Criscito) aussortiert werden muss und dann auch noch publik wird, dass der Kapitän (Gianluigi Buffon) schon einmal siebenstellige Euro-Beträge ins Wettbüro trägt, dann darf’s nicht weiter verwundern, dass die Stimmung im Keller ist.

Überraschung

Umso erstaunlicher und beeindruckender erscheint daher der starke Auftritt der Italiener gegen Spanien. Von Verunsicherung keine Spur, von Problemen keine Rede, und auch von der alten Catenaccio-Schule war wenig zu sehen. Zwar verteidigten die Italiener gewohnt geschickt und diszipliniert, allerdings wussten sie sehr wohl, wo die Schwächen des Europameisters anzutreffen sind. In dessen Defensive. Mit ihren blitzschnellen und zielstrebigen Gegenstößen stellte Italien die beste Nationalmannschaft der Welt immer wieder vor enorme Probleme – wie auch beim schön herausgespielten Führungstreffer durch Di Natale. "Wir wollen eben nicht nur hinten drinstehen", erklärt Teamchef Cesare Prandelli, der voll des Lobes über die Performance seiner Mannschaft war. "Ich finde, wir haben ein richtig gutes Spiel gemacht."

Wandel

Und das mit einem Team, das viele als Not-Elf bezeichnen. Prandelli hat in den vergangenen beiden Jahren bei der Squadra Azzurra einen Generationswechsel vorgenommen. Die alten Haudegen der WM 2006 haben bis auf wenige Ausnahmen – Pirlo, Buffon, De Rossi – ausgedient, Prandelli hat einen Neustart lanciert und damit seine ersten Duftmarken hinterlassen.

Prandelli hat es sogar zustande gebracht, dass die beiden bekannten Exzentriker Mario Balotelli und Antonio Cassano Seite an Seite stürmen und sich dabei in den Dienst der Mannschaft stellen. Gegen Spanien mit sehenswertem Erfolg sogar.

Einer Mannschaft, die sich zumindest im ersten Härtetest gegen Spanien reif für höhere Aufgaben präsentierte. Oder wie es Torhüter Buffon so schön ausdrückt. "Wir sind sehr entschlossen . Und wir sind bei der EURO, um zu verblüffen." Auf einen Titel seines Teams wetten würde er dennoch nicht. Vorsichtshalber.

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