Sport/Fußball-EM

Beste Bedingungen für die heiße EM-Phase

Seit gestern ist das Team endgültig in Mallemort angekommen. Beim ersten öffentlichen Training am späten Nachmittag war der Ort auf den Beinen, 500 Fans, darunter 50 aus Österreich, bereiteten Teamchef Marcel Koller und seiner Mannschaft einen tollen Empfang. Ein Polizei-Hubschrauber kreiste über dem Gelände, die Tribüne wurde in Rot-Weiß-Rot getaucht, die Zuschauer skandierten "Immer wieder Österreich", ORF eins übertrug die Einheit sogar live.

Kleinere Probleme hatten Marc Janko (Muskelverspannungen in Nacken und Oberschenkel) und Marko Arnautovic (Oberkörper), beide sollten aber für den Auftakt der Österreicher am Dienstag gegen Ungarn fit sein.

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"Die Vorfreude war ja schon längere Zeit vorhanden. Aber jetzt merken wir, dass es richtig losgeht. Spätestens das Eröffnungsspiel am Freitag ist ein weiteres Zeichen dafür." Martin Harnik zeigte sich in Südfrankreich nach den ersten Eindrücken ähnlich emotional wie seine Kollegen. Und wie der Teamchef: "Ich war ja schon zwei Mal hier, um alles zu besichtigen. Aber als wir in Wien abgehoben sind, war die Freude schon sehr groß", sagte Marcel Koller.

"In der Schweiz hatten wir noch unsere Ruhe. Hier wird es ernst. Wir haben unseren eigenen EURO-Bus, die UEFA-Sponsoren sind überall zu sehen. Jetzt wollen wir die Emotionen und die Euphorie aus Österreich mitnehmen", sagte Sebastian Prödl. Aufgrund der Einzelzimmer-Verordnung muss er diesmal freilich auf seinen Zimmerpartner Martin Harnik verzichten. Der tröstete ihn: "Wir haben vereinbart, dass wir uns jeden Abend Gute Nacht sagen."

Wie im Paradies

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Das noble Hotel trägt zur guten Stimmung in der Mannschaft bei. "Das ist ein Spieler- und Kinderparadies", meinte Harnik. "Wir können Bogenschießen, haben einen schönen Pool, können auf der Playstation oder Darts spielen, sogar einen Pokertisch gibt es. Wir haben viele Möglichkeiten zur Entspannung."

Prödl verwies darauf, dass auch körperlich gearbeitet wird. "In einem eigenen Zelt können wir regenerieren." Dort wurden Spinning-Räder aufgestellt, zudem gibt es Wellness-Bereich und Kraftkammer. "Der Wohlfühlfaktor ist vorhanden."

Die Österreicher sind aber nicht gekommen, um sich zu entspannen, sondern, um sich ideal auf die drei Gruppenspiele vorzubereiten.

Heiße Tage

Gestern startete man das Unternehmen mit zwei Trainingseinheiten. Marcel Koller ist zufrieden: "Nur beim Platz gab es ein wenig Bedenken, aber jetzt sind die Bedingungen perfekt. Ausreden gibt es jedenfalls keine. Die Vorbereitungen sind gut verlaufen, jetzt liegt es an uns."

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Derzeit bleibt nicht viel Zeit zum Verschnaufen, die Langeweile steht ohnehin im Abseits. Es folgen noch drei Tage Training in Mallemort, ehe man am Montag schon nach Bordeaux abhebt, wo es am Dienstag gegen Ungarn geht. Man befindet sich in der heißen Phase. "Nicht nur, was die Temperaturen betrifft", sagt Koller und lacht. Er und die Spieler schwitzen bei sommerlichen 30 Grad.

Hohe Konzentration

Der Fokus der kommenden Tage liegt einerseits auf Gegner Ungarn, vor allem aber auf den eigenen Stärken und Schwächen. Nach den nicht überzeugenden Tests gegen Malta und die Niederlande ortet Koller in seinen Formationen aber keineswegs "Baustellen", die es schleunigst zu bearbeiten gilt. "Wir müssen ohnehin ständig an uns arbeiten. Wir wollen uns in beide Richtungen, also in die Defensive und die Offensive, verbessern und Fehler minimieren."

Traut man dem ersten Eindruck, dann sind die Nationalspieler viel fokussierter bei der Sache als noch beim Trainingscamp in der Schweiz. Das ist auch vonnöten, denn Koller möchte vor allem an der Pass-Sicherheit im Spiel nach vorne und an der spielerischen Selbstverständlichkeit arbeiten, die Österreich in der Qualifikation ausgezeichnet hat.

"Natürlich sehen wir die Leute, aber sie sind absolut nicht störend. Wir können uns frei bewegen. Ich finde die Maßnahmen nicht extrem." Also sprach Teamchef Marcel Koller über die Omnipräsenz der Sicherheitsleute im Teamquartier und rund um den Trainingsplatz. Sicherheit wird großgeschrieben dieser Tage in Mallemort: Die Police Municipale bietet alle sieben Mitarbeiter auf, das Kommissariat ist tagsüber fast leer. Unterstützt werden die Beamten von der überregionalen Gendarmerie und Mitarbeitern eines Sicherheitsdienstes.

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Das Teamquartier gleicht einem Sicherheitstrakt, auch wenn das Gelände aufgrund des daneben liegenden Golfplatzes nicht zu 100 Prozent abzuschirmen ist. Rund um die Uhr gehen Polizisten und Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes Patrouille. Einer ÖFB-Mitarbeiterin wurde gleich nach der Ankunft der Einlass verwehrt, weil sie die offizielle Akkreditierung nicht umhängen hatte. Die Beamten nehmen ihre Aufgabe eben sehr ernst.

Polizei-Eskorte

Auch jene, die ganz nah bei der Mannschaft sind. Jeder einzelne Weg des Teams wird begleitet. Da spielt es auch keine Rolle, dass es nicht einmal fünf Minuten vom Hotel zum Trainingsplatz sind. Im Bus sitzt Sicherheitspersonal, und rundherum schwirren Polizisten auf Motorrädern.

Auch bei den Trainingseinheiten auf dem Fußballplatz des örtlichen Zehntligisten Olympique Mallemortais, auf dem die Österreicher täglich schwitzen, gibt es strenge Kontrollen. Sogar ein Spürhund kommt rund um das Gelände zum Einsatz. Kontrolliert werden nicht nur Zuschauer, sondern auch sämtliche Journalisten. Für die mittlerweile schon übliche Leibesvisitation beim Betreten des Trainingsareals sind sowohl männliche als auch weibliche Beamte vor Ort. Am gestrigen Tag bevölkerten rund 70 Medienvertreter das schöne und moderne Medienzentrum, das in der Sporthalle neben dem Platz liegt. Hierher kommen Spieler und Trainer zu Interviews und Pressekonferenzen. Gestern wollten auch Journalisten aus Deutschland, Ungarn und Frankreich hören, was Österreichs Teamchef zu sagen hat.

Das Hotel Moulin de Vernegues wird von acht Beamten gesichert, die von der UEFA abgestellt werden. Dazu kommen Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes, die stets die Waffe bei der Hand haben sollen. Die Spieler zeigen sich von der großen Obsorge nur wenig beeindruckt. "Wir haben viele Ecken im Hotel, in die wir uns zurückziehen können, um Ruhe zu haben", sagt Martin Harnik, der sich alles andere denn auf Schritt und Tritt verfolgt fühlt.

Es gibt kaum eine Position im österreichischen Team, auf der Marcel Koller dermaßen viel Auswahl an Top-Spielern hat, wie in der Innenverteidigung. Des Teamchefs Freud’ könnte aber mitunter Sebastian Prödls Leid sein. Dann nämlich, wenn der Watford-Legionär, der bereits seit acht Jahren im Ausland spielt, auch 2008 bei der Heim-EM dabei war und im Team durchaus zum Kreis der Führungsspieler zählt, am Dienstag gegen die Ungarn auf die Bank muss. Prödl gilt gegenüber Martin Hinteregger als Außenseiter auf den Platz neben Aleksandar Dragovic im Abwehrzentrum.

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Zu seinen Chancen auf einen Einsatz sagte er gestern in Mallemort: "Ich habe mich zuletzt gegen Holland gut gefühlt und meine Hausaufgaben gemacht, um dem Trainer die Wahl zu geben."

Einer, der in der Qualifikation stets gesetzt aber zuletzt nicht überzeugend war, ist Martin Harnik. "Ich war auch selbst mit meiner Leistung gegen Malta sehr unzufrieden", sagt der rechte Flügelstürmer. "Der Trainer weiß aber, was er an mir hat."

Nach dem gestrigen ersten Trainingstag beginnt Koller heute damit, seine Spieler mittels Videoanalyse auf die Ungarn vorzubereiten. Sein Eindruck vom ersten Gegner? "Sie sind gut organisiert, versuchen auch Fußball zu spielen und haben den einen oder anderen Spieler, der dir wehtun kann." Einer dürfte Mittelstürmer Adam Szalai sein, den Prödl aus seiner Zeit in Deutschland kennt. "Der strahlt im Strafraum große Gefahr aus", erinnert sich der Ex-Bremer an den Hoffenheimer, der zuvor in Hannover, bei Schalke und in Mainz gespielt hat.