Sport/Fußball-EM

Payet: Die große Show des Spätstarters

"Ich übe das oft im Training: Wenn ich sehe, dass ich den Ball auf meinen schwächeren Fuß bekomme, lege ich ihn mir weiter vor. Das ist mir aufgegangen!"

Mit einem Hammer ins Kreuzeck entschied Dimitri Payet am Freitag das EM-Eröffnungsspiel zwischen Frankreich und Rumänien. Nicht mit seinem rechten, mit dem er üblicherweise seine Tore schießt, sondern mit seinem linken Fuß traf der Offensivspieler ins Kreuzeck.

Dafür gab es Lob von allen Seiten. " Es war ein wunderbares Tor von Dimitri Payet. Er war der Unterschied. Er ist ein offensiver Spieler, aber er ist auch jemand, der der Mannschaft hilft", sagte Frankreichs Teamchef Didier Deschamps.

Auch Kapitän Hugo Lloris lobte den Siegtorschützen: "Dimitri hat uns mit einem wundervollen Tor gerettet. Ob bei Frankreich oder West Ham, jeder weiß, wie talentiert er ist", sagte der Keeper.

Für Frankreichs Sportminister Patrick Kanner war es mehr als nur ein Tor: "Das war eine Botschaft ans ganze Land. Mit seinen Tränen hat er letztlich gezeigt, wozu Frankreich fähig ist."

Große Chance

Weinend hatte Payet das Spielfeld verlassen, als er in der Nachspielzeit ausgewechselt wurde. Innig umarmte er seinen Teamchef, der ihm im schon hohen Fußballalter die Chance gab, bei einem großen Turnier sein Können zu zeigen.

"Da war viel Stress, viel Druck. Wenn es mir jemand vorher gesagt hätte, hätte ich nicht geglaubt, dass mir das gelingt", sagte der schon 29-Jährige, der eine wechselvolle Karriere hinter sich hat.

Geboren wurde Payet in Saint-Pierre auf Réunion, einem französischen Übersee-Département im Indischen Ozean. Früh wurde sein großes Talent erkannt. Mit 12 Jahren holte ihn Le Havre AC in eine der besten Jugendakademien Frankreichs.

Aber glücklich war Payet im kühlen Norden Frankreichs nie. Vier Jahre hielt er es in der Stadt am Ärmelkanal aus, dann ging er zurück nach Réunion. Schnell wurde der Offensiv-Allrounder zum Star der höchsten Liga der Insel. Und er bekam noch eine Chance in Frankreich: 2004 holte ihn Nantes. Skepsis war bei der Verpflichtung dabei. Der 17-Jährige bekam zunächst nur einen Vertrag für die Reserve. Ein Jahr später unterzeichnete er seinen ersten Profivertrag.

Achterbahnfahrt

Aber auf eine gute Saison folgte eine schwächere – bei Nantes, bei St-Étienne oder Lille. Payet hatte den Ruf, ein schlampiges Genie zu sein. Erstmals international aufmerksam gemacht hat er auf sich in der Saison 2014/’15 – mit 21 Assists für Olympique Marseille in der Ligue 1.

Vor einem Jahr wagte Payet den Sprung nach England. In der Premier League akklimatisierte er sich sofort und wurde zum Glücksgriff von West Ham. Dank des Franzosen spielten die Londoner eine der besten Saisonen ihrer 121-jährigen Geschichte.

Payet erzielte zwölf Tore und bereitete 15 weitere vor. Und er erreichte mit West Ham einen Europa-League-Startplatz. Schon im Februar wurde sein Vertrag verlängert – bis 2021. Dieser macht ihn teuer, sogar sehr teuer. Fast 80 Millionen Euro waren laut englischen Medien aufgerufen worden – allerdings vor seiner Gala bei der EM.

FRANKREICH

L’Équipe: "Das fängt gut an. Frankreich atmet an diesem Morgen ein wenig leichter."Le Parisien"Payet rettet die Party. Dieser Sieg war eine Freude und eine Qual."

ITALIEN

La Gazzetta dello Sport: "Wenn das Frankreich ist, so sehr gefangen in sich selbst, was wir fast nicht glauben können, wird die EM sehr viel umkämpfter als gedacht. Zu viele Erwartungen an die Hausherren."

Tuttosport: "Ein Meisterwerk von Dimitri Payet in letzter Sekunde. Dieser Sieg ist für Frankreich sehr viel mehr wert als nur die drei Punkte."

ENGLAND

The Independent: "Dimitri Payets spätes Superding überdeckt die Risse bei den nervösen Gastgebern in Paris."

The Mail: "Sie haben Payet. Dimitri Payet. Und allein aus diesem Grund hat Frankreich das Turnier mit einem düsteren, aber zuversichtlichen Sieg beginnen lassen."

The Sun: "Es ist wieder Payet. Dimitri Payet macht ein erstaunliches spätes Tor und erspart dem Gastgeber dadurch einen nächtlichen Schock bei der Eröffnung."

RUMÄNIEN

Gazeta Sporturilor: "Wir waren um nichts geringer (als die Franzosen, Anm.)! Rumänien hat zum Auftakt der Europameisterschaft in Frankreich einen Ehrgeiz gezeigt, der einer richtigen Nationalmannschaft würdig ist, aber das hat nicht für ein gutes Ergebnis gereicht."

"Das Spiel gegen Frankreich hat ein Bild gezeigt, das die Rumänen schon seit sehr langer Zeit nicht mehr gesehen haben. Die Nationalelf hat sich nicht einfach nur auf das Vergehen der Zeit verlassen, nicht auf die Hunderten Gebete, die Papa Puiu (Nationaltrainer Anghel Iordanescu, Anm.) sicher während des Spiels gesprochen hat."Adevarul

DEUTSCHLAND

Frankfurter Allgemeine: "Frankreich erlöst sich erst spät. Das war knapp: Unerwartet freche Rumänen ärgern den Gastgeber lange, letzten Endes jedoch vergeblich. Payet trifft kurz vor Schluss per Traumtor. Die große EM-Stimmung können ,Les Bleus‘ beim 2:1 aber noch nicht verbreiten."

Bild: "Bei der Heim-EM taten sich die Stars von Trainer Didier Deschamps beim 2:1 gegen Rumänien schwerer als gedacht."

Die Welt: "Ein Traumtor kurz vor Schluss rettet Frankreichs erste Party! Gastgeber Frankreich tat sich im Eröffnungsspiel der EURO 2016 lange Zeit extrem schwer. Die Rumänen hätten einen Punkt verdient gehabt. Dann aber kamen Dimitri Payet und sein linker Fuß."

TSCHECHIEN

Lidove noviny: "Vielleicht können wir den Menschen ein Lächeln zurückgeben: Die französischen EM-Veranstalter wollen, dass die Fans dank des Fußballs die Schrecken von heute vergessen."

MF Dnes: "Festung Frankreich: Das am stärksten bewachte Fußball-Championat der Geschichte hat begonnen. Die Ängste vor einem Anschlag können dennoch nicht völlig zerstreut werden."

POLEN

Gazeta Wyborcza: "Im Eröffnungsspiel der EURO 2016 gewann Frankreich 2:1 über Rumänien. Das von Anschlägen, Streiks und Hochwasser gequälte Frankreich fühlte sich lebendiger, und es schuf sich sogar einen neuen Nationalhelden."

Super Express: "In Paris herrscht König Payet. Dimitri ist wie Napoleon. Das war das Match eines einzigen Fußballers."