Sport/Formel-1

Eine Einzelkämpferin in der Männerwelt – ohne Plan B

Als sie begann, ihren Traum zu leben, weinte Tatiana Calderón viel und oft. Die Kolumbianerin zog im Teenager-Alter von ihrer Heimat Bogotá aus, um in Madrid ihr Glück zu suchen. Alleine. Fremder Kontinent, fremde Kultur, fremde Menschen. Doch sie wusste: "Um in die Formel 1 zu kommen, muss ich nach Europa."

Sie ist noch ein gutes Stück davon entfernt – und doch ist sie ihrem Ziel heuer einen großen Schritt näher gekommen. An diesem Wochenende in Barcelona startet sie erstmals in der GP3-Serie, einer der beiden Vorstufen zur Königsklasse.

"Es sind aufregende Tage", sagt Tatiana Calderón, als sie den KURIER zum Gespräch im Truck ihres Teams Arden Racing empfängt, dessen Gründer und Mitbesitzer Red-Bull-Teamchef Christian Horner ist.

Schattenwelt

Das Fahrerlager der Rahmen-Rennen liegt etwas abgelegen im Schatten der Formel-1-Welt. Nichts ist hier glamourös oder auf Hochglanz poliert. Während Calderón über ihre Karriere erzählt, kramt ein Mechaniker mit ölverschmierten Fingern in einer Lade nach Ersatzteilen.

"Ich kann mir gerade keinen schöneren Ort vorstellen", sagt die 23-Jährige und lacht. Sie hat dafür viel aufgegeben: die Schule, viele Freundschaften. "Ich habe keinen Plan B", gibt sie zu. "Motorsport war das Einzige, das mich interessiert hat."

Es wird nicht einfach. Obwohl die Formel 1 gerne mit Frauen hinter dem Steuer kokettiert, ist ihr Geschlecht ein Hindernis, glaubt Calderón: "Wenn ein Team die Wahl zwischen einer Frau und einem Mann hat, die beide gleich schnell sind, dann kommt der Mann zum Zug."

In Susie Wolff, die zuletzt als Testfahrerin einem Formel-1-Cockpit nahe kam, hat sie eine Mentorin gefunden. "Sie versteht es, wenn ich sage: ‚Schau, was mir die Männer wieder für einen Unsinn einreden wollen!‘"