Boykott der Peking-Spiele: Australier, Briten und Kanadier folgen USA
Australien, Großbritannien und Kanada werden wie die USA keine diplomatischen Vertreter zu den Olympischen Spielen nach China schicken. Das kündigten die Länder am Mittwoch an. Sportlicher Boykott sei aber keiner geplant. Ebenfalls nicht anreisen wird Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. "Es gibt keine Pläne des Bundespräsidenten, nach Peking zu reisen", sagte eine Sprecherin der ARD. Diese Pläne habe es aber auch nicht vor der Entscheidung der USA gegeben.
Es handle sich "effektiv um einen diplomatischen Boykott", sagte der britische Premierminister Boris Johnson im Parlament in London. Er bespreche kritische Fragen wie Menschenrechte regelmäßig mit dem chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping. "Wie ich bereits zuvor sagte, unterstützen wir keinen sportlichen Boykott. Aber es gibt keine Pläne, dass Kabinettsmitglieder die Olympischen Winterspiele besuchen", sagte Johnson.
Australiens Premierminister Scott Morrison erklärte, die Entscheidung sei aufgrund der gescheiterten Bemühungen gefallen, die diplomatischen Kanäle mit China wieder zu öffnen, um über Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang zu sprechen. Auch die Maßnahmen der Regierung in Peking, die Einfuhren australischer Waren zu erschweren oder zu blockieren, seien ein Grund. "Australische Regierungsvertreter werden daher nicht nach China zu diesen Spielen reisen. Die australischen Athleten werden es aber tun."
Spannungen
Der formelle Boykott Australiens birgt die Gefahr, dass die Beziehungen zu China, seinem größten Handelspartner, sich weiter verschlechtern. Die Spannungen hatten sich verschärft, als die Regierung in Canberra dem chinesischen Telekommunikationskonzern Huawei den Zugang zu seinem 5G-Breitbandnetz verwehrt und eine unabhängige Untersuchung der Herkunft von Covid-19 gefordert hatte. Die Volksrepublik reagierte mit Einfuhrzöllen auf australische Waren, darunter Kohle, Rindfleisch, Gerste und Wein.
Auch Kanada schloss sich der Vorgehensweise der Briten und Australier an. "Kanada bleibt zutiefst verstört angesichts der Berichte über die Verletzung von Menschenrechten in China", schrieb Premierminister Justin Trudeau am Mittwoch auf Twitter. "Deswegen werden wir keine diplomatischen Vertreter zu den Olympischen und Paralympischen Winterspielen nach Peking schicken. Wir unterstützen weiterhin unsere Athleten, die hart dafür arbeiten, an Wettkämpfen auf der Weltbühne teilzunehmen."
Scholz zurückhaltend
Die deutsche Europaparlamentarierin Nicola Beer sprach sich unterdessen für einen Komplett-Boykott aus. Die Europäische Union sollte "nicht nur im Windschatten der USA bleiben, sondern sich selbst für die Einhaltung von Menschenrechten auf die Hinterbeine stellen und sich für einen gänzlichen Boykott der Winterspiele aussprechen", sagte die liberale Politikerin und eine der Vize-Präsidentinnen des EU-Parlaments den Zeitungen der deutschen Funke Mediengruppe. Der von den USA geforderte diplomatische Boykott komme spät, sagte die FDP-Politikerin, und sei "das Mindeste", was vom Westen zu erwarten sei.
Der neue Bundeskanzler Olaf Scholz reagierte hingegen zurückhaltend auf Forderungen der USA nach einem politischen Olympia-Boykottt. "Das ist eine Debatte, die ganz aufgeregt begonnen hat", sagte der SPD-Politiker am Mittwoch im ZDF. Man müsse dies sorgfältig international beraten. "Ich jedenfalls finde, dass es hier keinen Anlass gibt, sich vorschnell auf irgendein Vorgehen hinzubewegen", fügte er hinzu. "Rationales Handeln ist ganz, ganz entscheidend für Frieden und Sicherheit." Scholz betonte, dass der olympische Gedanke sei, zusammenzukommen.
Komplett-Boykott?
Die Vereinigten Staaten hatten am Montag erklärt, wegen Menschenrechtsverletzungen in China keine diplomatischen Vertreter im Februar 2022 zu dem Sportevent nach Peking zu schicken. China kündigte an, die USA würden für ihre Entscheidung "den Preis zahlen" und warnte vor "entschlossenen Gegenmaßnahmen".
Die Olympischen Winterspiele finden vom 4. bis 20. Februar 2022 statt. Dem autoritär regierten China werden von vielen Seiten Menschenrechtsverletzungen, vor allem gegen Minderheiten wie den muslimischen Uiguren in der Provinz Xinjiang, vorgeworfen.