Hat die NFL ein Rassismusproblem?
In der immer wieder hochschlagenden Debatte über Rassismus im nordamerikanischen Profi-Football ist es ein Standardargument, auch wenn es nicht sehr klug ist. Wie es denn sein könne, fragte der rechtskonservative Fox-Moderator Tucker Carlson kürzlich, dass es Rassismus in der NFL geben solle, wo dort doch so dermaßen viele Spieler farbig seien?
Danach lief eine kleine Welle durch die NFL, viele schlossen sich Kaepernick an, auch in anderen Sportarten. Andere schimpften, im Sport habe das nichts zu suchen. Zuletzt versammelte sich Ende August rund ein Dutzend Spieler der Cleveland Browns vor einer Partie gegen die New York Giants. Einige knieten während der Hymne, andere standen hinter ihnen und legten den Teamkollegen die Hand auf die Schulter.
Mund sollst du nicht aufmachen
Kaepernick sei „nicht gut genug“ (Sports Illustrated), er sei „sogar zu gut“ (Seahawks-Coach Pete Carroll), sogar sein Vegetarismus wird gegen ihn verwendet - dabei hat er sogar ein Team in den Super Bowl geführt. Zu Saisonbeginn bekommt Kaepernick nun von vielen Seiten Unterstützung, im Netz gibt es eine Solidaritätskampagne mit dem Hashtag #IStandWithKaepernick. Zuletzt sagte Superstar Cam Newton von den Carolina Panthers, Kaepernick sei besser als manch startender Quarterback. „Sollte er in einem Kader stehen? Absolut. Keine Frage.“
In der Bestenliste aller NFL-Quarterbacks steht Kaepernick auf Platz 17. Er trainiert bis heute jeden Tag. Für Kaepernicks Unterstützer ist klar, dass seine Haltung das eigentliche Problem darstellt - und vor allem, dass er sie öffentlich gemacht hat. The Nation bringt es so auf den Punkt: „Wenn ein Spieler der NFL Position bezieht, weil ein Polizist einen unbewaffneten Minderjährigen erschossen hat - werden ihm seine Teammitglieder und Agenten dann auch sagen, dass er besser die Klappe hält, weil er sonst “kaepernicked„ wird?“
„Symptom einer systemischen Krankheit“
Der farbige Autor und Journalist D. Watkins schreibt in der Publikation Salon: „Afro-amerikanische Spieler werden nicht angestellt, weil sie schwarz sind, sondern weil sie wirklich schnell sind und es einfach extrem draufhaben.“ Sport sei für Schwarze in den USA seit jeher einer der ganz wenigen Wege für gesellschaftlichen Aufstieg gewesen. Allerdings dürfe man, oben angekommen, die Party bitte nicht stören.
Die Huffington Post fasst den Bogen noch etwas weiter. Kaepernicks Protest sei absolut legitim und angemessen und begleite eine wichtige Debatte über Polizeigewalt. Er habe aber absolut nichts mit den großen internen Problemen zu tun, die die milliardenschwere NFL seit vielen Jahren unter ihren dicken Teppich kehre: der Rassismus von Agenten und Trainern, Frauen- und Schwulenfeindlichkeit. „Vieles in der NFL hat sich furchtbar, ganz furchtbar entwickelt. Kaepernicks Situation ist das individuelle Symptom einer systemischen Krankheit.“