Dramatisch: Österreichs Sportvereine verloren 550.000 Mitglieder
Von Harald Ottawa
2012 und 2016 saßen die Funktionäre des Sports nach Olympischen Spielen an den Tischen und grübelten nach entsetzlich schwachen Leistungen, wie man aus Österreich wieder ein Sportland schneidern könnte.
Fünf Jahre später hängen die Köpfe nicht viel höher. Zwar haben sich die Leistungen der Spitzenathleten gebessert, dafür steckt der Breitensport nach Lockdowns eine herbe mit Zahlen belegte Niederlage ein. Statistik Austria hat es schwarz auf weiß: 2,15 Millionen Österreicher waren 2017 bei zumindest einem Verein gemeldet, in der jüngsten Untersuchung Ende 2020/Anfang 2021 waren es nur noch 1,6 Millionen. 550.000 sind damit vor allem aufgrund der Pandemie abgesprungen.
Die Politik ist längst alarmiert, nun kommt Bewegung ins Spiel, die Abgewanderten sollen zurückgewonnen werden. „Die starken Rückgänge schmerzen nicht nur die Kassiererinnen und Kassierer, Trainerinnen und Trainer, sie schmerzen auch mich als Sportminister“, sagt Sportminister Werner Kogler.
Strukturen erhalten
Die Grundvoraussetzungen wären da, die Anzahl der Sportvereine (15.000 in Österreich) hat sich im untersuchten Vergleichszeitraum kaum geändert. „Dank der Unterstützung aus dem NPO-Fonds ist es zumindest gelungen, die heimische Sportstruktur und Sportkultur zu erhalten“, sagt Hans Niessl, Präsident der Bundessport-Organisation Sport Austria und weist auf die „rasche und unbürokratische“ Auszahlung von 117 Millionen Euro an bisher 6.400 gemeinnützige Sportvereine hin. Jetzt braucht man „nur“ noch die Sportler.
Der "Sport-Bonus"
So packte man ein „Comebackstronger-Paket“, das 57 Punkte enthält und von Sportministerium und heimischen Sportverbänden geschnürt wurde. Das besondere Zuckerl im Packerl ist der Sport-Bonus. Den erklärt Kogler: „Das Sportministerium übernimmt dabei 75 Prozent der Mitgliedsbeiträge der Vereinsmitglieder.“ Neun Millionen Euro werden investiert, beeilt hat man sich auch: Die Aktion startet bereits am Mittwoch. Die Vereine können sich dafür registrieren.
Die Lust am Sport muss wieder entfacht werden. Wertvolle Impulse soll der „Lange Tag des Sports“ in den Schulen und den Vereinen am 24. September geben. Tradition hat der „Tag des Sports“ am 25. September.
Vor allem die Symbiose Schule/Vereine ist für Niessl extrem wichtig. „Hier muss die Zusammenarbeit noch größer werden, müssen Vereine verstärkt in die Schulen gehen.“ Vor allem bei den
10- bis 19-Jährigen sind die Verluste besonders hoch (16 Prozentpunkte bei den Buben, 14 bei den Mädchen). Der immer größer werdenden Gruppe der jungen Bewegungsmuffel soll auch mit der Aufstockung der Mittel für „Kinder gesund bewegen 2.0“ entgegengewirkt werden. Aktivitäten sind dringend nötig: Laut einer Studie der Universität Graz waren im September 2019 20,3 Prozent aller Volksschüler übergewichtig oder adipös und litten unter erhöhtem Fitness-Verlust. 24,1 Prozent waren es im September 2020. Ältere inaktive Gemüter sollen mit den Programmen „Bewegt im Park“ oder „Jackpot.fit“ zur Bewegung bewegt werden.
Anreize für das Impfen
Niessl regte auch eine Impfwoche an, um das Bewusstsein zu schärfen. „Bei dieser sollten alle gesellschaftlichen Bereiche mitwirken.“
Kogler sieht es ähnlich. Ja, Reize für das Impfen wolle man setzen, die 1-G-Regel stünde aber nicht zur Diskussion. „Wir wollen bei diesem heiklen Thema weg von der Polarisierung kommen und mehr in der Aufklärung arbeiten“, sagt der Sportminister. „Aber wir werden fordern, dass mehr geimpft wird.“
Das gilt übrigens auch für Fußball-Fans in den Stadien. Verschärfung der Tests und Kontrollen stehen ganz oben auf der Prioritätenliste. „Wir wollen einfach verhindern, dass unzureichend Getestete und Ungeimpfte andere Ungeimpfte anstecken“, sagt Sportminister Kogler.