Romy

Andreas Lust: "Das Gefühl war eines von Ende"

Der ROMY-nominierte Schauspieler Andreas Lust erzählt davon, welche Wirkung eine Serien-Rolle aufs Leben haben kann und und das berufliche Dasein als Wiener.

KURIER: Sie sind für die Rolle des Stefan Schnell für ROMY nominiert, eine Figur, die Sie nun schon sehr lange begleitet. Was macht das aus?

Andreas Lust: Die erste Staffel wurde 2007 produziert. Wenn man eine Rolle über eine so lange Zeit spielt, dann bringt das die Möglichkeit, daran zu wachsen und diese Figur zu entwickeln, zu verändern und auch zu lernen. Ich würde sogar sagen, dass ich mit und an dieser Figur auch persönlich gereift bin. Stefan Schnell ist ein Teil meines Lebens, es steckt ein Teil von mir drin und sogar ein Teil von ihm in mir.

Wie meinen Sie das?

Ich habe zum Beispiel eine Liebe zum Kochen entwickelt, was früher nicht der Fall war. Und noch viel mehr habe ich eine Liebe zur Country Music entdeckt – das war eigentlich als Gag gedacht, aber da haben die Autoren nicht mit mir gerechnet (lacht). Mir hat das zu gefallen begonnen - das ist der Ursprung des Rock'n'Roll -, das war aber genau das Gegenteil dessen, was intendiert war. Insofern hat also der Stefan Schnell mein Privatleben verändert.

Es gab jüngst kurz eine mediale Diskussion darüber, ob „Schnell ermittelt“ weitergehen wird – allerdings war die im Vorjahr gedreht Staffel noch nicht auf dem Schirm.

Ich kann nur so viel sagen: Die sechste Staffel fährt alles, was bis dato von „Schnell ermittelt“ gesendet wurde, an die Wand. Es ist zum Ende der Staffel tatsächlich zu einer Situation gekommen, aus der heraus wir Schauspieler uns gegenseitig voneinander und unter Tränen verabschiedet haben. Es ist da ein Punkt, der ausweglos erscheint – aber Drehbuch-Autoren sind findige Menschen und gerade in guten Serien kommt es immer wieder zu Wendungen, die alles verändern. Das Gefühl von uns Schauspielern aber war eines von Ende.

Stefan Schnell ist eine Rolle, in der Sie einmal als Wiener einen Wiener spielen dürfen.

Das passiert leider sehr selten. Ich spiele Kärntner, Süd- und Nord-Tiroler, sogar Brandenburger Prolls und alles Mögliche andere. Aber Wiener, die noch dazu keine Strizzis sind, das kommt kaum vor – ich weiß auch nicht, woran das liegt. Andererseits hat mir das eine größere Bandbreite und Flexibilität gebracht, was mich etwa in Deutschland als Schauspieler weiter gebracht hat. Aus der Not eine Tugend gemacht ergibt das ein breiteres Rollenangebot.

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In den vergangenen Monaten waren Sie vor allem auch im Kino sehr präsent: „ Casting“, „Hari Pinter, Drecksau“, „Die Einsiedler“ oder, als internationale Produktion, Rob Tregenzas „Gavagai“. Manches davon war nur kurz oder kaum zu sehen.

Einem Schauspieler geht es ja nicht primär darum, wo er am meisten Zuseher hat. Es sind die Geschichten und die Rollen, die zählen. Beim Kinofilm gibt es zum Glück immer noch etwas mehr Zeit, mehr Liebe zum Detail als bei Drehs fürs Fernsehen. Eine Geschichte erhält dadurch mehr Tiefgang und Breite und man hat dadurch als Schauspieler mehr zu spielen. Das ist auch das Befriedigende daran. Außerdem liebe ich auch als Privatmensch das Kino, ich mag es, mit anderen im Saal zu sitzen und ein Film-Erlebnis zu teilen. Es ist das eine völlig andere Atmosphäre.

Das so ein Kino-Dreh nicht nur lustig ist, zeigt etwa das Beispiel von „ Casting“. Es war das ein besonderer Streifen, bei dem keiner der Schauspieler wusste, was auf ihn zukommt.

Stimmt. Man muss sich vorstellen, man verbringt einen Monat lang den ganzen Tag im Studio, unter diesem Kunstlicht und man kann nichts von dem, was man tut, auf seine Relevanz einschätzen, weil es kein Buch gibt. Es gab tatsächlich keine Anhaltspunkte, für niemanden. Das war zum Teil wirklich beklemmend, phasenweise war es wie „Krieg, weil es auch darum ging, wunde Punkte bei den anderen aufzutun. Da konnte man auch das Private kaum heraushalten. Herausgekommen ist am Ende dann etwas Gutes und es hat uns sehr weit geführt - beim Dreh selbst gab es Momente, da haben sich die Beteiligten aber auf den Kopf gegriffen.

Vom US-Magazin New Yorker in die Liste jener Filme, die fast unbekannt, aber umso sehenswerter sind, wurde „Gavagai“ mit Ihnen in der Hauptrolle aufgenommen.

Es ist das eine amerikanische Produktion, die mit norwegischem Geld in Norwegen gedreht wurde und in der ich ein deutscher Geschäftsmann bin. Dieser versucht den Tod seiner Frau zu bewältigen, in dem er sich an Orte begibt, die in der Lyrik des norwegischen Nationaldichter Tarjei Vesaas eine Rolle spielen, die sie übersetzt hat. „Gavagai“ beschreibt als Ausdruck das Phänomen, dass man Sprache nicht zu hundert Prozent übersetzen kann. Es war das eine tolle Arbeit und mit Regisseur Rob Tregenza geht im Sommer weiter mit einem experimentellen Kurzfilm.

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Gibt es weitere neue Projekte?

Ich bin im Vorjahr in „Letzte Spur Berlin“ mit Jasmin Tabatabai eingestiegen und nun geht es für mich richtig los in der Krimi-Serie. Ich spiele ihren Mann – eine Ähnlichkeit mit „Schnell ermittelt“ ist nicht zu verleugnen, ich werde noch zum personifizierten „Ex“ (lacht). Ich habe hier aber einen anderen Beruf und es gibt ein gemeinsames Kind. Und dann kommen auch noch ein „Tatort“ in Norddeutschland mit Franziska Weisz und Wotan Wilke Möhring und eine Episodenhauptrolle beim bayerischen "Tatort". Und da ist noch ein Projekt, das ganz am Anfang steht: Eine junge Regisseurin in Berlin versucht mir da ihre Bilder und Vorstellungen zu vermitteln und wir reden darüber, assoziieren – so ist es auch schon zur Zusammenarbeit mit Ronny Trocker für „Die Einsiedler“ gekommen.

Würden Sie eigentlich selbst gern Regie führen?

Ich bin so ausgefüllt mit meinem Beruf, ich habe wirklich keine Ambition diesbezüglich.

Mit ihrem Beruf bleiben sie ja auch heuer sehr präsent.

Stimmt, fürs Fernsehen abgedreht sind Urs Eggers „Das Wunder von Wörgl/Die Geldmacher“ und Wolfgang Murnbergers „Achterbahn“. Darin spiele ich übrigens einen Wiener, allerdings mit ex-jugoslawischen Einschlag, was sonst. Und dann kommt ja noch „Hari Pinter, Drecksau“ ebenfalls ins Fernsehen mit mir als Kärntner...