Leben/Reise

Ein Hauch von Vergangenheit

Das „Wiener“ im Begriff „Wiener Alpen“ hören die niederösterreichischen Bürgermeister entlang des neuen Alpenbogen-Wegs nicht gerne. Alternativvorschläge gibt es allerdings auch keine. Daher werde sich der Name Wiener Alpenbogen als Bezeichnung für die Hausberge der Wiener durchsetzen. Das sagt Gerda Walli, Wanderführerin aus der Buckligen Welt im Süden Niederösterreichs.

Die sogenannten Wiener Alpen – mit Rax, Schneeberg, Hohe Wand und Semmeringkogel als den bekanntesten Gipfeln – sind eine Erfindung aus der Not heraus. Vor dem zweiten Weltkrieg, die Raxalpe hieß damals noch Preineralpe, waren diese teils bis in die alpine Stufe hineinreichenden Gipfel in der breiten Öffentlichkeit noch relativ unterbelichtet. Die Sommerfrischler am Semmering und in Reichenau waren gutbürgerlich, die Zeit der Bergfexe sollte erst anbrechen. Im heute heillos überlaufenen Höllental zwischen Rax und Schneeberg kannten einander noch bis in die Sechzigerjahre des 20. Jahrhunderts alle Wanderer beim Vornamen, erzählt der Wiener Kletterer Adi Mokrejs. Erst die Armut der unmittelbaren Nachkriegsjahre rückte die Hausberge zurück in den Fokus der Öffentlichkeit, die Westalpen waren schier unerreichbar, der Semmering war nur 90 km von Wien entfernt.

Sportberg

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Der ehemalige Kurort Semmering hat sich in den vergangenen 10 Jahren stark verändert, der wackelige Einsersessellift auf den Hirschenkogel aus den 80ern ist Geschichte. Der Berg ist im Winter Austragungsort für Weltcup-Skirennen und im Sommer Abfahrtsstrecke für Mountainbiker – und so sieht er auch aus. „Hier spürt man das Altösterreichische nicht mehr“, sagt Walli.

Die eigentlichen „Zauberberge“ liegen auf der anderen Seite der Passhöhe: die „1000er“ Pinken-, Semmering- und Wolfsbergkogel sind vom Skitourismus unberührte Waldgipfel, die erstiegen oder zumindest berührt werden. Vom Bahnhof aus spaziert man zunächst am Waldrand entlang und beobachtet die Natur im Hochsommer – Orchideen, Türkenbundlilien und Schwalbenschwanz. Die blau-weiße Markierung mit dem Schriftzug „Wiener Alpen“ leitet zu den Aussichtspunkten wie dem 20-Schilling-Blick mit Aussicht auf Ghega-Bahn und Rax. „Hier weht der Hauch der Vergangenheit“, meint Walli. Einziges Manko der höchstens mittelschweren Tour: Nach dem 20-S-Blick hört die blau-weiße Markierung auf. Karte mitnehmen!

Karte und Gebiet

Semmering

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Die Passhöhe an der Grenze NÖ/Stmk. erhebt sich am östlichen Rand der Zentral-alpen. Im 19. Jahrhundert galt der Semmering als grüner Lungenflügel Wiens.

Die verkehrstechnische Erschließung gelang durch die Semmeringbahn des Carl Ritter von Ghega in den Jahren 1848 bis 1854. Der Bahn-Wanderweg entlang der historischen Strecke und ein Museum im Bahnhof des Ortes erinnert an diese Pioniertat. Im Gefolge des Kaisers kamen Geldadel, wohlhabende Beamte und gehobenes Bürgertum zur Sommerfrische in das Bauernland um den Semmering. Bald standen die ersten Villen und Hotels – das erste war das Südbahn-Hotel. Dessen Chefkoch war so erfolgreich, dass er sich selbstständig machte und sein eigenes Haus gründete, das Hotel Panhans.

Der Name

Semmering ist slawischen Ursprungs und bezieht sich auf eine häufige Weidepflanze, den Weißen Germer, mundartlich „Hemmert-Wurz“ genannt.

Anfahrt

Bahnhof Semmering: Ab Wien Meidling bzw. Graz Hauptbahnhof bis zu 10 Zugverbindungen täglich.

Mit dem Auto: Die Passhöhe ist jeweils 3,5 km von der S 6 Semmering Schnellstraße, Abfahrt Maria Schutz-Semmering, bzw.

von Spital am Semmering entfernt.

Route/Gehzeit

Von der Passhöhe bis zum Aussichtspunkt „20-Schilling-Blick“ am Wolfsbergkogel sind es circa 1–1,5 Stunden zu Fuß, mit Spielplatz am Weg. Vom „20-Schilling-Blick“ weitere 20 Minuten zum nächsten Parkplatz. Diese leichte Aufbautour (in der Karte rot eingezeichnet) ist Teil des neuen Alpenbogen-Wegenetzes.

Auskünfte

www.semmeringbahn.at, www.wieneralpen.at

Tourismusverband

Tel.: 02622/78960 60