Tokio: Die weltgrößte Versuchsanstalt
Was Sie hier zu lesen bekommen, ist kein Stadtporträt, sondern fast schon eine Liebeserklärung. Falls Sie also pathetischen Schmonzes satt haben, blättern Sie schnell weiter. Wenn Sie jedoch offen sind für Neues und viele Großstädte dieser Welt schon probiert, erkundet, erwandert, erschnüffelt haben, sind Sie hier möglicherweise richtig. Stay tuned. Tokio ist: New York für Fortgeschrittene. Oder zumindest so ähnlich.
Die AUA fliegt wieder direkt nach Tokio und retour – und das ist gut so. Allein schon, damit japanische Touristen, derer es ja das eine oder andere Milliönchen gibt, gleich nach der Landung in Wien Walzerklänge hören können. Denn worum geht es ihnen denn, wenn nicht um Strauß? (Naja, vielleicht um Mozart.) Das ist gut für österreichische Musikerinnen und Musiker, die regelmäßig nach Japan müssen, nein dürfen, um immer wieder selbst von der Begeisterungsfähigkeit der Japaner für unsere musikalische Kultur angesteckt zu werden. Und das ist besonders gut für all jene, die noch nie in der Stadt waren. Bleiben wir bei diesen Newcomern, denn Kennern Tokio erklären zu wollen, wäre sinnlos, weil jeder, der je dort war, ohnehin sein eigenes, originäres, völlig subjektives Bild hat.
Schneller, höher, weiter
Tokio ist die Stadt der Superlative. Wobei der Begriff Stadt nicht wirklich stimmt, weil Tokio aus 23 Bezirken (wie Wien also, nur ein bissl größer) besteht und das historische Tokio offiziell nicht mehr existiert.
Tokio ist das größte Ballungszentrum der Welt – fast 40 Millionen Menschen leben in der Region Tokio-Yokohama.
Die Stadt ist – trotz aller Größe – die wahrscheinlich ruhigste Metropole. Wer sie besucht, hat das Gefühl, dass jeder Bewohner seine Rolle kennt, selten aus dieser fällt und sogar versucht, Oasen inmitten von Wolkenkratzern zu schaffen, etwa mit winzigen Vorgärten vor seinem Haus. Traumhaft schön sind die großen Gärten, vom Shinjuku Gyoen bis zum Ueno-Park mit dem Bunka Kaikan-Theater, in dem die Staatsoper immer wieder gastiert, vom Yoyogi-Park mit dem bedeutenden Meiji-Schrein bis zum Kaiserpark. Nicht ganz so ruhig ist es zugegebenermaßen in manchen Straßen der Stadtteile Akihabara oder Shibuya, wo sich eine Spielhölle an die andere reiht, aber das nur nebenbei.
Tokio ist die höflichste Stadt der Welt, zumindest vordergründig. Jeder Taxler trägt weiße Handschuhe, so elegant und nobel ist es dort. Allerdings verstehen die Fahrer selten, wenn man sein Ziel nennt, weshalb es sich empfiehlt, Adressen immer auf einen Zettel zu schreiben.
Tokio ist das kommunikativste Zentrum – an jeder Ecke wird Unterhaltung, Ablenkung, geboten – und gleichzeitig wohl das einsamste.
Tokio ist kulinarisch die beste Stadt der Welt. In keiner anderen gibt es mehr preisgekrönte Lokale. Wobei das, was man in Österreich unter einem japanischen Restaurant versteht, dort kaum zu finden ist, nämlich ein Lokal, in dem von Sushi bis Tempura alles geboten wird. Die meisten Restaurants sind winzig und höchst spezialisiert. Man geht also nicht japanisch essen, sondern man besucht eine Sushi-Bar, ein Lokal für Yakitori oder Sukiyaki. Dort bekommt man auch nur das.
Tokio ist architektonisch die faszinierendste Stadt der Welt. Allein die Flagship-Stores der Luxuslabels auf der berühmten Einkaufsstraße Omotesando sind wie Museums-Neubauten und von den bedeutendsten Architekten entworfen.
Tokio ist generell die beste Einkaufsstadt der Welt – von japanischer Avantgarde-Mode bis zu internationalen Labels ist alles zu finden.
Und Tokio ist gar nicht, dem Image entsprechend, die teuerste Stadt der Welt.
Als der Autor dieser Zeilen zum ersten Mal in Tokio war, gab es in den U-Bahnstationen noch nicht durchwegs englischsprachige Angaben, sondern großteils japanische Zeichen. Mittlerweile ist es einfach, sich durch die Stadt zu bewegen. Und mittlerweile gibt es, neben dem 1958 nach dem Vorbild des Eiffelturms errichteten Tokyo Tower (größer als das Original), auch eine kleine Freiheitsstatue.
Tokio ist also irgendwie der Sukkus der Welt. Und in der Ferne thront der Mount Fuji, bei Schönwetter gut zu sehen. Ewiges trifft auf Neues – nirgendwo wird das konsequenter gelebt als in der Versuchsanstalt Tokio
Info
Anreise Austrian Airlines fliegt ab 15. Mai die Strecke Wien–Tokio. Mit einer Boeing 777 geht es fünf Mal pro Woche direkt in die japanische Hauptstadt – jeweils Mo, Di, Mi, Fr und So. Tickets (hin und retour) in der Economy Class gibt es ab 637 €, in der Premium Economy Class ab 1237 € und in der Business Class ab 2787 €. www.austrian.com
Beste Reisezeit Ganzjährig, am angenehmsten in den kühleren Monaten März, April, Mai, Okt., Nov.
Währung Yen (JPY), 1 € =133 Yen
Unterkunft Wer den Film „Lost in Translation“ von Sofia Coppola liebt und auf den Spuren von Bill Murray wandeln will, sollte im Park Hyatt Hotel im Stadtteil Shinjuku einchecken. Atemberaubender Blick über die Stadt. Da die Zimmer extrem teuer sind (mehrere hundert Euro), reicht vielleicht ein Besuch in der Bar oder im coolen Restaurant im 52. Stockwerk. www.hyatt.com
– Viel günstiger (schon ab 85 Euro/Nacht) wohnt man im New Takanawa Prince Hotel. Dort kann man auch auf Wiener Philharmoniker auf Gastspielreise treffen. www.princehotels.com/newtakanawa
Essen/Trinken Tokio ist die Stadt mit den meisten Michelin-Sternen weltweit (234 Restaurants erhielten vom berühmten Gourmet-Führer eine Auszeichnung), es gibt zwölf Drei-Sterne-Restaurants. Der „Koch des Jahrhunderts, Joël Robuchon, hat mehrere Restaurants in Tokio (http://www.robuchon.jp/en). Auch der älteste Drei-Sterne-Koch der Welt, Jiro Ono (92), arbeitet in Tokio. Er wurde als weltbester Sushi- Meister ausgezeichnet (www.sushi-jiro.jp).
An so gut wie jeder Ecke gibt es kleine Restaurants und Bars, wo man um wenig Geld exzellent essen kann.
Info www.jnto.de