Leben/Reise

Atlantikluft voll von Engelsspenden und Whiskygeistern

Atmen Sie ein – tief – das sind die Geister Schottlands“. Wenn John durch sein Heiligtum, das Lager mit den alten Fässern führt, dann kann er sich in seiner Leidenschaft für Whisky regelrecht verlieren. Ist aber auch ein guter Platz für solche Leidenschaften, Edradour, die kleinste Whisky-Brennerei Schottlands. Hier macht man seit 1823 das flüssige Gold der Highlands und zwar auch heute noch genau so, wie man es sonst nur noch in Whisky-Werbungen sieht: Kupferkessel, Holzfeuer und natürlich das Wasser aus der eigenen Quelle. Schließlich ist ja das Wasser – zumindest befinden das die wahren Experten abends im Pub – das tiefe Geheimnis jedes Whiskys. Nicht umsonst weiß jede Brennerei hier einiges über das ganz besondere Bächlein, das in ihre Kessel rinnt, zu erzählen. Naja, und dann kommt natürlich jede Menge Whisky-Philosophie dazu, und für die muss man sich Zeit nehmen.

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Doch wenn es beim Fachsimpeln ein wenig später wird, dann erfährt man auch mehr über diese Whisky-Geister, die ja über dem ganzen Land liegen sollen. „Engelsspende“ (Angel Share) nennt man den Teil des Whiskys, der Jahr um Jahr in den Fässern verdunstet und so der schottischen Luft ein bisschen mehr Gehalt verleiht. „Darum sind ja bei uns sogar die Kühe glücklich“, erzählen überzeugte Highlander, die deshalb ein schottisches Steak für kein anderes eintauschen würden. Wer einmal ein Stück Angus-Rind hier probiert hat, kann das nachvollziehen.

Untote Damen überall

Geheimnisse und Geister, das sind die Dinge, mit denen man sich bei einer Reise durch Schottland wirklich anfreunden kann. Nicht umsonst gilt der raue Norden der britischen Insel als guter Platz für Geister, Feen und andere verwunschene Wesen. Zumindest aber geht – wie etwa in Blair Castle in Perthshire in den Highlands – eine untote Dame aus der örtlichen Adelsfamilie in den alten Gemäuern um. Wer sich auf schottische Gruselgeschichten einlässt, darf sich vor ordentlich Blut und ein paar abgehackten Köpfen nicht schrecken. Denn wer als Fremdenführer hier auf sich hält, ist beim Erzählen nicht zimperlich.

Doch Schottlands Schlösser haben längst mehr zu bieten als dicke alte Mauern, fürstliches Mobiliar und Spukgeschichten. Nicht nur auf und um Blair Castle werden Aktivitäten vom Trekking bis zum Reitausflug angeboten. Schottland will seine Gäste noch mehr als bisher hinaus in die Natur bringen. Auf die Tausenden Inseln etwa, die alles bieten von Vogelparadiesen wie Fair Isle bis zu einsamen, vom Sturm gepeitschten Felsinseln wie St. Kilda.

Per Landrover bergauf

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Auf dem Festland sind es traditionell die Highlands, die die Touristen faszinieren – und mit einem ortskundigen Ranger kann man sich zwischen „Straths“, den weiten grünen Tälern, und „Munroes“, den im Frühjahr oft noch schneebedeckten, kahlen Bergen nicht nur besser orientieren, man entdeckt einfach auch viel mehr von der Natur und ihren Eigenarten – und die können, wie etwa bei einer Rafting-Tour auf dem River Tay, heftig sein.

Highland-Safaris kann man zu Fuß, zu Pferd oder natürlich auch im Landrover machen. Die Art der Fortbewegung ist zwar nicht so beschaulich, dafür aber kommen auch weniger sportliche Gäste dazu, einmal das Bett eines reißenden Gebirgsbachs zu durchqueren. Praktisch übrigens auch, wenn sich das schottische Wetter bemerkbar macht. In einem Augenblick verfinstern Regenwolken den gerade noch blauen Himmel. So schnell aber wie er gekommen ist, zieht der Regen mit dem Atlantikwind davon und hinterlässt mächtige Regenbögen und ein strahlendes Blau über den Highlands.

Zeit lassen muss man sich für die Highlands auf jeden Fall, um diese oft menschenleere Weite zu erfassen, aber auch um überall dort stehen bleiben zu können, wo sich wieder einmal ein altes Gemäuer in den Blick stellt. Tausend Burgen und Schlösser gibt in Schottlands Nordosten, oder – einfacher formuliert – auf jedem Hügel eines.

Wind, Wolken, Wellen: Wer der Natur und ihren Eigenheiten auf eine ganz traditionell schottische Weise begegnen möchte, kann auch einfach einen Golfschläger in die Hand nehmen. Schließlich betrachten sich ja die Schotten als die eigentlichen Erfinder des Golfsports. Die berühmten Links-Courses sind wohl die ursprünglichsten aller Golfplätze, in der Dünenlandschaft zwischen Land und Meer gelegen, stellen sie Golfer vor ganz besondere Herausforderungen. Und denen kann man sich auf einem der legendären Plätze wie dem Muirfield-Course am Firth of Forth widmen, aber auch auf einem der frei zugänglichen öffentlichen Plätze, die oft einen ebenso schönen Ausblick aufs Meer bieten.

Bed and Golfcourse

Schutz vor Wind und Wetter kann man in den Highlands natürlich ganz stilvoll und traditionell in einem alten Herrenhaus suchen. Günstigere Preise und persönlichen Kontakt mit den nur anfangs etwas misstrauischen Schotten findet man in den überall zu findenden Bed-and-Breakfast-Privatzimmern.

Wer es dagegen lieber ein bisschen moderner, großzügiger und vielleicht noch ein Stückchen näher an der Natur hat, sucht sich eines der luxuriösen Highland-Cottages wie etwa das Mains of Taymouth in Kenmore. Golfplatz und Reitstall sind hier gleich nebenan.

Ins nächste Pub und zu den alten Whisky-Experten mit all ihren Geschichten über Geister muss man dann allerdings ein Stückchen fahren.