Die schönsten Plätze in Prag
An den Töpfermarkt auf der Insel Kampa bei der Karlsbrücke erinnert sie sich gerne. Mit großen Augen stand sie als kleines Mädchen vor dem Puppengeschirr. Prag ist die Geburtsstadt von Barbara Coudenhove-Kalergi. "Ich habe viel mehr gute als schlechte Erinnerungen an diese schöne, alte Stadt", erzählt die heute 83-jährige Autorin und ehemalige ORF-Korrespondentin.
Eine wunderbare Kindheit verbrachte die Enkeltochter des k.u.k.-Diplomaten Heinrich Graf Coudenhove-Kalergi und der Japanerin Mitsuko Aoyama – trotz der Hänseleien ihrer drei Brüder – bis zu ihrem 13. Lebensjahr in einem Haus im Industrie- und Arbeiterviertel Prags. In den Ferien übersiedelte man nach Südböhmen aufs Land ins Schloss der Großeltern.
Vertreibung
Der unbeschwerten Kindheit machte 1945 die Vertreibung der deutschen Bürger aus der Tschechoslowakei ein jähes Ende. "Da war in Smíchov die Straßenbahnremise, ein Jahrhundertwendegebäude, in das sie uns hineingepfercht, bevor sie uns hinausgeschmissen haben." Sie mussten alles zurücklassen und waren Monate lang zu Fuß unterwegs in den Salzburger Lungau. Glücklich war Coudenhove-Kalergi erst wieder, als sie aus der "Landhölle" nach Wien kam. "Ich bin eine Großstädterin. Stadtluft macht frei, sagt man. In der Großstadt prickelt es, die vifsten Leute kommen her, da spielt die Musik", erklärt die Grande Dame des Journalismus, die ehrenamtlich Migranten in Wien Deutschunterricht gibt.
Gleich nach der Wende, 1989, war die Witwe Franz Mareks, eines Reformkommunisten, der aus einer galizischen jüdischen Familie stammte, wieder in Prag als Korrespondentin. Und wohnte, wie immer, mitten in der Stadt, an der Moldau, um die Ecke vom alten Caféhaus Kavárna Slavia, ihrem zweiten Wohnzimmer. "Damals lag alles noch im Dornröschenschlaf. Václav Havel hat in diesem Jugendstillokal Literaten bis hin zu den Vordenkern des Prager Frühlings getroffen, heute ist es ein Touristen-Magnet, wie die meisten schönen Plätze der Stadt."
Eine Stadt, die, im Unterschied zu Wien, wirklich am Fluss liegt. Eine Stadt mit prachtvollen Monumentalbauten und engen Gassen. Vladimir Handlíř, Doktor der Technik und ehemaliger Manager, begleitet uns als Gästeführer. Geschichte und Architektur waren immer schon seine Leidenschaft. Über jedes Haus hat er eine Geschichte parat. Es ist ein Streifzug durch ein Lehrbuch europäischer Baukunst, von Gotik und Barock bis zu Jugendstil, Kubismus und Funktionalismus.
"Zuhause ist überall", ist der Titel ihrer Biografie. Das gelte auch jetzt noch. "Die Prager haben die gleichen Eigenschaften wie die Wiener, gute wie schlechte: Humor, einen guten Schmäh, sind aber auch Kleingeister und Denunzianten."
Städtereisen
In die Ferne reist sie nicht gerne. Im Sommer fährt Barbara Coudenhove-Kalergi zu Freunden ins Salzkammergut. "Und jedes Jahr mache ich eine Städtereise mit meiner Freundin – zwei Luxusdamen fahren auf Urlaub." Möglichst wenig Gepäck ist dabei, weil viele Koffer sie nervös machen. Wichtig ist ein Buch und ein zentral gelegenes Hotelzimmer "mit einer ordentlichen Leselampe". Fotografiert wird nie. "Ich habe mein Fotoalbum im Kopf, da werden Bilder sehr bewusst abgespeichert."
1. Mein Lieblingsspaziergang ist über den Seminargarten (Seminářská zahrada) hinauf zur Burg. Herrlich, wenn der Flieder blüht.
2. Den schönsten Ausblick auf die Moldau, über die Stadt, auf die Dächer und die Türme hat man vom Hradschin.
3. Das schönste Platzerl, um dem Wasser zuzuschauen, ist vis-à-vis von der Sophieninsel am Moldauufer. Gleich in der Nähe wohnte ich nach der Wende als Korrespondentin.
4. Mein liebstes Caféhausist das Slavia gleich neben dem Nationaltheater, ein Treffpunkt für Schriftsteller und Künstler, heute leider ein Touristenmagnet. (www.cafeslavia.cz)
5. Sehenswerte Architektur, von Barock über Jugendstil bis Kubismus, findet man in der ganzen Stadt. Interessant ist das Haus der ehemaligen Živnostenská banka, erbaut 1896 im Neurenaissance-Stil, in dem jetzt ein Glasmuseum eröffnen wird.
Anfahrt mit dem Railjet der ÖBB Wien–Prag in 4:15 Std., BahnCity-Hit bis 30. Juni um 159 € pro Person, inkl. Bahnfahrt 2. Klasse hin und zurück, 1 Nächtigung im 4*-Hotel, Frühstück,www.railtours.oebb.at
Währung Tschechische Krone (CZK), 1 € = 27 CZK
HotelK+K Hotel Central, 4*plus mit Sauna und Fitness, in der Prager Altstadt, ab 120 € pro Zimmer/Nacht inkl. Frühstück, tolle Jugendstil-Architektur. Otakar John leitet die beiden K+K Hotels in Prag: "Zwei Jahre lang wurde umgebaut, 20 Millionen Euro wurden investiert. Jetzt bieten wir unseren Gästen in 127 Zimmern höchsten Komfort." Erbaut wurde das Jugendstiljuwel 1901 von einem österreichischen Architekten, damals war es ein Kabarett-Theater.
Ve Smeckach 30, 110 00 Pragwww.kkhotels.com/hotels/prag
KaffeehauskulturCafé Louvre, Národní 22, www.cafelouvre.cz,– Kavárna Slavia, Smetanovo nábřeží 1012/2,www.cafeslavia.cz,– Kavárna Obecní dům, eines der schönsten Jugendstilcafés im Gemeindehaus von Prag, Náměstí Republiky 5,www.kavarnaod.cz,– Café Savoy, ein architektonisches Kleinod ist die im Original erhaltene ornament- und goldverzierte Kassettendecke, Vítězná 124/5,http://cafesavoy.ambi.cz/cz/
Buchtipp "Zuhause ist überall" von Barbara Coudenhove-Kalergi (Zsolnay Verlag).
Auskunft www.prague.eu/de, www.czechtourism.com