Leben/Reise

Kroatien: Sprachlos in Istrien

Gleich nach der slowenischen Grenze spürt man es. Das Adria-Feeling. Riecht man es. Jasmin in der Luft, Salz vom Meer. Denkt man bald, hier ist es fast wie zu Hause.

Und wer die unaussprechlichen Ortsnamen Istriens einfach ausblendet, fühlt sich mit der Halbinsel sofort vertraut. Gerade weil der Großteil der 202.000 Einwohner Deutsch spricht. Zum Glück, denn die kroatische Sprache, die fast ohne Vokale auszukommen scheint, ist nur für wenige verständlich. Und die alte Bevölkerung verständigt sich zwischen Rovinj, Vodnjan und Pula bis heute auf Istrioto, einem Dialekt aus Venezianisch und Kroatisch. Vielleicht weil die Polesaner sich noch immer als Teil der österreichischen Kultur verstehen. Aber was ist von der Donaumonarchie übrig? Außer dass Kroatien unser Urlaubsland Nummer eins ist?

Österreichische Überbleibsel

Von den Österreichern geblieben sind Sauerkraut und Toleranz, sagen die Einheimischen. Von den Italienern Sprache und Kultur und von den Venezianern die Architektur. Na bitte, das ist doch schon eine gute Basis für perfekten istrianischen Lifestyle. Kaum zu glauben, aber es war der venezianische Abenteurer Giacomo Casanova, der in dem Städtchen Vrsar den Grundstein für den heutigen Lifestyle legte: Er trank den süßen Refosco, Rotwein der hiesigen Rebsorte, blieb über Nacht und verliebte sich in die Pastorentochter.

In dem Land aus Kalkstein und roter Erde, mit unterirdischen Seen und Flüssen, Sandstränden und karstigen Küsten, 200 Kilometern Wanderwegen, Muschel- und Fischzuchten, Wildschweinen und Hirschen, Olivenhainen und Weingärten entstand auch der berühmte Jules-Verne-Roman „Mathias Sandorf“. Istriens Landschaften dienen seit den 1960er-Jahren auch immer wieder als Filmkulisse.

Erwachen aus dem Dornröschenschlaf

Nur touristisch und architektonisch schlummerte Kroatien hier während der 1960er- bis -80er-Jahre vor sich hin. Aber damit ist jetzt Schluss. Die Halbinsel erwacht in jeder Hinsicht aus einem langen Dornröschenschlaf: Zwischen Buje und Pula schießen Hotels und Villen aus dem Boden, internationale Kunstausstellungen machen in den Hafenstädten Halt und abends tummeln sich junge Hipster in angesagten Clubs auf den Klippen. Designhotels, wie etwa das Lone, geplant von den heimischen Architekten 3LHD oder das Hotel Adriatic ziehen neue Gäste an. Das geschichtsträchtige Adriatic im Zentrum Rovinjs eröffnete soeben neu renoviert und bringt mit toller Innenausstattung und vielen Kunstwerken, unter anderem vom Grazer Valentin Ruri, internationales Feeling in die Hafenstadt.

Architektur, Kunst und Design stehen immer öfter im Fokus von neuen Spas, Läden, Bars und Restaurants. Sei es in Grožnjan, Motovun, Poreč oder Pula. Auch in Novigrad und Vrsar gibt es neue Kunstmuseen. Gourmets, die gute Küche, Weine und Olivenöl schätzen, finden moderne Weingüter, kleine Ölproduzenten, Käsereien und Haubenlokale im ganzen Land. Was gibt es Herrlicheres, als im Urlaub alles abzufahren, um zu kosten und zu schauen? Man sollte sich bis zur Kvarner Bucht vorwagen – auch dort kann man sich dann bei venezianisch-österreichischem Flair weiter auf Deutsch verständigen. Wie praktisch, dass Istrien früher österreichisch war.

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