Zu Gast bei den Göttern auf Kreta
Franz Vranitzky ist durch einen Zufall zum Kreta-Fan geworden. "Ich habe dort einen Wohnungsnachbarn aus Wien getroffen. Der hat sich ein Grundstück gekauft und mich gefragt, ob ich nicht auch eine Parzelle haben will." Der frühere Bundeskanzler wollte und ließ sich ein Haus bauen. "Das ist ein Familienhaus, aber kein Palast." Wo? "In einem kleinen Dorf im Süden der Insel." Genauer will Vranitzky die Lage seines Hideaways nicht verraten. Denn bis jetzt hat ihn noch niemand entdeckt und er möchte nicht, dass Touristen auf Sightseeing bei ihm vorbeischauen, wie einst bei Altkanzler Bruno Kreisky auf Mallorca.
Damit sind die Inselbewohner nicht immer pfleglich umgegangen. Das, so konstatiert Vranitzky, ändert sich. "Die Kreter entwickeln gerade zarte Ansätze, die Schönheit ihrer Insel zu bewahren." Das äußert sich darin, dass Schulklassen durch die Dörfer gehen und Müll einsammeln. Ein Ausgleich zur kretischen "Liebe zu Plastikflaschen und Sackerln, die überall deponiert und vom Wind vertragen werden".
Die Kreter empfindet Vranitzky als freundliche, sympathische Menschen und schätzt ihre "angenehmen Essgewohnheiten", nämlich vorwiegend Gemüse und Fisch zu verzehren. Mit der Zeit – immerhin ist er schon seit rund zehn Jahren Haus- herr auf der Insel – entstehen Bekanntschaften. Etwa "wenn der Tischler kommt, um ein Kastl zu reparieren und sich herausstellt, dass er früher in Deutschland gearbeitet hat und Deutsch kann". Da kommt man ins Gespräch. Und erfährt, dass die Griechen nicht nur glücklich sind mit der Hilfe durch die EU. Denn die ist mit Vorschriften verbunden "und damit sind sie nicht einverstanden". Der Ex-Kanzler sieht das positiver. Immerhin entstehe jetzt eine gewisse Ordnung an Stelle des bisherigen Laissez-faire.