Ein Wintermärchen im Allgäu
Von Maria Gurmann
Wer kennt es nicht, Bayerns beliebtestes Märchenschloss? Neuschwanstein, das jährlich 1,3 Millionen Besucher anzieht, war auch die Inspiration für Walt Disneys Kulissen seiner Kult-Filme Cinderella und Dornröschen. Die Silhouette des Schlosses, das der Märchenkönig Ludwig II. 1869 erbauen ließ, wurde als Disney-Logo weltberühmt.
Wintersport
Das Allgäu, das sich über Bayern und Baden Württemberg erstreckt, hat mehr als nur Disney-Feeling zu bieten. Wunderbare Ausflugs- und Sportangebote. Kleine, feine Skigebiete für Tourengeher, Schneeschuhwanderer, Rodler oder Carver. Die Seen sind mit Eis bedeckt, die Berge zum Greifen nah. Der Winter ist in der Schlossparkregion ein besonderes Erlebnis. Familienfreundlich die Unterkünfte, urig die Hütten. Keine Beschallung à la Ballermann, kein Champagner-Aperol-Publikum. Brauchtum und Naturschutz sind groß geschrieben, betont Jan Schubert, Tourismusdirektor von Pfronten. Zur Alpinskiregion "Allgäu/Tirol – Vitales Land" gehören neben Füssen die bekannten Wintersportziele Pfronten, Nesselwang, Jungholz und das Tannheimer Tal.
Nur wenige Kilometer von den Schlössern Neuschwanstein und Hohenschwangau entfernt liegt die historische Stadt Füssen am Ufer des Lechs – ein Kreuzpunkt der "Romantischen Straße" und der "Deutschen Alpenstraße". Stadtführerin Karin zeigt uns die Altstadt mit den mittelalterlichen Gassen, der alten Stadtmauer, dem prachtvollen Benediktinerkloster St. Mang, den vielen Barockkirchen und dem allgegenwärtigen gold-schwarzen Stadtwappen – drei im Kreis angeordnete Füße.
Kultur und Kulinarik
Unter dem Motto "Wirtuos" machen wir einen kulinarischen Spaziergang durch die Stadt der rosaroten, gelben und hellblauen Bürgerhäuser mit den spitzen Giebeln. Bei unserer ersten Einkehr in das "Lila Haus" beim Seilerturm lassen wir uns Allgäuer Emmentaler, Speck, Grammelschmalz und köstliche Aufstrichvariationen schmecken. Im 400 Jahre alten Gasthof "Zum Hechten" werden wir mit den traditionellen Käsespätzle verwöhnt.
Karin erzählt uns bei einem Glas Bier von der Lautenmacherzunft, der ersten in Europa (1562). Die berühmtesten Geigenbauer stammten im 18 Jh. aus Füssen. Wie Franz Geissenhof, dessen Geigen, genannt die Wiener Stradivari, weltweit begehrt waren.
Österreichisch geht es auch beim letzten Halt, in der Konditorei "Küss die Hand", zu. Die quietschvergnügte, ehemalige ORF-Redakteurin (Confetti TV) Irina Probost ist jetzt leidenschaftliche Wirtin. Auf ihrer Speisekarte stehen Torten und Strudelangebote, Wiener Kaffeespezialitäten bis hin zum Tafelspitz. "Klein und fein", ist ihre Philosophie. Das schmeckt man.
Hüttentrekking
Zum Skifahren geht es auf die Alpspitze, ein beliebtes Familienskigebiet. Die Berglodge auf 1500 Meter, ist ein Hideaway mit vier Wohneinheiten, das alle Stückeln spielt – Privatkoch, Sauna, Terrasse, offener Kamin – und deshalb auch fast das ganze Jahr ausgebucht ist, obwohl man diese Idylle nur mit dem Lift erreicht. Der Star ist die Natur und die absolute Ruhe nach der letzten Liftfahrt: Blick auf Tannheimer Berge, den Himmel und ins Abendlicht.
Direkt von der Berglodge schnallt man die Carver, Tourenski oder Schneeschuhe an. Wir entscheiden uns für letztere und stapfen über verschneite Wiesen und durch Wälder zur urigen Hündeleskopfhütte. Hüttenwirtin Silvi, zünftig im Dirndl, kocht vegetarisch: Linsensuppe, Käsespätzle, Zucchinilasagne und Kuchen.
Nach der Einkehr werden die Schneeschuhe in den Rucksack gepackt. Eine zwei Kilometer lange Rodelpartie steht auf dem Programm. Ein Spaß für uns kindlichen Gemüter.
Handwerk
Wie unsere fahrbaren Untersätze hergestellt werden, sehen wir bei den Osterrieds in Pfronten. Christian, der Tischler fertigt seit 2006 die Holzschlitten, seine Frau Rita, im Hauptberuf Krankenschwester, näht die bunten Sitzflächen. Esche aus der Region wird mit Nussholz und Mahagoni in neun Lagen schichtverleimt und in Form gepresst. Am Ende wird die sechs Kilo leichte Rodel mit Edelstahlkuven versehen. 198 bis 229 Euro kostet eine handgefertigte Rodel des Schlittenbauers.
Was bis vor 60 Jahren noch eine Notwendigkeit war, ist heute zum Sport geworden. Beim traditionellen Schalengger-Rennen fahren die Teilnehmer mit Hörnerschlitten, sogenannten Schalenggen ins Tal. "Mit diesen Schlitten wurden früher Brennholz und Heu von den Bergen ins Tal transportiert", erklärt uns Marcella Sauer, eine der wenigen Pilotinnen, die mit ihrer Freundin Claro diese 15 bis 20 Kilo schweren Schlitten bändigen kann und männliche Konkurrenten abhängt. Drei Mal gewannen die 25-jährigen Mädchen (200 Teilnehmer, darunter 30 Frauen) schon das jährlich zur Fastnachtszeit stattfindende Rennen.
Für eine andere Sportart sollen wir uns am nächsten Tag entscheiden. Entweder langlaufen auf den unzähligen Loipen in der malerischen Landschaft oder mit Skitourenprofi André Jansen die Dynafit Skimo Challenge Allgäu wagen: In möglichst kurzer Zeit sind die knapp 900 Höhenmeter bis zur Bergstation der Tegelbergbahn zu bewältigen. Herrlich ist das Gefühl nach dem Aufstieg, die Abfahrtsmeter aus eigener Kraft erlaufen zu haben.
Am Ende der Reise und am Ende der Saison treibt das Funkenfeuer am Hopfensee den Winter aus. Auf einem Holzstapel steht die "Funkenhex", eine Strohpuppe. Das Feuer lodert, die Funken sprühen, die in Schmalz gebackenen "Funkenküchle" sind köstlich, der Mond schaut zu. Ein märchenhaftes Happy End dieser abwechslungsreichen Tage im Allgäu.
Info
Anreise Mit dem Zug über München nach Füssen.
Übernachten Vom 3*S Hartung’s Hotel Dorf hat man einen schönen Blick über den Hopfensee und auf die Berge. Ab 67 € p. P., mit Seeblick 77 €. www.hartungs-hoteldorf.de
– Berglodge
Luxushideaway im Allgäu auf der Alpspitz bei Nesselwang, 4 Lodges 70 – 90 m², Spa, Wohnbereich, offener Kamin, Panoramafenster, alles aus Vollzirbe, ab 440 € für 2 Personen pro Tag mit Frühstück.www.berglodge.de
– Panoramahotel Oberjoch, Pauschale: 3 Nächte 320 €/2 Personen, Frühstück, Kuchenbar, Wellness und Spa, 1 Abend-Menü,www.panoramahotel-oberjoch.de
Skipässe Alpspitzbahn: Tageskarte Erwachsener 30 €, Familie (2 Erw., 2 Kinder) 76 €, www.alpspitzbahn.de
– Breitenberg/Pfronten: Tageskarte Erwachsener 29 €, Familie (2 Erwachsene, 2 Kinder) 79 €.
Königscard Wer in der Wintersaison bei einem der Füssener Königscard-Gastgeber bucht und mindestens 2 Nächte bleibt, kann täglich drei Stunden gratis Skifahren.
Essen& Trinken Maucher’s Café & Restaurant in Hopfen am See, regionale Spezialitäten wie Allgäuer Käsesuppe oder Krautkrapfen, www.mauchers-restaurant.de
– Lila Haus Greißlerei und Restaurant, Geschenke und Mitbringsel, in Füssen, www.lilahaus-fuessen.de
– Küss die Hand, ein österreichisches Kaffeehaus neben der Markthalle in Füssen, die Schmankerln der Wienerin Irina Probost sind ein Renner. www.kuessdiehand.de
Einkehr Hündeleskopfhütte, die erste vegetarische Hütte in den Alpen, www.huendeleskopfhuette.de
– Ostlerhütte auf dem Breitenberg, Rundblick auf das Pfrontener Tal, die Allgäuer, Tiroler und Schweizer Bergwelt www.huette-mit-herz.de
Schlittenbauer Vom Tischler handgefertigte Rodeln und Schlitten von Rita und Christian Osterried, Pfronten, www.osterried-rennrodel.de
Schlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau, bis 31. 3. 2018 von 9 bis 15.30 Uhr. Besichtigung nur im Rahmen einer Führung möglich. Eintritt: Erwachsene je Schloss 13 €, ticket-center-hohenschwangau.de
Event das Hotel Wiesengrund in Bad Hindelang lässt von 21. bis 27.1. eine alte Tradion wieder aufleben. Sieben Ballon-Teams haben sich für das „1. Wiesengrund- Ballonfestival“ angekündigt. wiesengrund.com
Auskunft Virtuelle Reise durch die Stadt Füssen, www.fuessen.de/animierter-stadtrundgang, germany.travel