Gemeinnützig und luxuriös? Das geht!
Schick und zurückhaltend gekleidet, mit stilvollem, aber dezentem Schmuck erzählt Zita Cobb in einem Wiener Kaffeehaus über ihr Projekt am anderen Ende der Welt. Wenn man ihr gegenüber sitzt, nimmt man nicht an, dass die Frau millionenschwer ist. Sie spricht mit Leidenschaft über ihr "Kind" – Fogo Island, eine vorgelagerte Insel von Neufundland, einer kanadischen Provinz. Ganzjährig kühl, mit sieben verschiedenen Jahreszeiten und eindrucksvoller Naturkulisse.
Es ist die Insel, auf der acht Generationen ihrer Familie von Fischfang lebten. In einem Haus ohne fließendes Wasser und Strom, mit Eltern, die nicht lesen und schreiben konnten. Bis die Familie eines Tages – Zita Cobb war ein Teenager – nicht mehr genug verdiente. Sie mussten ihre Heimat verlassen, um in Ontario ganz neu anzufangen. Als Managerin wurde Cobb später in der Glasfaserindustrie zu einer der reichsten Frauen Kanadas, bevor sie mit 42 Jahren ausstieg und einige Jahre um die Welt segelte.
Ein besonderes Haus
Seit 2013 ist die eindrucksvolle Frau mit einem zeitgenössischen, architektonischen Meisterwerk, dem Fogo Island Inn, zurück auf ihrer Insel. 42 Millionen Kanadische Dollar (ca. 27 Mio. Euro) investierte sie in das Luxushotel, das von dem aus Neufundland stammenden Architekten Todd Saunders geplant wurde. Aber nicht, um selbst noch reicher zu werden, sondern um die Inselbewohner zu retten, die, wie ihre Eltern, nicht mehr vom Fischfang leben können. Schon zuvor gründete sie die Shorefast Foundation und schenkte der gemeinnützigen Stiftung unter anderem das Inn, schaffte neue Berufsfelder und Ausbildungsmöglichkeiten. Alle Gewinne bleiben auf Fogo. Für ein Kunstprojekt entwickelte Nicolaus Schafhausen, Direktor der Kunsthalle Wien, ein Artist-in-Residence-Programm für die Insel.
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Dass es sich beim Inn um kein gewöhnliches Hotel handelt, dürfte nun nicht mehr überraschen. Auf einem kahlen Felshügel vor dem Fischerdorf Joe Batt’s Arm steht das gewagte und futuristische Gebäude aus weißen Würfeln. Der zum Meer gerichtete Teil steht in alter Fogo-Island-Tradition auf Pfählen.
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Schon die Einrichtung ist eine Geschichte für sich. "Ich liebe italienische Möbel", erzählt Cobb, "aber es macht keinen Sinn, sie in ein Inn zu stellen, das zur Stabilität von Fogo beitragen soll. Schließlich stellen wir seit vielen hundert Jahren unsere eigenen Dinge her. Gleichzeitig passen unsere traditionellen Möbel nicht in ein zeitgenössisches Inn. Also haben wir 20 junge Künstler eingeladen, die mit den heimischen Handwerkern gemeinsam neue Möbel entwickeln. Daraus entstand nicht nur das Interieur des Hauses, sondern ein neues Geschäftsfeld für die Bewohner". Nur natürliche Materialien wurden verwendet. Mit einer Ausnahme: Das Telefon ist aus Plastik. "Nach den Dingen zu suchen, die wir nicht selbst herstellen konnten, wie eine Badewanne oder Geschirr, war ein schmerzvoller Prozess. Denn wir wollten nur Produkte kaufen, die unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt wurden, bei denen auch auf die Umwelt geachtet wurde. Es war wirklich nicht einfach."
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Neben Projekten mit dem Überbegriff "Ocean Ethics" verfolgt auch das Inn einen starken Nachhaltigkeitsgedanken. 80 Prozent des Stroms werden etwa über Solarenergie gewonnen und Toiletten mit Regenwasser gespült. Für die Kanadierin eine Selbstverständlichkeit.
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Auch beim Essen wählt Chef Murray McDonald die Lebensmittel mit Bedacht. "Sein Job ist es nicht, irgendetwas Neues zu erfinden, sondern respektvoll mit dem umzugehen, was die Insel und der Ozean bieten. Produkte wie Wein, Schokolade oder Olivenöl müssen wir natürlich importieren, aber der Rest kommt von Fogo", erklärt Zita Cobb.
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Wer in einem der 29 Zimmer übernachten will, genießt nicht nur Vollpension, sondern wird auch einen Tag lang von einem der Inselbewohner umsorgt. Mit den "Hosts", die nicht im Hotel arbeiten, kann man etwa zum Fischfangen hinaus fahren, spazieren gehen oder Beeren sammeln.
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Billig ist so ein Aufenthalt freilich nicht: Das günstigste Doppelzimmer kostet pro Nacht 1375 kanadische Dollar (ca. 900 Euro). Das exklusivste Angebot ist eine Nacht in der zweistöckigen „Flat Earth Suite“ inklusive Butler und Mietauto um 5000 kanadische Dollar (ca. 3300 Euro). Da die Anreise alles andere als einfach ist, empfiehlt es sich, den Besuch im Fogo Island Inn mit einem Trip nach New York, Boston, Toronto oder Montreal zu kombinieren. Der nächstgelegene Flughafen ist Gander (Neufundland). Von dort geht es mit Mietwagen und Fähre auf Fogo. Eine Insel zu retten, ist eben weder billig noch einfach.