Leben/Reise

Einmal Ärmelkanal und retour

Wer in einem der vielen Lokale am alten Hafenbecken einen Café au lait genießt, versteht, warum einst bedeutende Impressionisten wie Monet oder Renoir nach Honfleur gekommen sind: Ruhig schaukeln Segelboote im Hafen, der von schmalen, sechsstöckigen Häusern gesäumt wird, ein antikes Karussell dreht seine Runden. Auch heute noch stehen Maler mit ihren Staffeleien am Kai und nutzen das besondere Licht im normannischen Tourismus-Hotspot für ihre Bilder.

Honfleur, das pittoreske Hafenstädtchen mit den engen Gassen und den authentischen Kunsthandwerks- und Delikatessenläden, ist einer der Höhepunkte unserer achttägigen Flussreise im vergangenen September mit der MS Renoir. Heuer ist das 5*-Schiff MS Amadeus Diamond der neue Star auf der Seine. KURIER-Leser sind unter den ersten Gästen an Bord.

Vom Fluss ans Meer

Nicht weit von Honfleur mündet die Seine, der zweitlängste Fluss Frankreichs, nach 777 Kilometern in den Ärmelkanal. Das alte Hafenbecken – Le Vieux Bassin – ist auch bei Dunkelheit ein Highlight, wenn sich die Lichter der Bars und Restaurants im Wasser spiegeln. Den besten Blick auf das abendliche Treiben hat man vom Riesenrad nahe dem Hafen – vorausgesetzt, man ist schwindelfrei.

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Vom Anlegeplatz bringt ein komfortabler Bus die Reisenden z. B. an die Côte Fleurie, die Blumenküste. Hier, am breiten Sandstrand von Deauville, planschten schon Coco Chanel und Josephine Baker, heute ist der mondäne Badeort vor allem ein beliebtes Wochenendziel für Städter. Die Stars kommen nur noch zum Festival des amerikanischen Films, das hier immer Anfang September stattfindet. Den lieblichen Charme Honfleurs sucht man in Deauville vergeblich – an der Promenade reiht sich ein Badehaus an das nächste, dahinter thronen Luxushotels und das viertgrößte Casino Frankreichs.

Weniger elegant, aber um einiges eindrucksvoller ist das Seebad Étretat, etwa 60 Kilometer weiter nördlich. Spektakuläre Felsformationen umrahmen den Kiesstrand auf beiden Seiten – wegen ihrer hellen Färbung wird dieser Küstenabschnitt am Ärmelkanal auch Alabasterküste genannt. Ein steiler Weg führt die Klippen hinauf zu einer kleinen Kirche. Die Luft, das Licht, der Ausblick – man möchte ewig hier oben bleiben und aufs Meer hinausschauen.

Die Rückfahrt zum Schiff führt über eine Calvados-Brennerei, wo der normannische Apfelbranntwein destilliert – und von den Besuchern verkostet – wird. Rouen, 110 Kilometer nordwestlich von Paris, ist vor allem für Hobby-Historiker interessant: Am Marktplatz der Hafenstadt wurde 1431 Frankreichs Nationalheldin Johanna von Orléans auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Heute erinnert eine moderne, architektonisch umstrittene Kirche an die Heilige. Es ist nicht das einzige Gotteshaus in der Studentenstadt: Wegen der großen gotischen Kathedrale und der vielen anderen Kirchen wird Rouen auch "Stadt der 100 Kirchtürme" genannt. Die engen, gepflasterten Gassen, unzählige Fachwerkbauten sowie die prachtvolle astronomische Uhr aus dem 14. Jahrhundert machen Rouen zu einem wahren Freilichtmuseum.

Monets Garten

Claude Monet arbeitete zwar gerne in Honfleur, sein berühmtestes Werk gelang ihm aber an einem anderen Ort in der Normandie: Auf seinem Wohnsitz in Giverny, etwa 75 Kilometer westlich von Paris, malte der Mitbegründer des Impressionismus den Seerosenteich mit der japanischen Brücke.

Durch eine Unterführung gelangt man vom Teich in den eigentlichen Garten, der Monet jahrzehntelang als Kraft- und Inspirationsquelle diente. Der Spaziergang durch das üppige Blumenmeer fühlt sich an, als würde man in ein impressionistisches Gemälde eintauchen: Dahlien, Iris und Begonien blühen in den gigantischen Beeten um die Wette, Rosen ranken an Bögen empor. Mittendrin steht ein rosafarbenes Haus mit grünen Fensterläden, in dem Monet mit Frau und Kindern lebte und das heute ein Museum ist.

Giverny ist der letzte Aufenthalt, bevor das Seine-Flussschiff Paris erreicht. Bei der Lichterfahrt durch die Stadt, vorbei an Eiffelturm, Louvre und Notre Dame, heißt es Kopf einziehen, denn die Brücken sind kaum höher als das Schiff. Der letzte Ausflug führt nach Versailles, wo Schloss und Park besichtigt werden. Hier hätte es Monet und seinen Kollegen bestimmt auch gefallen.