Leben/Reise

Neujahrs-Traditionen: Von Hexen und Kobolden

Mit Neujahr sind in vielen Teilen Europas die winterlichen Feiertage nicht vorbei. In kirchlicher Tradition folgt auf Weihnachten Epiphanias, das Fest der Erscheinung Jesu. In Österreich und Deutschland ist daraus der Dreikönigstag am 6. Jänner geworden. Andere Länder gönnen sich aufregendere Feste.

Griechenland & Zypern

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Im Südosten Europas geht es am 6. Jänner nass zu, die griechisch-orthodoxe Kirche feiert "Ta Agia Theofania", die Taufe Jesu. Überall segnen Priester die Gewässer - hauptsächlich das Meer, im Landesinneren auch Flüsse und Seen. Zur Zeremonie versammeln sich die Menschen am Ufer, der Priester weiht ein Holzkreuz und wirft es ins bitterkalte Nass. Dann hechtet die Jugend hinterher, denn wer das Kreuz ergattert, hat das ganze Jahr über Glück.

Der Volksmund schreibt dem Fest auch reinigende Wirkung zu: Solange das Christuskind nicht getauft ist, ziehen wilde, dreckige und stinkende Kobolde (griechisch: Kallikantzaroi) aus der Unterwelt durchs Land. Die schwarz behaarten Monster mit funkelnden roten Augen sind halb Mensch, halb Ziege. Sie verunreinigen alles Essbare und ärgern die Menschen, denen sie des Nachts böse Streiche spielen. Nach der Segnung jedoch sind Wasser und Erde gereinigt, und die Kobolde kehren zurück in die Unterwelt. Dann erst kann das Jahr für die Menschen frohgemut weitergehen.

Italien

Das Epiphanias-Fest am 6. Jänner ist für die Italiener fast so wichtig wie Weihnachten. Vor allem Kinder warten gespannt darauf, denn die Hexe Befana befüllt ihnen die Socken mit Süßigkeiten und Geschenken. Erst seit ein paar Jahren gibt es in Italien auch zu Weihnachten Geschenke, vorher mussten die Kinder immer bis 6. Jänner warten.

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Der Tag wird in ganz Italien groß gefeiert mit von Region zu Region unterschiedlichen Bräuchen. So wird in Venetien eine Heugarbe mit einer Befana-Puppe an der Spitze angezündet. An der Richtung der Rauchfahne lässt sich der Legende nach erkennen, wie das neue Jahr verläuft. In vielen Städten Italiens wie in Florenz gibt es festliche Umzüge mit bunten Kostümen und Gesang. In Rom und Neapel verbringen die Menschen die Nacht auf den 6. Jänner gemeinsam auf den Plätzen, auf denen Spielwaren und Süßigkeiten verkauft werden.

Russland

Nowy God (Neujahr) ist für die Russen das wichtigste Familienfest im Jahreskreislauf. Aber dann geht es bis Mitte Jänner noch so lange weiter mit Feiern wie in keinem anderen Land. Das liegt daran, dass die russisch-orthodoxe Kirche nach dem alten julianischen Kalender lebt, der zum westlichen gregorianischen Kalender 13 Tage versetzt ist. Also fällt Weihnachten auf den 6. Jänner, ist aber in Russland ein eher stilles kirchliches Fest.

Der moderne russische Staat hat seinen Bürgern eine zehntägige Neujahrspause verordnet, die vor dem Fernseher oder beim intensiven Shoppen verbracht wird. In diesem Jahr kommt das Land erst am 11. Jänner wieder in Gang. Dank der kirchlichen Rechnung steht dann am 13. Jänner das Fest Alt-Neujahr an. Und natürlich wird die Taufe Jesu auch in Russland gefeiert. Zu "Kreschtschenie" am 19. Jänner holen Gläubige in den Kirchen geweihtes Wasser. Mutige tauchen in Eislöchern unter, zur rituellen Reinigung nach der langen Reihe von Festtagssünden.