Leben/Reise

Ein fast perfektes Kinderhotel

Eine Lobby verrät viel über ein Hotel. Sie kann überfrachtet sein, gewollt kunstvoll oder abstoßend kühl. Man sollte sich fünf Minuten in eine Lobby setzen, bevor man sich für ein Hotel entscheidet, da liegt man nie falsch.

Im kürzlich eröffneten Familienhotel "Dachsteinkönig" liegen vor Weihnachten Deko-Packerln auf dem schicken Steinboden, sonst dominieren klare Linien. Die zehn Monate alte Dauerentdeckerin Rosemarie krabbelt an den Lederfauteuils vorbei auf die rotgoldenen Pakete zu. Ihre Eltern laben sich gerade an der 24 Stunden-Snackstation und lassen sich just in dem Moment auf die Nobelmöbel fallen, als Rosie das erste Paket attackiert. Der Vater interveniert erst, als die Tochter Schüsseln aus den Fächern unter den Snacks räumt. In einem Kinderhotel sollte nichts auf Babyhöhe stehen, das bricht.

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Abgesehen davon hat man im "Dachsteinkönig" alles richtig gemacht. Das ist durchaus beachtlich. Hoteldirektor Florian Mayer: "Wir sind das erste Kinderhotel, das neu gebaut wurde." Sonst werden meist bestehende Häuser umgebaut und adaptiert, was manchmal gut, aber nie perfekt funktioniert. In die Planung flossen 28 Jahre Erfahrung der Familie Mayer, der auch die ewige Kinderhotel-Benchmark "Alpenrose" in Lermoos gehört. "Wir haben unsere Stammgäste befragt, was sie wollen. Daher gibt es hier zum Beispiel keine Treppen." Klingt nach architektonischen Feinheiten, schafft aber eine fast perfekte Balance: In der Lobby, die an eine dieser teuren Skilodges in Aspen erinnert, ist es so still, dass man jedes Espressoschlürfen und Zeitungsblättern der Eltern hört, deren Kinder gefühlt in einem anderen Universum, tatsächlich nur ums Eck spielen.
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Oder im Kinderclub abhängen. Denn bei aller baulichen Raffinesse – zu der auch die Aufteilung von 500 Gästen in mehrere Themen-Speiseräume gehört, um keinen Saal entstehen zu lassen – bezeichnet der Direktor die "Professionalität der Kinderbetreuung als unsere Seele." Die ausgebildeten Pädagoginnen gehen mit den Kindern fast täglich hinaus, basteln, spielen oder lassen sie im Bällebad-Burggerüst in Ruhe. Rosemaries Bruder Valentin erteilt dem Vater drei Absagen, als er ihn aus dem "Miniclub" holen will: erst mit Zaubererhut auf dem Kopf, später mit Krone, dann versteckt er sich – im Bällebad.

Das stört einen Vater, der gegenüber Betreuungshotels skeptisch ist, weil er mit Kind urlauben will, nicht trotz Kind. Weshalb er die kleine Rosie nicht in die "Betreuung ab dem 7. Tag" steckt. Doch der knapp vierjährige Valentin lehrt ihn: Ab einem gewissen Alter verlangen nicht die Eltern nach Betreuung für den Spross. Sondern der Spross nach anderen Sprossen statt Rutschen und Hutschen mit Mum und Dad.

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Für die gibt es allerlei Trost-Programm, von der Vinothek bis zum Golfsimulator, vom lückenlosen WLAN bis zu erwähnenswert guten Spa-Behandlungen, von der Saunalandschaft mit Kinderverbot bis zur uferlosen Gin-Karte. Dass der Hedonismus nicht zu seelenlosem Luxus verkommt, liegt an der Sturheit der Mayers: "Mein Vater und ich halten Mittelmäßigkeit für reine Zeitverschwendung." Klingt nach Manager-Stehsatz, wird aber angewendet.
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Zum Beispiel der Name des Hotels: Der "Dachsteinkönig" ist eine Sage der Region. Statt irgendein gelbes Großaugenbunnykatzerl als Maskottchen zu erfinden, verarbeitete man die Geschichte. Die drei Stockwerke heißen nach den Sagenfiguren Stier Toni, Hund Liesl und Hahn Luki, wenn der Lift aufgeht, werden die Tiere genannt, auf den Zimmerkarten sind sie zu sehen. Die Sage wurde neu illustriert, beim Einchecken bekommt man sie als Bilderbuch, beim Essen als Malvorlagen, im Kinderzimmer als Bettzeug.
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"Und wir haben zwei Künstler beauftragt, sie als Musical zu inszenieren. Das können die Kinder einstudieren, einmal in der Woche wird es aufgeführt." Gemäß der Sage wird es sich um das Thema Sharing/Teilen drehen. "Einerseits um Kinder, die nicht so viel haben, andererseits dass Eltern Zeit mit ihren Kindern teilen sollen", erklärt Mayer. Gesellschaftskritisch also auch noch, wie gesagt, man hat viel richtig gemacht. Deshalb und wegen des üppigen Preises muss man sich bemühen, mit den Kindern auch rauszukommen, man will ja Badeabenteuerland und Indoor-Kartbahn nutzen. Dabei ist "die Gosau" eine wunderschöne Region zum Wandern. Und die Skipiste direkt gegenüber.

Der Autor

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Autor Axel N. Halbhuber weiß wovon er spricht. Als er mit seinem Sohn Valentin in Karenz ging, nahm er sich vor, ihm die Welt zu zeigen. Daraus wurden zwölf erste Trips und eine KURIER-Serie. Nun hat er seine Erfahrungen, Ideen und Tipps in ein Buch gepresst. Seine These: Reisen mit Kind funktioniert nicht nur, Kinder sind die besseren Reisenden. Weil sie keine Sehenswürdigkeiten abarbeiten.

Kritisch und humorvoll stellt er Fragen wie: Warum ändern Menschen ihr Reiseverhalten, wenn sie Eltern werden? Warum tauschen sie Rucksack gegen Koffer und abgelegene Pfade gegen ausgetretene Adriastrände? Schlussendlich hat der Sohn dem Vater die Welt gezeigt – auf Reisen von Berg bis Meer, Kreuzfahrt bis Babytherme, Wohnmobil bis Rad, Madrid und London bis Jordanien. (cka)

Buchtipp: „Reisen ist ein Kinderspiel – Wie Valentin seinem Vater die Welt zeigt“, Amalthea, 224 Seiten mit 95 Bildern, 23 Euro (erscheint am 5. Jänner)

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Info

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Anreise Woher man auch kommt, Gosau liegt nie auf dem Weg. Mit dem Zug über Attnang-Puchheim oder Golling-Abtenau, nach Gosau führt nur der Bus.

Umgebung Gosau liegt am Fuße des Dachsteins, genauer am Gosaukamm, der Grenze zwischen Oberösterreich und Salzburg. Der Ort zieht sich im breiten Tal bis zum Gosausee, der Touristenmagnet und Einstieg in die Bergwelt zugleich ist. Das Skigebiet liegt vor dem Hotel, die Skischule hat Kinderkurse: www.skigosau.at

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Dachsteinkönig Namensgeber für das „Leading Family Hotel & Resort“ ist eine Sage, die von Bilderbuch bis Bettzeug verarbeitet wird. Das Hotel bietet für alle Gäste umfassendes All-Inclusive (exkl. alkohol. Getränke), gratis Kinderbetreuung ab dem 7. Lebenstag und sehr viel Programm. Ebenfalls zur Verfügung gestellt (u.a.): Babyequipment und -nahrung, Gitterbett und Wippe, Rückentrage und Buggy, Fahrräder und Schlitten. So viel Leistung kostet, der Preis variiert nach Termin, Dauer, Angeboten und Zimmer – 105 Suiten („Suite Toni“ oder „Suite Liesl“ mit Kuschel- ecke) und 12 Chalets. Beispiel: 28.1. – 11.2. und 4.3. – 17.4. 2017 pro Erw. ab 250 €/Nacht, im teuersten Chalet 381 €. Kinder zahlen immer zwischen 40 € (0–3 J.) und 60 € (12–16 J.).www.dachsteinkoenig.at