Leben/Reise

Brünn: Mehr als Villa Tugendhat

Parallel zur Kinnlade der Besucher bewegt sich eine gesamte Fensterfront der Villa Tugendhat in Brünn nach unten. Bis sie vollkommen im Boden versunken ist. Beeindruckend ist das, weil der elektrische Mechanismus kein moderner Hightech-Schnickschnack ist, sondern schon sehr lange funktioniert.

Das vom Architekten Ludwig Mies van der Rohe geplante Haus wurde von 1929 bis 1930 für das Ehepaar Fritz und Grete Tugendhat gebaut, eine reiche jüdische Familie. Ein Meilenstein moderner Architektur in Europa, heute Museum und seit 2001 UNESCO Weltkulturerbe.

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Nur acht Jahre wohnte die Familie mit ihren fünf Kindern in dem Haus mit prächtigem Garten, mit Blick über die Stadt. 1938 flüchteten sie in die Schweiz und emigrierten später nach Venezuela. Schätzungen zufolge kostete die Villa fünf Millionen Vorkriegskronen, für die man damals etwa zehn durchschnittliche Mietshäuser kaufen konnte. Alleine die massive Onyxwand, die den Sitzbereich abtrennt, soll 200.000 Kronen gekostet haben. Nur weil sie ein vifer Nachbesitzer hinter neuen Wänden versteckt hat, konnte sie die Belagerung der Sowjetischen Armee nach 1945 überstehen. Im Gegensatz zu vielen Möbeln, die zu Brennholz gemacht wurden und nun anhand von Fotos durch Nachbildungen ersetzt wurden.

Die Villa Tugendhat ist nicht der einzige Grund für einen Besuch in Brünn, das mit der Bahn nur eineinhalb Stunden von Wien entfernt ist. Praktisch: Vom Bahnhof ist alles fußläufig oder mit den Öffis erreichbar. Shops, Cafés, Restaurants oder Bars, wo das berühmte tschechische Bier ausgeschenkt wird, laden zum Flanieren, Genießen und Verweilen ein.

Von oben und unten

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Einen Überblick über die zweitgrößte Stadt des Landes verschafft man sich vom Turm des Alten Rathauses. Doch bevor es nach oben geht, führt der Weg vorbei am legendenumwobenen Brünner Drachen (eigentlich ein Krokodil), der von der gewölbten Decke des Durchgangs hängt. Sagenumwoben ist auch das verbogene Türmchen auf dem Portal über dem Durchgang. Von dem heißt es, der Baumeister, Anton Pilgram, hätte es absichtlich verbogen, weil er mit der Bezahlung seiner Arbeit nicht zufrieden war. 151 Stufen sind zu meistern, bis sich oben ein schöner Blick auf die Innenstadt offenbart.
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Am Krautmarkt, nur ein paar Schritte weiter, herrscht buntes Markttreiben. Hier werden schon seit der Gründung der Stadt am Anfang des 13. Jh. Waren feilgeboten. Gelagert wurden sie damals in den Kellern unter dem Platz in einem "Labyrinth" das noch heute besichtigt werden kann. In den Schaukellern sind die Lebensmittellager und ein mittelalterliches Wirtshaus nachgestellt.
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Wieder an der Oberfläche, geht es auf den Freiheitsplatz, wo die kurioseste Uhr Tschechiens zu sehen ist. Die Uhrzeit? Kann man nur raten. Wenig sinnvoll also, mit der Form einer Patronenhülse auch nicht wirklich hübsch. Im Gegensatz zu den schmucken Häusern am Platz – der wahrscheinlich älteste und größte der Stadt.
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Noch ein Panorama der Stadt wartet auf Besucher der Burg Špilberk, im 17. und 18. Jahrhundert die mächtigste Festung Mährens, heute Sitz des Museums der Stadt Brünn.
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Und auch hier lohnt sich der gruselige Weg nach unten: In den Burggraben wurden im 18. Jahrhundert Kasematten gebaut, die später zum Gefängnis für die gefährlichsten Verbrecher umgewandelt wurde.

Brünn, von oben bis unten eine Reise wert.

Info

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Anreise Wer mit der Bahn anreist, vermeidet Verkehrschaos in der Stadt. Railjet-Verbindung im Zweistundentakt direkt von Wien nach Brünn, 1 h 27 min, Sparschiene ab 9 €,16,40 € mit Vorteilscard, regulär um 27,60 €, WLAN an Bord.www.oebb.at

Währung 1 € = ca. 27 Tschechische Kronen (CZK)

Essen & Trinken Kavárna Era, hippes Restaurant im funktionalistischen Stil in der Nähe der Villa Tugendhat, wechselnde Speisekarte (Burger ca. 7 €, hausgemachte Limo ca. 2 €, Bier ca. 1,20 €). Zemědělská 1686/30
– Besichtigung und Bier-Verkostung in der Brauerei Hauskrecht. www.hauskrecht.cz

Villa Tugendhat Sicherheitshalber zwei Monate im Voraus reservieren,Tel. +42 (0)515/ 511 015, Eintritt: 300 CZK (ca. 11€), Di. bis So. von 10 bis 18 Uhr, info@tugendhat.eu, tugendhat.eu/en

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Angebot 2 Tage Brünn mit Ballettklassiker "Der Nussknacker", 3.–4.12.2016: Vom Weihnachtsmarkt in Tschaikowskys Märchenwelt, vom Krautmarkt zur Villa Tugendhat, Busreise ab 229 €/P/DZ, Details: Blaguss, Tel. 01/ 50 180-100, blaguss.at

Termine St.-Martins-Weinprobe in Brünn: 11. November 2016, größte Verkostung von St.-Martins-Weinen, Segnung in der St.-Peter-und- Paul-Kathedrale, Umzug mit dem
hl. Martin an der Spitze durch das Stadtzentrum.
– „Brünner Weihnachten“ spielt sich von 27. Nov. bis 23. Dez. verteilt in der ganzen Stadt ab, mit Konzerten, Theater und Krippe. brnenskevanoce.cz/de

Auskunft Tschechische Zentrale für Tourismus, wien@czechtourism.com czechtourism.com, gobrno.cz