Bezauberndes Lettland: Hier winkt überall das Glück
Von Lisa Trompisch
Die Luft ist klar und kalt, der Schnee knirscht da, wo eigentlich Sand sein sollte, unter den Füßen. Man lauscht fast angestrengt nach dem Geräusch der Wellen, das kaum die Stille durchbricht, denn meterweit bedeckt eine Eisschicht das Meer. Dort, wo sich im Sommer viele Besucher tummeln, ist im Winter ganz viel Platz – der Stress fällt wie von alleine von einem ab. Man hat das Gefühl, endlich mal wieder richtig atmen zu können.
Jurmala ist die größte Küstenstadt an der Ostsee und zählt zu den ältesten Kurorten des Baltikums, bekannt für heilende Schlamm- und Mineralwasserbäder sowie die Kiefernwälder. Es liegt nur fünfundzwanzig Kilometer vom Zentrum Rigas entfernt, ist mit Bus oder Zug leicht zu erreichen (am besten bei der Station Majori aussteigen).
Entzückend auch die Architektur. Die Holzhäuser mit den Türmchen und verglasten Veranden dürfen nicht höher sein als die Bäume. Hier dreht sich alles ums Verwöhnen. Angefangen von entspannenden Spa-Behandlungen über kulinarische Highlights wie die geräucherten Fischgerichte, ein Bummel durch die Jomas-Straße, vorbei an Geschäften, wo Kunsthandwerk angeboten wird und Restaurants, über einen Spaziergang durch den weihnachtlich beleuchteten Waldpark Dzintari.
Wer abergläubisch ist, sollte einen Abstecher zum Schildkröten-Denkmal machen, denn wer es berührt, dem soll ein langes Leben beschert sein.
Sehr empfehlenswert ist ein Besuch oder gar eine Übernachtung im Herrenhaus von Daniel Jahn in Kuksu Muiza (45 Minuten Autofahrt von Jurmala entfernt). Mit viel Hingabe hat der gebürtige Deutsche das historische Gebäude, das er 1999 praktisch als Ruine erworben hat, restauriert und ein wahres Juwel daraus gemacht. Hohe Räume, wundervolle Wandmalereien (elf Schichten mussten abgetragen werden, um diese wieder zum Vorschein zu bringen), antike Möbel, Prunk und Brokat versetzen die Gäste in eine andere Zeit.
Hier kocht der Hausherr selbst. Und auch noch ausgezeichnet. Karfiolschaumsüppchen mit Trüffeln und Hirschbraten mit Maroni munden vorzüglich, die Kachelöfen verbreiten eine wohlige Wärme und Kerzen beleuchten den Tisch. Das Einzige, woran man merkt, dass man noch im Hier und Jetzt ist, ist der WLAN-Empfang.
Weiter geht es mit der Zeitreise, denn auch in Kuldiga (Goldingen) scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Die Mittelalterstadt (155 Kilometer von Riga) samt der berühmten roten Backsteinbrücke steht auf der Anwärterliste des UNESCO-Weltkulturerbes – man ist äußerst bemüht, die alte Bausubstanz zu erhalten.
Goldingen, wo sich der breiteste Wasserfall Europas befindet, ist eine gern genutzte Filmkulisse. Auch hier kann man etwas für hohes Alter tun: Vor dem Rathaus findet man eine Bronzestatue des beliebten lettischen Schauspielers Evalds Valters ( 26. September 1994). Es heißt, wenn man sich zu ihm auf ein Tässchen Tee setzt, wird man hundert Jahre alt.
Apropos Tässchen, einen wirklich guten Kaffee gibt es in der Rösterei Curonia. Der Besitzer Klavs Šlakorcins ist mit seinem Hipsterbart und den Tattoos ganz nett anzusehen. Hier spielt Geschichte und Gegenwart perfekt zusammen.
Advent in der Handelsstadt
In Riga selbst spürt man an jeder Ecke die Vergangenheit. Mehr als achthundert wunderschöne Jugendstilbauten prägen das Stadtbild. Man kann aber auch einen Abstecher ins Mittelalter machen, denn die historischen Gässchen (ent)führen in eine andere Zeit. Alte Kaufmannshäuser erinnern daran, dass Riga bedeutende Handelsstadt war.
Hinter der St. Petri-Kirche findet man übrigens die Bremer Stadtmusikanten, ein Geschenk von Bremen. Das Rubbeln der Nasen der Tiere soll Glück bringen.
Heißer Tipp, vor allem bei den doch recht frischen Temperaturen: Unbedingt einen Schwarzen Balsam (lettischer Likör aus vierundzwanzig Zutaten wie Kräuter, Beeren und Blüten) mit heißem Ribiselsaft trinken! Wärmt nicht nur, sondern hat angeblich eine wohltuende medizinische Wirkung.
So ist man gestärkt, um über den schönen Weihnachtsmarkt in der Altstadt zu wandern (1. Dezember bis 6. Jänner) oder den Zentralmarkt (in fünf ehemaligen Zeppelin-Hangars) zu besuchen.
Hier gibt es alles, was das kulinarische Herz begehrt. Unbedingt das Roggenbrot probieren, denn die Letten rühmen sich, das Beste zu backen. Herrlich mit Hanfbutter. Es hält auch recht lange.
Vielleicht auch Tuppergeschirr mitnehmen, denn das eingelegte Gemüse schmeckt auch zu Hause gut. Genau wie die Sprotten in Öl und die Laima-Schokolade. Den Letten zufolge stand übrigens der erste Weihnachtsbaum in Riga – demnach ist die Stadt wohl wirklich perfekt für einen Adventurlaub.
Alle Infos dazu:
Anreise:
Air Baltic fliegt ab November bis zu 11-mal pro Woche von Wien nach Riga (airbaltic.com)
Wer den -Ausstoß kompensieren will (z. B. climateaustria.at), zahlt ab/bis Wien 7 €
Essen und Trinken:
–Goldingen Room in Kuldiga: mediterrane Küche (der Schweinebauch ist sehr zu empfehlen)
– Kalku varti in Riga: moderne, gehobene lettische Küche
Übernachten:
– Jurmala: 4* Hotel Jurmala Spa; wenige Gehminuten vom Strand entfernt; je nach Saison DZ ab 60 €; (hoteljurmala.co)
– Herrenhaus in Kuksu Muiza; je nach Verfügbarkeit ab 175 € pro DZ; (kuksumuiza.lv)
– Kuldiga: B&B „Noliktava No 5“; DZ ab 80 € (z.B. über booking.com)
– Riga: 4* Wellton Riverside Spa Hotel; je nach Saion ab 80 € das DZ; (wellton.com)
Auskunft:
Riga: LiveRiga.com
Jurmala: visitjurmala.lv
Kuldiga: visit.kuldiga.lv
Lettland allg.: latvia.travel/de