Wie geht´s mit den Corona-Strafen weiter? Regierung zur Amnestie abwartend
Von Ida Metzger
Ob es nach der weitgehenden Aufhebung der in der Corona-Krise verhängten Ausgangsbeschränkungen auch eine Rückerstattung bereits bezahlter Strafen geben wird, ist unklar. Die Landeshauptleute von Wien und Oberösterreich, Michael Ludwig (SPÖ) und Thomas Stelzer (ÖVP) drängten auf eine bundesweit einheitliche Lösung. Und die Opposition kritisiert die Regierung scharf und fordert eine sogar eine Rückerstattung der Strafen. Aber was sagt die Regierung dazu?
"Bürgerfreundliche Lösung"
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) versprach, dass man sich den Text des Verfassungsgerichtshofes "genau anschauen werde und eine bürgerfreundliche Lösung finden wird". Aber prinzipiell hat der Verfassungsgerichtshof festgestellt, dass das Recht die "persönliche Freiheit einzuschränken legitim sei, wenn es Gesundheitsschutz dient". "Aber es sei eine Ermächtigung von Betretenen von „bestimmten Orten“ geschaffen worden. Das sind aber nicht allgemeine Orte. Der VfGH sagt, wir hätten von Anfang an diese Orte klar definieren müssen", erklärt Anschober den Fehler.
"Lehren daraus ziehen"
Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) zeigte sich am Mittwoch abwartend.
Eigentlich war Edtstadler mit den Landeshauptleuten vor die Medien getreten, um über eine gemeinsame Arbeitsgruppe zur Föderalismusreform zu sprechen. Hauptthema war dann aber doch der kurz zuvor veröffentlichte Spruch der Verfassungsrichter. Edtstadler äußerte sich dazu zurückhaltend. Sie habe "höchsten Respekt und Anerkennung" für das Erkenntnis, müsse es aber erst im Detail prüfen: "Wir werden die Lehren daraus ziehen."
Versäumnisse in ihrer Rolle als Verfassungsministerin sieht Edtstadler bei sich nicht, wie sie auf Nachfrage klar machte. "Eine Verordnung wird immer im Aufgabenbereich des jeweiligen Ministers erstellt", betonte Edtstadler, ohne Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) namentlich zu nennen. Sie habe die Expertise des Verfassungsdienstes im Kanzleramt dafür angeboten.
"Bundesweite Lösung"
Offen ließ Edtstadler, wie mit bereits rechtskräftig gewordenen Strafen umgegangen wird, die aufgrund der nun aufgehobenen Verordnung verhängt wurden. Ludwig und Stelzer plädierten für eine bundesweit einheitliche Regelung. "Von daher warten die auf den Vorschlag, der von der Bundesregierung kommt", sagte der Wiener Bürgermeister. Eine Generalamnestie für die vom Wiener Magistrat erlassenen Strafen denkt er nicht an: "Ich kenne kein einziges Bundesland, das das umgesetzt hätte."
Ähnlich Oberösterreichs Landeshauptmann Stelzer, der für eine "einheitliche Vorgangsweise" in ganz Österreich plädierte. Burgenlands Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil (SPÖ) und Tirols Günther Platter (ÖVP) können sich bezüglich der Altfälle allenfalls eine Einzelfallprüfung vorstellen. Eine Generalamnestie sei rechtlich gar nicht möglich, befand Doskozil.
Weisung von Anschober möglich
Nach dem Spruch des Verfassungsgerichtshofs , wonach die Verordnung zu den Corona-Ausgangsbeschränkungen im wesentlichen gesetzeswidrig war, stellt sich auch die Frage, was mit nicht beeinspruchten Strafen passiert. Peter Bußjäger, Uni-Professor am Institut für öffentliches Recht, Staats- und Verwaltungslehre in Innsbruck, erklärte, dass diese nicht automatisch hinfällig seien.
Es geht um jene Personen, die bestraft wurden und kein Rechtsmittel erhoben haben. Laut Bußjäger ist laut Verwaltungsstrafgesetz eine Rückzahlung möglich, wo offenkundig rechtswidrig bestraft wurde. Dies sei aber eine Kann-Bestimmung. Die zuständigen Behörden müssten aber jedenfalls gleichbehandelnd vorgehen, könnten also nicht in einem Fall zurückzahlen, in einem anderen nicht. Für Einheitlichkeit zwischen den Behörden könnte Minister Rudolf Anschober (Grüne) mit einer Weisung sorgen.Zu noch offenen VfGH-Entscheidungen zählt für Bußjäger die vom Wiener Landesverwaltungsgericht aufgeworfene Frage, ob die Verletzung der Abstandsregel unter Strafe zu stellen sei. "Die Sache ist relativ kompliziert, da sind noch offene Fragen", sagte er.
Ampelsystem muss schnell kommen
Am Zug sehen Doskozil und Stelzer den Bund nun beim angekündigten Ampelsystem. Beide drängten darauf, rasch zu erfahren, welche Folgen die "Ampel" haben soll. "Was ich bis dato persönlich vom Ampelsystem kenne, sind die Farben, nicht die Inhalte", kritisierte Doskozil. Stelzer forderte zudem, dass der Bund nicht nur Vorschläge, sondern rechtsverbindliche Vorgaben machen soll. Und ein wenig Skepsis ließ er ebenfalls durchklingen, denn die Ampelfarbe Grün könnte aus seiner Sicht signalisieren, dass alles in Ordnung sei und gar keine Vorsichtsmaßnahmen gelten.
Scharfe Kritik an den von der Regierung am Dienstag angekündigten neuen Maßnahmen - darunter die Maskenpflicht - hatte zuvor Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) geübt. Er sprach in einer Aussendung von einem "Placebo" und forderte ein darüber hinausgehendes Maßnahmenpaket, insbesondere die angekündigten "Leitlinien" für den Umgang mit dem geplanten Ampelsystem.