Welt-Klimabericht zeigt hohe Verwundbarkeit Europas
Europa erwärmt sich schneller als der globale Schnitt, das zeige sich deutlich: "Wichtig ist, dass sich die Auswirkungen nicht in allen Regionen auf gleiche Weise niederschlagen", sagt die Paläobiologin Daniela Schmidt und Leitautorin des IPCC-Sachstandsberichtskapitels zu Europa. Vier Schlüsselrisiken wurden für den Kontinent ermittelt: Hitze, daraus resultierende erhöhte Sterblichkeit, Wasserknappheit und Überschwemmungen - aber auch die dazugehörenden Anpassungsoptionen.
Schmidt, die an der University of Bristol in Großbritannien forscht, nennt messbare Größen wie Hitze, Dürre, Überflutungen als die Entwicklungen, die in den vergangenen Jahrzehnten registriert wurden. Aufgrund des regionalen Auftretens seien auch die Unterschiede zwischen den Regionen größer geworden, so die koordinierende Leitautorin. Die derzeitige Erwärmung um 1,1 Grad beeinträchtigt bereits mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit natürliche und menschliche Systeme in Europa, heißt es in den Ergebnissen für Europa.
Vier Schlüsselrisiken
Die vier Schlüsselrisiken steigen in ihren Auswirkungen und ab drei Grad globaler Erderhitzung gehen die Forschenden davon aus, dass selbst bei hohen Anpassungsraten für viele Sektoren in Europa ernste Risiken bestehen bleiben. So werde etwa die Zahl der Todesfälle und die Zahl der durch Hitzestress gefährdeten Menschen bei drei Grad im Vergleich zu 1,5 Grad um das Zwei- bis Dreifache ansteigen. Bei über drei Grad Celsius endet mit hoher Wahrscheinlichkeit dann auch jegliches Anpassungspotenzial der Menschen und der bestehenden Gesundheitssysteme.
Was das zweite Schlüsselrisiko, den Hitze- und Trockenheitsstress für Nutzpflanzen betrifft, so werden im laufenden Jahrhundert laut IPCC für die meisten europäischen Gebiete mit hoher Wahrscheinlichkeit beträchtliche Verluste in der landwirtschaftlichen Produktion prognostiziert. Die Bewässerung ist zwar eine wirksame Anpassungsoption, jedoch wurde die Wasserknappheit auch als drittes Schlüsselrisiko definiert, schon bei einer Erderwärmung um zwei Grad werde in Südeuropa mehr als ein Drittel der Bevölkerung an Mangel leiden. Für West-, Mittel- und Südeuropa und für viele Städte wird das Risiko der Wasserknappheit auch bei unter drei Grad stark zunehmen.
Auch das Risiko für Überschwemmungen und einen Meeresspiegelanstieg steigt in Europa durch die Klimakrise immer weiter. Wenn drei Grad Erderhitzung überschritten werden, können sich die finanziellen Schadensummen sowie die Zahl der von Niederschlägen und Flussüberschwemmungen betroffenen Menschen verdoppeln. Die Überschwemmungsschäden an den Küsten werden mit hoher Wahrscheinlichkeit bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um mindestens das Zehnfache zunehmen, bei den derzeitigen Anpassungs- und Minderungsmaßnahmen sogar noch stärker oder früher.
Anpassungsoptionen
Zu den Risiken gibt es jedoch auch eine wachsende Zahl von Anpassungsoptionen, um mit den künftigen Klimarisiken umzugehen. So wird als Reaktion auf die Hitze eine Verhaltensänderung in Kombination mit baulichen Maßnahmen genannt. Neben der Bewässerung in der Landwirtschaft zählt etwa eine Änderungen der Anbaumethoden dazu. Dem Schlüsselrisiko "Wasserknappheit" könne mit Effizienzsteigerung bei der Nutzung, Wasserspeicherung und Frühwarnsystemen begegnet werden.
Frühwarnsysteme sind auch eine Option bei den Überschwemmungen, daneben werden etwa Landnutzungsänderung, aber auch ein kontrollierter Rückzug aus den gefährdeten Gebieten genannt. Haupthindernisse zu Umsetzung sind jedoch begrenzte Ressourcen, und ein mangelndes Engagement des Privatsektors und der Bürger und Bürgerinnen. Auch eine unzureichende Mobilisierung von Finanzmitteln, die fehlende politische Führung und ein geringes Bewusstsein für die Dringlichkeit werden genannt. Die meisten Anpassungsoptionen an die Hauptrisiken hängen zudem von begrenzten Wasser- und Landressourcen ab, Zielkonflikte könnten daher mit hoher Wahrscheinlichkeit die Folge sein.