Politik/Inland

Was hat Covid-19 mit den Schulen angestellt?

Wie sind eigentlich die Schulen durch die Covid-19-Krise gekommen; und was sind die großen Lehren für den Schulstart im Herbst?

Nachdem am Freitag auch im Westen Österreichs die Zeugnisse verteilt und 650.000 Schüler in die Sommerferien entlassen worden sind, stellen sich nicht nur in der Bundesregierung Fragen wie diese. Für Bildungsminister Heinz Faßmann steht eines jedenfalls außer Frage, nämlich: Vereinzelte positive Covid-19-Testungen dürfen nicht wieder dazu führen, dass in ganzen Landstrichen der Unterricht gestrichen wird. Zur Erinnerung: In Oberösterreich haben knapp 30 Fälle gereicht, um in fünf Bezirken die Schulen für rund 85.000 Schüler zu schließen.

Was genau der Lockdown, die Wirtschaftskrise, ja die gesamte Corona-Situation mit den Schülern "angestellt" haben, das wird die Wissenschaft in den nächsten Monaten und Jahren erforschen.  
Einige grobe Schlüsse lassen sich aber schon jetzt ziehen, wie beispielsweise die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der SPÖ-Fraktion an  den Bildungsminister zeigen. 
Im Wesentlichen hat das Bildungsressort folgende Problemfelder beim Unterricht daheim ("Distance Learning") ausgemacht: 

Zu viele Plattformen

Es war offensichtlich ein massives Problem, dass man die Frage, wie die Schulen bzw. die Lehrer mit ihren Schülern in Kontakt bleiben, diesen selbst überlässt. Die Konsequenz: Das Ministerium ersucht die Schulen nun, dass innerhalb einer Schule "möglichst einheitliche Bildungstechnologien" eingesetzt werden.

Das ändert freilich nichts daran, dass die Schulen nicht auf die "Blitzdigitalisierung" vorbereitet waren. Es oblag vielfach den Klassenlehrern zu entscheiden, welche Lehr- und Lernplattform genutzt werden. So kam es vielfach vor, dass sich die Kinder (bzw. deren Eltern) auf vier oder mehr Plattformen anmelden mussten. Auch das soll jetzt für jede Schule "einheitlich" gelöst werden.

Unterschiedliche Belastung der Schüler

Eine weitere, spannende Erkenntnis, die aus der Anfrage-Beantwortung hervorgeht, ist diese: Das Ausmaß des "Workloads" war höchst unterschiedlich. So schreibt das Bildungsministerium, dass es selbst innerhalb einzelner Klassenverbände dazu gekommen ist, dass die Arbeitsaufträge für die Schüler eher unausgewogen waren. Anders gesagt: Bei Arbeitsaufträgen und Hausübungen war es oft dem einzelnen Lehrer überlassen zu entscheiden, wie viel den Schülern zugemutet werden kann. Inzwischen wurden die Schulleitungen ersucht darauf zu achten, dass sich die Lehrkräfte "gut abstimmen".

Als weiteres Problem wurden jene Pädagogen identifiziert, die "wenig Erfahrung im Aufbereiten und Gestalten von Fernlehre mit "Informations- und Kommunikationstechnologien" aufwiesen. Da verweist das Ministerium etwa auf Crashkurse über das "Distance Learning Serviceportal", mit dem niederschwellige Qualifizierungsangebote (Webinare, Kurzvideos) bereitgestellt wurden. Das Problem dabei: Teilweise sollen in einzelnen Webinaren mehrere hundert Teilnehmer unterrichtet worden sein. Die Qualität dieses "Unterrichts" darf zumindest hinterfragt werden.

"Backup"-Plan

Aus den genannten Gründen haben die Grünen am Freitag einen "Backup"-Plan vorgestellt. "Wir müssen immer damit rechnen, dass es wie in Oberösterreich lokal in einzelnen Schulen oder Gemeinden wieder eine Einschränkung und Ausdünnung geben muss", sagt die grüne Bildungssprecherin Sibylle Hamann. Ihr Plan sieht acht Punkte vor, zu denen unter anderem das Lernen im Freien, ein Mentorenprogramm und das Einrichten von "Lernstationen (ruhiger Arbeitsplatz mit Computer, Büchern, Arbeitsunterlagen) an den Schulen vor. Für Hamann ist es wichtig, dass der Betreuungsbedarf in den Schulen maximal erhalten bleibt. "Es darf kein Abwimmeln der Eltern geben, kein Einholen von Bestätigungen für ,Unabkömmlichkeit am Arbeitsplatz' und kein Ruhigstellen der Kinder." Der Unterricht solle so viel wie möglich im Freien stattfinden. Mit Heinz Faßmann ist der Plan besprochen und wird, so die Grünen, inhaltlich auch in weiten Teilen mitgetragen bzw. bereits umgesetzt. 

In einem Punkt soll es ab September eine spürbare Verbesserung geben: Bis zu 1.000 Langzeitarbeitslose und Wiedereinsteiger sollen Direktoren und Pädagogen bei der Verwaltung entlasten. Damit wird eine jahrzehntelange Forderung der Lehrervertreter aufgegriffen, die darüber geklagt hatten, dass meist die bestbezahlten Pädagogen, nämlich die Schulleiter, die administrativen Aufgaben übernehmen mussten. Da die Stellen vor allem für Langzeitarbeitslose sind, wird ein Teil des Gehalts vom Arbeitsmarktservice übernommen.

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