Was Ethikunterricht bringt? "Müssen weg von der Wirtshausdiskussion"
Von Bernhard Gaul
"Natürlich ist das ein Feiertag", sagt Georg Gauss nicht unbescheiden. Der Sprecher der Bundes-Arbeitsgemeinschaft Ethik (der auch den aktuellen Ethik-Lehrplan erstellt hat) wirkt sichtlich gelöst an diesem Tag, der nach jahrzehntelangem Reden eine Entscheidung brachte. Seit 21 Jahren gebe es die Diskussion über das Unterrichtsfach Ethik, erzählt der Lehrer vom BORG Mistelbach. Und an diesem Mittwoch fällt im Ministerrat endlich ein Beschluss.
Teures Schulfach
"Natürlich hätte ich mir einen Ethik-Unterricht für alle gewünscht. Mir ist aber klar, dass das nicht leistbar ist, oder wir uns das nicht leisten wollen", gibt der Pädagoge, der seit zehn Jahren in der Arbeitsgemeinschaft tätig ist, zu. "Natürlich ist mir das Thema ein großes Anliegen." Und dann erzählt er von seinem Schulumfeld. "Mich freut’s, wenn ich sehe, wie unsere Schüler den Ethik-Unterricht positiv annehmen, was für eine tolle Möglichkeit es ist, sich mit vielen verschiedenen Themen zu beschäftigen und darüber nachdenken zu können. Wie diskutiert wird, wenn Argumente und Fakten vorliegen, und die Schüler das dann in ihr Lebens- und Weltbild einbauen können."
Andere Meinungen
Es sei wichtig, dass man weggehe von einer "Wirtshausdiskussion" hin zu einer Diskussion mit belegbaren Argumenten. "Und dass wir lernen, Vorurteile abzubauen, zuhören lernen, andere Meinungen akzeptieren und sehen, dass die andere Seite auch gute Argumente hat."
Es gebe kaum ein Thema, das keine ethischen Verflechtungen habe, erklärt der Ethik-Lehrer. "Ob das Medienethik und die zurzeit sehr relevante Frage nach Fake News ist. Oder die Frage, warum Sportler nicht dopen sollten, warum wir Fairness in einem breiten Sinn brauchen. Aber auch zur Frage der Wirtschaftsethik, was moralisch in Ordnung ist."
Mehr Abmeldungen?
Gauss glaubt nicht, dass es durch die Wahlmöglichkeit zwischen Religions- oder Ethikunterricht zu großen Verschiebungen kommen wird. "Wir stellen jetzt schon fest, dass das vor allem von der Persönlichkeit der Lehrenden abhängt, aber natürlich auch von den persönlichen Interessen – und was der Freundeskreis macht."
Der Prozentsatz der Schüler, die sich vom Religionsunterricht abmelden, sei seit Jahren gleich niedrig, erzählt Gauss, doch sei schon lange zu beobachten, dass es immer mehr Schüler "ohne Bekenntnis" gebe. "Da hat der Ethikunterricht in Zukunft den Vorteil, dass alle wieder zusammenkommen und über gesellschaftliche Themen diskutieren."