Was die Rechenschaftsberichte der Parteien verraten
Seit der Ibiza-Affäre sind die Parteifinanzen in den Fokus gerückt. Was nehmen die Parteien ein? Wer sind die Spender? Und wieviel geben sie für ihre Wahlkämpfe aus? Am Freitag hat der Rechnungshof (RH) die Rechenschaftsberichte der Parteien für das Wahljahr 2017 veröffentlicht.
Mit Ausnahme der FPÖ. Deren Bericht liegt zwar vor, wurde vom RH wegen fehlender Unterschriften aber noch nicht bewertet.
Überzogene Wahlkämpfe
Während es bei Neos, Liste Pilz (heute Liste Jetzt) und Grünen nichts zu bemängeln gibt, fanden die RH-Prüfer bei ÖVP und SPÖ doch einiges, was sie dem Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat im Bundeskanzleramt meldeten.
Angezeigt werden Türkis und Rot unter anderem wegen ihrer überzogenen Wahlkampfkosten. Mit den Rechenschaftsberichten sind auch die Abrechnungen dazu offiziell. Die ÖVP, das war schon bekannt, hat die Wahlkampfkostenobergrenze von sieben Millionen deutlich überschritten: Exakt um 5.959.301,71 Euro.
Auch die FPÖ (ihr Rechenschaftsbericht liegt dem KURIER vor) lag 3.717.654.14 Euro über dem Limit. Bei der SPÖ betrug die Überschreitung 383.429.95 Euro. Alle drei Parteien werden ein Bußgeld zahlen müssen – allerdings deutlich weniger als das neue Parteiengesetz vorsieht. Die SPÖ wird rund 40.000 Euro bezahlen müssen, die FPÖ rund 565.000 Euro, die ÖVP bis zu einer Million.
Bei Neos (1,8. Mio. Euro Gesamtkosten) und Liste Pilz (220.897 Euro) war die Einhaltung des gesetzlichen Limits kein Problem.
Teures grünes Scheitern
Spannend sind die Wahlkampfkosten der Grünen. Nachdem diese aus dem Nationalrat geflogen waren, fragte niemand nach ihren Aufwendungen. Nun weiß man, die Grünen investierten mehr als 5,2 Millionen Euro in die erfolglose Kampagne. Zum Vergleich: Die deutschen Grünen zogen 2017 mit einem Budget von 5,5 Millionen Euro in den Bundestagswahlkampf. Während die deutschen auf 8,9 Prozent kamen, verpassten die österreichischen mit 3,8 Prozent den Einzug in den Nationalrat.
Nach der Wahl blieben die Grünen auf einem Schuldenberg von rund fünf Millionen Euro sitzen. Alleine im Wahljahr 2017 hatten sie 1,73 Millionen Euro an Krediten aufgenommen.
Kredit-König ÖVP
Peanuts freilich gegenüber den Bankverbindlichkeiten, die die ÖVP für die erfolgreiche Wahl von Sebastian Kurz einging: Die Kredite 2017 beliefen sich laut Rechenschaftsbericht auf 15 Millionen Euro. Von denen zahlen sie dem Vernehmen nach jährlich fünf zurück.
Die Freiheitlichen liehen sich 5 Millionen, die SPÖ 3,4 Millionen. Die Sozialdemokraten hatten damals kolportierte 20 Millionen Euro Schulden. Heute – in der Zwischenzeit hat man etwa das Gartenhotel Altmannsdorf verkauft – steht die SPÖ noch immer mit 12 Millionen Euro in der Kreide.
Nicht nur bei den Krediten hängte die ÖVP 2017 die übrigen Parteien ab, sondern auch bei den Parteispenden. Mit 4,4 Millionen Euro lukrierte man mehr als dreimal so viel wie die SPÖ. Diese nimmt dafür an Mitgliedsbeiträgen deutlich mehr ein als die ÖVP. Die Bundes-SPÖ kommt hier auf 4 Millionen Euro, die Bundes-ÖVP auf 1,6 - wobei die Volkspartei mit ihren Bünden eine völlig andere Mitgliedschaftsstruktur hat.
Unzulässige Spenden
Bei den türkisen Spenden fanden die RH-Prüfer allerdings einige Ungereimtheiten. So musste die ÖVP unzulässige Spenden über 10.000 Euro zurückzahlen. Die spendenden Unternehmen, zwei Tiroler Bergbahnen, befinden sich mehrheitlich in öffentlicher Hand. Laut Gesetz sind Spenden von Unternehmen, an denen die öffentliche Hand mit mindestens 25 Prozent beteiligt ist, verboten.
Weil seit Ibiza auch parteinahe Vereine ins Visier der Prüfer genommen werden, musste die ÖVP ihren ursprünglichen Bericht diesbezüglich nachschärfen und Spenden von drei Vereinen in Höhe von fast 74.000 Euro nachmelden. Ebenso eine Spende der schwarzen Tiroler Arbeiterkammerfraktion über 7000 Euro. Zwei der Vereine werden mittlerweile auch von der Staatsanwaltschaft untersucht.
Kritik an Stückelung
Überprüfen wird der Parteien-Transparenz-Senat auch, ob möglicherweise Tiroler Landesförderungen an einen Verein für den Wahlkampf eines ÖVP-Kandidaten verwendet wurden. Dieser trat damals nach entsprechenden Medienberichten zurück.
Nicht gemeldet wurden zudem Inserate in der Mitgliederzeitschrift der Wiener ÖVP-Senioren.
Kritik äußerte der Rechnungshof an der Praxis, Großspenden zu stückeln und damit sofortige Meldungen an den Rechnungshof zu umgehen. So hatte Porr-Großaktionär Klaus Ortner mehr als 400.000 Euro an die Volkspartei gespendet – allerdings in neun Tranchen, die jeweils unter der Melde-Grenze von 50.000 Euro lagen. Das sei zwar kein Verstoß gegen das Parteiengesetz, so der Rechnungshof, aber eben auch nicht im Sinne der Transparenz.
Rote Pensionisten und Gewerkschafter
Bezüglich der SPÖ wird der Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat zu klären haben, inwieweit Veranstaltungen außenstehender Vereine der Partei zuzurechnen sind. Konkret geht es um Events von Pensionistenverband und roten Gewerkschaftern (FSG). Diese haben statutarisch nichts mit der SPÖ zu tun, argumentiert die Partei. Darum seien die Veranstaltungen - die stark den Eindruck von Wahlkampfevents hatten – nicht einzurechnen.
Der Senat wird sich zudem den Verein „Wiener Kulturservice“ anschauen, der gemeinsam mit der SPÖ das Donauinselfest organisiert. Der Verdacht: Fördermittel für den Verein könnten an die Partei geflossen sein.
Billige Seegrundstücke für die Parteijugend
Als nicht zulässige Spende betrachtet der Rechnungshof die Verpachtung von Seegrundstücken in Oberösterreich an die Jugendorganisationen von SPÖ und ÖVP zu einem Spottpreis. Seit den 60er pachten Sozialistische Jugend und Junge Volkspartei vom Land Oberösterreich Grundstücke am Attersee und Mondsee für zehn Schilling bzw. 73 Cent pro Jahr. Für den Rechnungshof eine „nicht marktkonforme Pacht“ und damit eine „nicht zulässige Spende“.
Nachdem der oberösterreichische Landesrechnungshof die niedrige Pacht schon 2018 kritisiert hatte, wurde für die JVP der Pachtzins angehoben. Sie zahlt für den 14.000 Quadratmeter großen Campingplatz am Mondsee mittlerweile 92.591,40 Euro pro Jahr. Bei dem von der SJ gemietenten 37.000-Quadratmeter-Grundstück am Attersee steht eine Anhebung noch aus. Man sei auf der Suche nach einer adäquaten Pacht-Summe, heißt es aus der SP Oberösterreich.
Die erste Spende
Im laufenden Wahlkampf sind es übrigens die Grünen, die laut Rechnungshof eine erste nennenswerte Spende zu verzeichnen haben. Eine Wienerin spendete demnach 3.400 Euro an die Ökopartei. Durch das neue Parteiengesetz müssen Parteispenden über 2.500 Euro sofort dem Rechnungshof gemeldet und veröffentlicht werden. Spender dürfen einer Partei pro Jahr maximal 7.500 Euro zukommen lassen.