Politik/Inland

Warum die Regierung den UN-Migrationspakt ablehnt

„Die Regierung ist angetreten, um Ordnung bei Asyl und Migration zu schaffen“, betonte Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) am Mittwoch im Ministerrat. Um dann mit seinem Parteichef, Vizekanzler Heinz-Christian Strache, den UNO-Migrationspakt zu zerlegen. Die Regelungen in dem rechtlich nicht bindenden Papier könnten zu einem „Gewohnheitsrecht“ werden, kritisierte das Duo. Deswegen lehne Österreich den Pakt ab. Er enthalte toxische Passagen“, so Kickl. Konkret missfällt der Regierung, dass zu wenig zwischen Migranten und Flüchtlingen unterschieden werde. Auch der angepeilte Zugang zum Arbeitsmarkt, zum Bildungs- und Gesundheitswesen sowie der Familiennachzug wird bemängelt (siehe Faktencheck).

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Österreich ist kein Einwanderungsland“, stellte Kickl fest. Man müsse den EU-Ratsvorsitz „dafür nützen, um einen neuen Kurs voranzutreiben“, fügte er hinzu.

Sachlich bewertete Bildungsminister Heinz Faßmann (von der ÖVP nominiert) den UNO-Pakt. Er sei „richtig und zukunftsorientiert“, die UNO-Analyse hätte aber fundierter sein sollen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) war nicht anwesend, er weilte in Kärnten, um sich ein Bild von den Unwetterschäden zu machen.

Von der Opposition hagelte es Kritik. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker „bedauerte“ den Schritt der Regierung in Wien. Migration sei eine globale Herausforderung.

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"Schlechtes Signal"

Scharf formulierte der Menschen- und Völkerrechtler Manfred Nowak. „Das ist ein sehr, schlechtes Signal“, sagte er zum KURIER. In Zeiten, in denen der „Multilateralismus“ zurückgedrängt werde und US-Präsident Trump der UNO den Geldhahn zudrehe, komme der Schritt einer Schwächung der UNO gleich.

Auch das positive Image, das die Republik bisher gehabt habe, leide. „Österreich wurde in der UNO geachtet, weil es neutral ist und sich stark an UN-Einsätzen beteiligt“, analysiert Nowak. Erst kürzlich sei man in den Menschenrechtsrat aufgenommen worden. „Und als erste Botschaft in dieser Funktion sendet Österreich aus, dass es lieber mit Orbán (Ungarns Premier) und Donald Trump Sache machen will. Das ist eine ganz negative Botschaft. Zumal alle Blicke auf die Republik gerichtet sind – als EU-Vorsitzland.“ Das sei ein Schaden über die EU hinaus. Zudem könnte nun in dieser Frage der Bann gebrochen sein, andere Staaten könnten Österreich folgen.

Für den Experten steht außer Zweifel, dass man ein Regelwerk braucht, „wenn man bedenkt, dass sich in den nächsten Jahren bis zu 250 Millionen Menschen in Bewegung setzen. Die Augen davor zu verschließen und eine Festung Europa aufzubauen, ist keine geeignete Lösung“.