Politik/Inland

Vranitzky: "Spindelegger ist nicht Herr der Lage"

Der ehemalige Bundeskanzler, Finanzminister und langjährige Bankmanager Franz Vranitzky bezeichnet den Umgang mit der Hypo als "das größte bankwirtschaftliche Fiasko" in der jüngeren österreichischen Geschichte.

KURIER: Herr Vranitzky, wer ist verantwortlich?

Franz Vranitzky: Finanzminister Spindelegger ist nicht Herr der Lage. Der Minister muss sich die Frage gefallen lassen, welches Chaos sich unter seinen Augen und seiner Verantwortung abspielt?

Wie können verunsicherte Bürger beruhigt werden?

Seit Wochen melden sich zahlreiche wenig Berufene in zu Wort und nennen Horrorbeträge, die der Steuerzahler angeblich zu berappen hätte. Dass Leute verunsichert sind, ist ihnen nicht zu verdenken. Ein verantwortungsvoller Finanzminister muss Leadership zeigen. Experten wie Nowotny, Felderer, Hypo-Chef Picker haben Zugang zu den Fakten und damit zu einer realistischen Einschätzung der Lage. Sie können die Horrorzahlen entschärfen.

Was ist jetzt zu tun?

Nach Monaten des Herumeierns auch durch Finanzministerin Fekter, braucht es keine weiteren Berater und keine Taskforce. Vorstand und Aufsichtsrat der Hypo sind problembewusst. Es wurde schon sehr viel Geld für Berater ausgegeben. Der Staat in Person des Finanzministers muss den Bürgern die Lösung erklären, auch wenn Lasten zu tragen sind. Er muss die Bürger vor Scharlatanen, die Angst verbreiten, schützen.

Im Finanzministerium wird dieses Wochenende durchgearbeitet. Das Ziel von Ressortchef Michael Spindelegger ist, Anleihegläubiger der Hypo an den Kosten für den Abbau des Instituts zu beteiligen. Es soll eine rechtlich fundierte Lösung dafür gefunden werden, wie weit Anleihegläubiger, die zu spekulativen Zwecken Hypo-Anleihen gekauft haben, zur Kasse gebeten werden könnten. Ähnliches plant auch die EU im Rahmen des Bankeninsolvenz-Rechtes, die Verhandlungen auf EU-Ebene laufen aber noch.

Spindelegger betonte zuletzt, dass die Milliardenanleihe, die mit Bundeshaftung versehen ist, "selbstverständlich bedient" werde.

Genau der Punkt, ob es gelingt Anleihegläubiger zu einem Schuldenschnitt zu bewegen, hat zum Konflikt Spindeleggers mit Klaus Liebscher und in der Folge zu seinem Rücktritt als Hypo-Taskforce-Vorsitzender geführt.

Allerdings denkt auch sein Nachfolger, Notenbank-Gouverneur Ewald Nowotny ähnlich. Im Ö1-Mittagsjournal am Samstag bezeichnete er die Umsetzung als "problematisch, weil die Anleihe-Inhaber ihre Forderungen gegenüber dem Land Kärnten geltend machen könnten. Derzeit sind noch 12,5 Milliarden Euro dieser Papiere im Umlauf. "Kärnten würde dann voraussichtlich in Konkurs gehen", sagte Nowotny.

Nein zu Weisenrat

Als neuer Taskforce-Chef machte Nowotny im KURIER den Vorschlag, zur Aufklärung des Bank-Desasters einen Weisenrat anstatt eines U-Ausschusses zu installieren. Diese Idee stößt bei der Opposition auf strikte Ablehnung.

Grünen-Finanzsprecher Werner Kogler findet einen Weisenrat "völlig ungeeignet", es gehe um die Klärung politischer Verantwortung.

Für FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl sei ein Hypo-U-Ausschuss "die einzige Chance für den österreichischen Steuerzahler".

"Einen Schwachsinn" nennt ein Neos-Sprecher den Weisenrat. Eine Riege von neuen Beratern könne einen parlamentarischen U-Ausschuss "niemals ersetzen".

SPÖ-Klubchef Andreas Schieder befürwortet einen Weisenrat. Im Büro von ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka sieht man die Sache gleichgültig. Jetzt gehe es um "eine schnelle Lösung".