VP-Nähe bei „SOKO Ibiza“? Jabloner ließ Korruptionsjäger abblitzen
„Ich bin mir sicher, dass in Ihrem Ermittlungsverfahren bewusst der Bock zum Gärtner gemacht wird“.
Zeilen, die jemand anonym an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gerichtet hat, sorgen für massiven Wirbel bei den Ibiza-Ermittlungen. Sie schüren den Verdacht, dass jenes „schwarze Netzwerk“, das schon bei der BVT-Causa im Zentrum stand, auch in dieser heiklen Affäre seine Wirkung entfaltet.
Seit Auftauchen des Ibiza-Videos im Mai ermittelt die „SOKO Ibiza“, angesiedelt im Bundeskriminalamt, im Auftrag der WKStA. Kürzlich gab es eine Hausdurchsuchung bei Ex-FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache, der seither anprangert, es werde einseitig ermittelt.
Anfrage abgewiegelt
Diesen Vorwurf, der einem Amtsmissbrauch gleichkommt, äußerte der anonyme Schreiber schon rund eine Woche vorher. Er bezeichnete sich als „Freund im Innenministerium“ und listete drei SOKO-Beamte auf, die Mitglieder bei der ÖVP bzw. der schwarzen Polizeigewerkschaft sein sollen – darunter auch der Leiter der SOKO.
Die WKStA fühlte daraufhin der SOKO auf den Zahn: In einer Art Fragebogen wollte sie hinsichtlich jedes einzelnen Beamten wissen, ob er „Mitglied einer Partei oder einer parteinahen Organisation“ ist oder war.
Grundsätzlich wurde gefragt, ob Gründe vorliegen, „die geeignet sind, die volle Unvoreingenommenheit und Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen“. Etwa auch, ob Beamte eine Nähe zu jenen Personen oder Vereinen hätten, die im Ibiza-Verfahren vorkommen.
Die Antwort des SOKO-Leiters fiel denkbar knapp aus: Eine etwaige Befangenheit sei geprüft, aber nicht festgestellt worden. Zu einer Parteinähe der Beamten wiegelte er ab: „Auskünfte zu Auswahl und Zusammensetzung der Mitarbeiter werden aufgrund des Daten- und Mitarbeiterschutzes im hochsensiblen Ermittlungsverfahren (Verschlusssache) nicht erteilt.“
Laut KURIER-Informationen sollen die Korruptionsjäger vergangene Woche mit einem weiteren Schreiben nachgebohrt haben.
Schulterschluss von Jabloner und Peschorn
Ein Vorstoß, der ins Leere gehen dürfte, denn ausgerechnet Justizminister Clemens Jabloner stellte sich hinter die SOKO-Beamten. Am Donnerstag erklärte er gemeinsam mit Innenminister Wolfgang Peschorn: Die anonym erhobenen Vorwürfe seien „substanzlos“, die Ermittlungen würden konsequent fortgeführt. „Es besteht kein Anlass, sich von diesem rechtsstaatlichen Vorgehen durch Zurufe abbringen zu lassen“, so ihr Konter gegen FPÖ und Liste Jetzt (siehe unten).
Jabloner hatte seine eigene Behörde, die WKStA, schon am Montag bei einer internen Besprechung abblitzen lassen: Es ging dabei um die Handydaten Straches, die bei der Hausdurchsuchung sichergestellt worden waren. Die WKStA wollte diese aus Misstrauen gegen die SOKO-Beamten selbst auswerten. Das Ergebnis: Die Daten sollen nun im Vieraugen-Prinzip von beiden Behörden analysiert werden.
Der Justizminister erklärte bei dieser Sitzung, eine bloße Parteimitgliedschaft reiche nicht für den Anschein einer Befangenheit aus. Beamte hätten – so wie jeder Staatsbürger – laut Verfassung ein Recht auf eine politische Meinung. Tags darauf lieferte er seine Rechtsansicht noch als formelle Weisung nach.
Restverdacht an Parteipolitik
Der Streit brodelt intern freilich weiter. Ein tiefer Riss verläuft nicht nur zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft, sondern auch justizintern: Die einen sagen, die WKStA sei mit ihren Fragen zur Parteizugehörigkeit der ermittelnden Beamten „viel zu weit gegangen“.
Andere meinen, die Ibiza-Ermittlungen seien so heikel, dass man sich nicht einmal einen Restverdacht der parteipolitischen Befangenheit erlauben dürfe. Justizminister Jabloner begebe sich auf dünnes Eis, indem er sich hinter die Polizei stelle.