Verhetzung? Mikl-Leitner findet Waldhäusl-Sager "jenseitig"
Nach der Asylpolitik-Aussage in Richtung von Schülern in einer TV-Sendung hat am Donnerstag weiter Wirbel um Niederösterreichs FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl geherrscht. Der Sager lässt auch Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) nicht kalt: "Was die Aussage betrifft, reicht glaube ich ein Wort, nämlich jenseitig." Ob der Freiheitliche Teil der nächsten Landesregierung sein könne, sei "abzuwarten". Waldhäusl selbst zeigte sich indes weiter angriffig und nicht reuig.
Bezüglich einer weiteren Regierungsbeteiligung Waldhäusls verwies Mikl-Leitner am Rande einer Pressekonferenz in St. Pölten auf laufende Gespräche mit den anderen Parteien, "wo es in weiterer Folge darum geht, wer wirkliche Verantwortung erhält". Diese seien abzuwarten: "Wir wissen noch nicht, mit wem es eine Zusammenarbeit geben wird."
Waldhäusl hatte zuletzt mehrfach bekundet, Landesrat zu bleiben. "Wenn einer sagt, er möchte es werden, ist noch nicht fix, ob er es überhaupt wird", betonte Mikl-Leitner dazu. Das hätten die Gremien der FPÖ intern zu entscheiden.
"Österreich mit der Waffe verteidigen"
Der Landesrat selbst legte im Gespräch mit der APA nach. "Ich stehe zu 100 Prozent zu dieser Aussage, denn die Wahrheit ist verträglich." Wenn die FPÖ-Asylpolitik vor 20 bis 30 Jahren umgesetzt worden wäre, "wäre Wien noch Wien". Weiters äußerte der Freiheitliche am Donnerstag erneut die "Angst, dass meine vier Enkelkinder einmal unsere Heimat Österreich mit der Waffe verteidigen müssen".
Waldhäusl sprach sich gegen "illegale Massenzuwanderung" etwa aus der Türkei, aus Syrien und Afghanistan aus. "Wir werden um unsere Heimat kämpfen müssen, wenn wir dem nicht Einhalt gebieten", meinte der Freiheitliche. Er sprach von einem "Anschlag auf unser christliches Abendland". Hätte die FPÖ unter Jörg Haider ihre Asylpolitik tatsächlich umgesetzt, "hätten wir viele Straftaten im Ausländerbereich nicht" und einen geringeren Anteil an ausländischen Häftlingen in den Strafanstalten.
Waldhäusl erklärte, dass er Landesrat für Asyl und Tierschutz bleiben möchte. Er sehe keinen Grund, dass er andere Zuständigkeiten bekomme, sagte der 57-Jährige auf APA-Anfrage. Generell gehe es bei der FPÖ aber zuerst um die Themen und dann darum, wer die Funktionen bekleide, hielt er fest. Wenn man freiheitliche Themen voranbringen könne, werde es ein Arbeitsübereinkommen geben. Die ÖVP als stärkste Kraft hat am Mittwoch erste Gespräche mit den anderen Parteien gestartet - Verhandlungen sollen Mitte Februar beginnen. FPÖ und SPÖ haben zwar in der nach dem Proporzsystem gebildeten Landesregierung eine Mehrheit, aber nicht im Landtag.
Unterdessen wurden die Schülerinnen und Schüler von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) ins Wiener Rathaus eingeladen, um mit ihnen über "ihre positive Zukunft in Wien" zu sprechen.
Schüler diskriminiert
Nach dem Proporzsystem stehen der FPÖ aufgrund des Wahlergebnisses ein Landeshauptfrau-Stellvertreter und zwei Landesräte zu. Für ersteren ist eine einfache Mehrheit im Landtag erforderlich. Landesräte werden von ihrem Klub nominiert, es handelt sich um eine gebundene Wahl - es sind also nur jene Stimmen gültig, die auf den Wahlvorschlag entfallen. Eine Mehrheit ist nicht nötig, eine Stimme würde reichen. Die beiden LH-Stellvertreter und die Landesräte haben vor Antritt ihres Amtes vor dem Landtag ein Gelöbnis in die Hand der Landeshauptfrau zu leisten. Dabei handelt es sich um einen Formalakt. Möglich wäre es, dass einzelne Regierungsmitglieder nur wenige oder keine Zuständigkeiten bekommen - allerdings müsste das unter den Regierungsparteien vereinbart werden. Die ÖVP stellt erstmals nicht mehr die Mehrheit der Mitglieder in der Landesregierung.
Die Aussage des Freiheitlichen rund um Asylpolitik sorgte für viel Kritik der anderen Parteien. Eine Schülerin hatte in der TV-Sendung am Dienstagabend auf den Migrationshintergrund von sich und Personen aus ihrer Klasse verwiesen und betont, dass sie nicht in Wien wären, wenn Waldhäusls Vorstellungen zum Thema Asyl umgesetzt worden wären. Die Antwort des Freiheitlichen: "Auf die Frage, wenn das schon geschehen wäre, dass hier sehr viele nicht in der Schule wären: Dann wäre Wien noch Wien."
Schellhorn: Waldhäusl ein "aufrechter Nazi"
Der frühere Neos-Abgeordnete Sepp Schellhorn bezeichnete Waldhäusl in der Puls4-Sendung "WildUmstritten" am Mittwoch als "aufrechten Nazi". Man tue dem Freiheitlichen unrecht, wenn man ihn als Kellernazi bezeichne. Er trage diese Ansichten nach außen und hänge nicht nur im Keller Fahnen auf. Der auf Fremden- und Asylrecht spezialisierte Rechtsanwalt Wilfried Embacher kündigte via Twitter eine Anzeige wegen des Verdacht der Verhetzung an. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) zeigte sich "fassungslos". Waldhäusl meinte wiederum am Donnerstag, er "schäme" sich für diese bürgerliche Ministerin.
Der seit 2018 amtierende freiheitliche Landesrat hat in der Vergangenheit immer wieder mit Aussagen für Wirbel gesorgt. Seine Sager waren mitunter auch Anlass für Anzeigen. Die jugendlichen Bewohner einer Asylunterkunft in Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) bezeichnete er 2018 als "notorische Unruhestifter" - ein Amtsmissbrauchsprozess um die Herberge endete im Vorjahr mit einem nicht rechtskräftigen Freispruch. Im Mai 2019 präsentierte Waldhäusl unter dem Titel "Zehn Gebote der Zuwanderung" Verhaltensregeln für Asylwerber in der Grundversorgung. In einem Online-TV-Interview verlangte er im Dezember 2018 eine "Sonderbehandlung" für nicht integrationswillige Flüchtlinge. Im März 2022 forderte der FPÖ-Landesrat eine "Triage im Asylbereich", also Vorrang bei Unterbringungsplätzen für Frauen und Kinder aus der Ukraine.