Koalitionspoker: "Die Lage ist da und dort unübersichtlich"
Von Lukas Kapeller
Die drei Parteichefs Sebastian Kurz (ÖVP), Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) und Norbert Hofer (FPÖ) gaben einander am Mittwoch fast buchstäblich die Klinke in der Hofburg in die Hand. Alle drei waren bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen, um über die Lage nach der Wahl zu sprechen.
Diese ist kompliziert: Ob Türkis und Grün sich einigen können, ist ungewiss, und die potenziellen ÖVP-Koalitionspartner SPÖ und FPÖ verarzten noch ihre Wunden. Überhaupt wollen sich die Blauen aus dem Spiel nehmen.
Hofer, der um 16 Uhr als Dritter in die Hofburg kam – und übrigens als einziger Parteichef Fragen zuließ –, betonte seinen Willen zur Opposition: Mit Van der Bellen habe er über die „Erneuerung der FPÖ“ gesprochen. Nur für die „extrem unwahrscheinliche Variante“, dass im nächsten Jahr keine neue Regierung steht, werde der FPÖ-Vorstand noch einmal beraten.
Für den einzigen Lacher an diesem Tag der staatstragenden Erklärungen sorgte die Hündin von Van der Bellen und dessen Ehefrau Doris Schmidauer. Als Hofer vom Staatsoberhaupt empfangen wurde, heulte der siebenjährige Mischling laut auf – kurze Heiterkeit auf der Pressetribüne wegen der einstigen Konkurrenz Hofers und Van der Bellens um die Hofburg.
Davor erlaubte sich ÖVP-Chef Kurz im Statement nach seinem ebenfalls einstündigen Gespräch mit Van der Bellen einen Seitenhieb gegen Rot und Blau: Er suche mit den anderen Parteien Gespräche, auch wenn „die Lage da und dort noch etwas unübersichtlich ist“.
Kurz hielt noch einmal fest, die ÖVP habe den „eindeutigen Auftrag“ der Wähler zur Regierungsbildung. Am Ende bat er die Journalisten um Verständnis, er könne vorläufig keine der „wahrscheinlich tausend Fragen“ beantworten.
Klimaschutz als rote Priorität
In der SPÖ rechnet man damit, dass Kurz zuerst mit ihr als immer noch zweitstärkster Kraft sondieren werde. Rendi-Wagner wurde am frühen Nachmittag auf ihrem Weg zu Van der Bellen von der Zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures flankiert. In der SPÖ will man nichts Ungewöhnliches daran finden, Bures sei einfach eine enge Vertraute der Chefin.
Neue PrioritätRendi-Wagner nannte nach der Unterredung drei Faktoren, die ihr für eine künftige Regierung wichtig seien: Kooperation mit dem Parlament sowie innerhalb der Regierung und mit den Sozialpartnern. Das Land brauche nun, wie die SPÖ-Chefin wohl als Ansage an Kurz meinte, „konstruktive Zusammenarbeit“.
Falls die ÖVP die SPÖ nächste Woche zu Gesprächen einlade, räumte Rendi-Wagner dafür bemerkenswerterweise dem Klimaschutz die höchste Priorität ein. Es gehe ihr „um ein sozial starkes, ein ökonomisch starkes und vor allem ein ökologisch starkes Österreich“, sagte Rendi-Wagner wörtlich.
Auftrag zur Regierungsbildung
Am Donnerstag werden mit dem Vorsitzenden der Grünen, Werner Kogler, und Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger die verbliebenen beiden Chefs der Nationalratsparteien von Van der Bellen empfangen. Ende dieser oder Anfang nächster Woche wird der Präsident dann ÖVP-Chef Kurz mit der Regierungsbildung beauftragen.