Politik/Inland

Ex-BVT-Chef sieht "Beschädigung der nationalen Sicherheit"

„Die Hausdurchsuchung war weit überzogen und absurd. Das BVT ist zerstört“, sagt Gert-René Polli. „Der U-Ausschuss tanzt auf der Asche des BVT. Ich kenne kein Land, in dem ein solcher Ausschuss möglich wäre. Die Razzia, die Medienberichte und der Ausschuss sind eine massive Beschädigung in der Außenreputation des BVT und der nationalen Sicherheit.“

Am Tag neun im U-Ausschuss um die Razzia im Bundesamt für Verfassungsschutz ( BVT) wurde am Mittwoch der frühere BVT-Chef befragt. Polli ist bekannt für dramatische Schilderungen. Er sei kürzlich in der Slowakei gewesen, sagte Polli in einer Sitzungspause zum KURIER. Dort sei er von Geheimdienstlern auf die Razzia im BVT angesprochen worden. „Die Slowaken haben zu mir gesagt: ,Bei uns wären alle tot’“, sagt Polli. Sie meinten damit, sie hätten bei einer Razzia zu ihren Waffen gegriffen.

Der frühere Heeresoffizier Polli machte in der Ära von ÖVP-Minister Ernst Strasser Karriere im Innenministerium. Er baute die „rote“ Staatspolizei zum Verfassungsschutz um und war bis 2008 erster BVT-Direktor. Im Zuge der Regierungsverhandlungen hat er die FPÖ in Sicherheitsfragen beraten und ein Grundhonorar in Höhe von 6000 Euro brutto im Monat von der FPÖ-Parteiakademie kassiert, seine Vorträge wurden extra bezahlt. Deshalb habe er sich auch Anfang Dezember mit Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) getroffen und ihm „eine Auswahl an Vorträgen“ vorgelegt.

Wortgefechte

Mittlerweile ist er nach zehn Jahren Karenz ins Innenministerium zurückgekehrt und als Migrationsbeauftragter tätig. Künftig soll er als Verbindungsbeamter für Kickl von Spanien aus die Migrationsprobleme im Mittelmeer und in Nordafrika beobachten. Dabei war er eigentlich als Nachfolger von BVT-Chef Peter Gridling gehandelt worden, doch dessen Suspendierung wurde vom Gericht aufgehoben. Im U-Ausschuss dementierte Polli solche Pläne.

Eigentlich sollte er zu den angeblichen „schwarzen Seilschaften“ im BVT befragt werden. Kurz nach der Razzia hatte er in einem ORF-Interview behauptet, „im BVT hätten Personen Führungsposition erhalten, die außer einem Parteibuch keine Qualifikation hätten“. Nun sollte er dem Ausschuss Namen des „Netzwerks der Günstlinge“ nennen. Doch dabei wurde ihm der „Boden“ anscheinend zu heiß. Seine Ausflüchte führten zu Wortgefechten.

Polli sagte zu dem Abgeordneten Peter Pilz: „Das ist ein Kasperltheater“. Pilz konterte: „Da gehört ein Kasperl dazu.“ Polli: „Der ist eh da.“ Polli konnte sich für keine Begründung entscheiden, die für den Ausschuss annehmbar war. Er räumte später ein, bei Namensnennung Klagen wegen Kreditschädigung zu fürchten. „Es ist traurig, dass jemand der BVT-Direktor war, so ein schlechtes Gedächtnis hat“, ätzte VP-Abgeordneter Werner Amon.

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Politische Wunschliste?

Schließlich nannte Polli nur den „Ex-Leiter der Spionage“ des BVT, aber ohne dessen Namen explizit zu nennen. Gemeint ist damit der frühere Europasprecher der Jungen ÖVP Bernhard P., der vom BMI mittlerweile entlassen wurde. Doch der kam erst nach Pollis Amtszeit ins BVT.

„Ich hatte den Eindruck, dass es eine politische Wunschliste gab“, sagte Polli zu seiner Amtszeit. „Es ist einmalig in Europa, dass der BVT-Direktor keine Personalhoheit hat.“ Es seien zu viele neue Personen ohne Staatsschutz-Erfahrung in das BVT aufgenommen worden.

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