Politik/Inland

Plauderstunde zu Blümchenthemen statt Duell

Eva Glawischnig eröffnete stark: „Es gab einen persönlicher Bruch in den Beziehungen, weil der Korruptionsausschuss abgedreht wurde.“ Doch das war’s dann. Von dem angeblichen „Bruch“ zwischen ihr und SPÖ-Chef Werner Faymann war im restlichen Plauderstündchen nichts zu bemerken, sagen die Experten Gerald Groß und Wolfgang Bachmayer unisono. „Das war die bisher langweiligste Diskussion, eine Therapiesitzung eines etwas entfremdeten Ehepaares“, urteilt Bachmayer. „ Faymann konnte sich zurück lehnen, denn Glawischnigs Kritik blieb lauwarm.“

Themensetzung verfehlt

Beide Experten finden die Themensetzung durch ORF-Moderatorin Ingrid Thurnher verfehlt. Bachmayer: „Das war eine Blümchendebatte, vorbei am Interesse der Österreicher.“ Groß: „Es wurden keine zentralen Themen angesprochen. Ich hätte mir von Glawischnig mehr Keckheit erwartet, auch eigene Schwerpunkte einzubringen. Beide Politiker waren wahnsinnig brav und haben sich an die vorgegebenen Themen gehalten.“

Thurnher schwach

Tatsächlich haben bei der rot-grünen Debatte die Eurokrise, Wirtschafts- und Budgetpolitik, Bildung oder auch emotionale Streitthemen wie Verkehrspolitik überhaupt keine Rolle gespielt. Thurnher ließ ewig lang über parlamentarische Untersuchungsausschüsse als Minderheitsrecht und den Umgang mit den USA bzw. Edward Snowden in der NSA-Affäre reden. Beide Politiker forderten mehrfach wichtige Zukunfts-Fragen ein – vergeblich.

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Themenführerschaft

Faymann hat sich bei Bienen und Bankgeheimnis besser dargestellt.

Schlagfertigkeit

Experten uneinig: Bachmayer fand beide Politiker fad, Groß fand beide mittel-eloquent.

Glaubwürdigkeit

Faymann wirkte auf beide Experten glaubwürdig und authentisch beim Transportieren seiner Themen

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Themenführerschaft

Die Grünen-Chefin war zu wenig keck und zu brav.

Schlagfertigkeit

Bachmayer fand Glawischnig gar nicht schlagfertig, Groß fand sie etwas besser als Faymann.

Glaubwürdigkeit

Weniger glaubwürdig als Faymann, weil sie zwischen Nicht-Weh-Tun und Attacke hin und her schwankte (Groß).

Startschuss: Es geht um Korruption und die Bruchlinien zwischen SPÖ und Grünen. Glawischnig sieht einen Bruch auch in der persönlichen Beziehung zu Faymann. Das Abdrehen des U-Ausschusses seitens des Kanzlers hat die Grünen-Chefin erbost. Sie hat ihm deshalb auch eine Einladung zum U-Auschuss aus Karton mitgebracht. Faymann hingegen spricht von umfassenden Schritten, um Korruption einzudämpfen: "So viel ist noch nie geschehen wie in dieser Legislatur." Faymann betont, dass ein U-Ausschuss kein Tribunal ist. Zu viel sei außerdem an die Öffentlichkeit geraten. Faymann ist für ein Minderheitenrecht, möchte aber Sachlichkeit und Fairness. Er vertraut in die Arbeit des Parlaments. Der Kanzler will Trennung zwischen Justiz und U-Ausschuss. Glawischnig will mit Kontrolle Schaden für die Bevölkerung begrenzen.

Bankgeheimnis: Omas Sparbuch wird von Ingrid Thurnher in die Diskussion geworfen. Faymann betont, dass der Datenaustausch international notwendig ist. Die Sparbücher der Österreicher hingegen sollten nicht ausgetauscht werden: "Die Großmutter muss man nicht schützen, weil die braucht man nicht für die Betrugsbekämpfung." Steueroasen hingegen seien für Betrug verantwortlich, so der Kanzler. Also kein Ende des Bankgeheimnis auch für Inländer? Faymann ist für das Bankgeheimnis: "Internationalen Datenaustausch brauchen wir, österreichisches Bankgeheimnis schützen wir."

Auch Glawischnig betont: "Das inländische Bankgeheimnis ist kein Problem." Die Grünen-Chefin sagt aber auch: " Österreich hat sich blamiert, als es wochenlang das internationale schützen wollte." Das ist klare Kritik auch an Finanzministerin Fekter.

Vermögenssteuer: Ab 500.000 Euro ist für die Grünen die Grenze. Glawischnig will Steuersystem gerechter machen. Steuersenkungen seien unseriös, da sie finanziell nicht leistbar sind. Faymann stimmt dieser Aussage zu. Er betont, dass auch schon Kleinverdiener zu viele Steuern zahlen. Klein- und Mittelbetriebe sind Glawischnig besonders wichtig. Faymann nickt. Beide wirken übrigens sehr amikal. Glawischnig wünscht sich eine Kommission, um eien Steuerreform unabhängig der Parteien durchzubringen. Faymann: "Reich und Arm klafft immer mehr auseinander. Der Mittelstand soll nicht dafür zahlen müssen. Banken und Vermögen müssen aus Fairness besteuert werden."

Asyl: Faymann sieht den österreichischen Umgang mit Asylanten nicht problemfrei: "Viel zu wenige Mittel." Er sieht die Asylpolitik allerdings als Thema der EU-Politik. Glawischnig sieht menschenunwürdige Unterbringungen, Stichwort: Saualm. Diese Auseinandersetzung möchte sie aber lieber mit der Innenministerin (Mikl-Leitner, ÖVP) diskutieren. Kurze Abschweifung zu den Bienen: "Die Bienen haben wir gerettet", ruft Glawischnig lauthals (als Faymann kurz seinen Sieg gegenüber der ÖVP betonen wollte).

Nächste Abschweifung: "Wir hätten uns Asyl in Österreich für Snowden gewünscht", sagt Glawischnig. Reaktion Faymanns sei mau gewesen, auch in der NSA-Affäre. "Wir können niemanden Asyl geben, der nicht ansucht", so Faymann.

Amtsgeheimnis: Glawischnig will Amtsgeheimnis abschaffen: "Gläserner Staat, kein gläserner Bürger." Faymann betont, dass es hier Änderungen geben wird.

Rot-Grün: Wien als Beispiel für eine rot-grüne Koalition. Glawischnig sagt, dass "Wien die günstigste Stadt überhaupt ist". "Stadt Wien arbeitet gut", so auch Faymann. Ist Wien gut verkäuflich? Glawischnig zählt andere Vefehlungen im Bund auf. Möchte lieber über andere Themen sprechen als über die Mariahilferstraße.

Korruption, Machtmissbrauch und Proporz sind für Glawischinig Koalitionsbedingungen. "Wie halten Sie es mit der Kontrolle", geht als Gretchen-Frage an Faymann.

Abschlussrunde: Glawischnig wünscht sich erneut Aufklärung und zeigt ein SPÖ-Plakat, welches gegen das Parteienfinanzierungsgesetz verstoßen soll (Impressum: Parlamentarischer Klub). Faymann empört. Am Ende also doch noch ein kurzes Wahlkampfduell.