Politik/Inland

Türkis-Grün-Pink? Koalitions-Werben im KURIER-Zelt

„So viele Themen wie hier gab es im ganzen Wahlkampf nicht“, resümierte Chefredakteurin Martina Salomon die von ihr moderierte Elefantenrunde der Spitzenkandidaten zur Nationalratswahl. Tatsächlich verlief die Diskussion im Unterschied zu manch anderer Wahlkonfrontation sehr kultiviert und sachorientiert. Freilich, nimmt man die bisherigen Aussagen der Kandidaten für bare Münze, fragt man sich, wie nach so viel verbrannter Erde überhaupt irgendwer mit irgendwem nach dem 29. September eine Regierung bilden will.

Damit konfrontiert, antwortete SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, man müsse zunächst die Frage stellen: „Was will ich verändern?“ Nach „18 Monaten Stillstand“ brauche es wieder eine Politik des Ausgleichs und des gesellschaftlichen Miteinanders. Das bringe Stabilität, stärke die Gesellschaft und sei auch die Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg. Gleichzeitig warnte sie vor einer Neuauflage von Türkis-Blau. Die Aussage von ÖVP-Chef Sebastian Kurz bei den ORF-Duellen, er wünsche sich eine „ordentliche Mitte-rechts-Politik“ sei wohl nicht anders denn als klares Signal in Richtung Fortsetzung der Ibiza-Koalition zu verstehen, so Rendi-Wagner.

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„Jeder hört immer die Signale, die er hören will“, konterte Kurz. Norbert Hofer (der designierte FPÖ-Chef ließ sich krankheitsbedingt von Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch vertreten) höre dagegen immer Signale, „dass schon Türkis-Grün ausgemacht sei“. Aber „der Werner Kogler wird jetzt gleich über mich herfallen“ – woran man sehen werde, dass auch das nicht stimme.

Kurz bekräftigte indes seinen Wunsch nach Fortsetzung einer „Mitte-rechts-Politik“ in der Migrations-, aber auch etwa in der Wirtschafts- und Standortpolitik. Aber eben ohne die viel zitierten „Einzelfälle“ der Freiheitlichen. Eine solche Wirtschaftspolitik sei auch nötig, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können – und unerlässlich, um den Sozialstaat und damit den von der SPÖ gewünschten sozialen Ausgleich finanzieren zu können.

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„Niedliche“ Wahlkampfthemen

Angesichts der aufziehenden Wolken am Konjunkturhimmel sei es nachgerade „niedlich“, um welche Themen – Stichwort Wahlkampfkosten etc. – sich die politische Debatte drehe, monierte Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Als das Schlüsselthema machte sie einmal mehr die Bildung aus; daneben setzen die Neos ebenfalls auf die Sicherung des Wirtschaftsstandorts sowie eine Umweltpolitik mit ökonomischer Vernunft.

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Die ökologischen Ansätze der Neos musste auch Grünen-Chef Werner Kogler anerkennen. Wie überhaupt die beiden sich gut zu verstehen schienen. An Kogler und Meinl-Reisinger dürfte Türkis-Grün-Pink jedenfalls nicht scheitern. Kogler selbst formulierte freilich in Sachen Klima noch deutlich drastischer: Die jetzige Generation sei die erste, welche die Dramatik der drohenden Klimakatastrophe erfasse, mit Sicherheit aber die letzte, die noch die Möglichkeit habe gegenzusteuern.

Die Wahrscheinlichkeit einer Regierungsbeteiligung der Grünen nach den Wahlen stufte Kogler dennoch als „nicht sehr hoch“ ein. Wenngleich er sich sicher zeigte: So gut wie die Vorgängerregierung – für Kogler keine „Mitte-rechts-“ sondern eine „Rechts-rechts-Regierung“ – könne man „schon lang“ regieren.

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„Die ÖVP ist im Wahlkampf deutlich nach links gerückt“, konstatierte indes FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch. Das gebe einen Vorgeschmack auf allfällige Bündnisse der VP mit den Linksparteien. Die FPÖ wirbt derzeit u. a. mit einem Video, das zeigt, wie ein Bild von Sebastian Kurz von Rot, Grün und Pink sukzessive nach links gekippt wird, bis es schließlich völlig schief an der Wand hängt – um schließlich vom vorbeikommenden Norbert Hofer wieder zurechtgerückt zu werden. Nach der Wahl, so Belakowitsch, werde sich zeigen müssen, wo die ÖVP wirklich steht. Wie ihr (künftiger) Obmann warb sie für eine Fortsetzung der bisherigen Regierungszusammenarbeit, die auch bei der Bevölkerung sehr beliebt gewesen sei – aber „nicht unter allen Umständen“.

Als ein Indiz für den von der FPÖ diagnostizierten Linksruck nannte Belakowitsch den Kurswechsel der ÖVP beim Thema „Asylwerber als Lehrlinge“. Die von den Türkisen vorgeschlagene Lösung, die rund 900 Altfälle ihre Lehre auch bei negativem Bescheid abschließen zu lassen, hält die FPÖ für ein falsches Signal.

Kurz freilich sieht in dem Vorschlag eine „pragmatische Lösung“. Im übrigen habe er seinerzeit davor gewarnt, Asylwerber eine Lehre beginnen zu lassen, bevor ihr Status geklärt sei.

Ob das nun eine „ordentliche Mitte-rechts-“, eine „Rechts-rechts-Politik“ oder ein Linksruck ist, darüber werden vermutlich auch die Meinungen unter den zahlreichen Besuchern im Zelt auseinandergegangen sein.

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Die Diskussion in der vollen Länge können Sie hier sehen:

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