Ermittler zur Tierschützer-Affäre: "Heast Pepi, mach'ma a SOKO."
Von Peter Temel
Der BVT-U-Ausschuss hat am Mittwoch die Befragungen zur Tierschützer-Affäre fortgesetzt. Als Auskunftspersonen geladen waren drei Beamte der SOKO Bekleidung, die ab Frühling 2007 gegen Tierschutzaktivisten ermittelte und eine Anklage wegen Bildung einer kriminellen Organisation erreichte. Der umstrittene Prozess endete zwar mit Freisprüchen, brachte den Angeklagten aber lange U-Haft und Schulden.
Bei der Befragung der Ermittler wurde weniger die Frage möglicher politischer Einflussnahme beleuchtet, sondern mehr die polizeiliche Arbeit rund um den das Verfahren hinterfragt. Alle drei Auskunftspersonen schoben die Verantwortung für verdeckter Ermittlungen und Hausdurchsuchungen bei den Aktivisten auf die zuständige Staatsanwaltschaft ab.
"Weinviertler Bauernbua" als operativer Leiter
Als letzter Zeuge geladen war Oberst Josef Böck, operativer Leiter der Ermittlungen gegen die Tierschützer. Zuvor wurden seine Nachfolgerin in der Funktion Bettina Bogner und Soko-Leiter Erich Zwettler befragt. Böck trat die Befragung locker an, geriet aber im Laufe des späten Nachmittags immer wieder mit den Abgeordneten aneinander. Er bezeichnet sich am Beginn als "typischen Weinviertler Bauernbua" und beschrieb launig die Entstehung der SOKO Bekleidung. Kollegen, die sich damit auskannten, hätten zu ihm gesagt: "Heast Pepi, oder Oberst Böck, mach'ma a SOKO." Da er auch zu Sicherheits-Generaldirektor Erik Buxbaum einen guten Draht gehabt habe, sei die Soko schnell entstanden.
Der FPÖ-Abgeordnete Günther Kumpitsch, selbst ein Polizist, erkundigte sich nach Böcks "Gedankengängen" bei der personellen Zusammenstellung der Soko. "Ich habe versucht, die besten Leute zu bekommen. Am Anfang habe ich auch die besten gehabt, die sind mir dann aber weggebröckelt", sagte Böck dazu. "Drängler", die unbedingt mitmachen wollten, gab es nicht. "Bei der Polizei gibt's keine Drängler."
Widersprüche in Aussagen zu Verdeckter Ermittlerin
Böck verteidigte das Vorgehen der Polizei bei den Tierschützern. Sowohl die verdeckten Ermittlungen als auch die Hausdurchsuchung seien von der zuständigen Staatsanwaltschaft abgesegnet worden. "Es ist alles korrekt abgelaufen." Über den Einsatz einer verdeckten Ermittlerin habe der Staatsanwalt verfügt und er habe sich "sehr dafür interessiert". "Ich bin alle ein, zwei, drei Wochen rausgefahren und habe ihm über alle Ermittlungsergebnisse berichtet. Nicht nur ihm allein, sondern auch dem leitenden Staatsanwalt", sagte Böck und widersprach damit den vorher befragten Ermittlern. Diese sagten aus, dass sich der Staatsanwalt in Wiener Neustadt nicht wirklich für die Arbeit der verdeckten Ermittlerin interessiert habe.
Stephanie Krisper von den Neoa warf der Staatsanwaltschaft vor, die für die Tierschützer entlastenden Berichten der verdeckten Ermittlerin nicht berücksichtigt zu haben. Böck und Bogner sagten aber aus, dass sich die verdeckte Ermittlerin schwergetan habe, in die Aktivistengruppe vorzudringen und nur wenig brauchbare Informationen geliefert habe.
Den Vorwurf der politischen Einflussnahme auf die Ermittlungen wies Böck klar zurück: "Ich habe politisch nichts am Hut. Ob Wahlen sind oder nicht, hat mich überhaupt nicht interessiert."
Die erste Auskunftsperson des Tages, Bettina Bogner, mittlerweile Leiterin der Sicherheitsuntersuchungsstelle im Verkehrsministerium, wurde detailreich zu den Ermittlungen gegen die Tierschützer befragt.
Die Causa Tierschützer ist Thema im BVT-U-Ausschuss, weil die Opposition das Vorgehen gegen die Aktivisten als Beispiel für die missbräuchliche politische Instrumentalisierung von Behörden darstellen möchte. Die Ermittlerin Bogner, die in der SOKO Bekleidung zunächst mit "Tatort und Spurensicherung" und später "immer mehr mit der operativen Leitung" befasst war, stellte gleich zu Beginn klar, dass es für sie "keine Causa Tierschützer gibt, sondern militanten Tierrechtsaktivismus". Sie führte Anschläge mit gefährlichen Substanzen, Sachbeschädigungen und schwerwiegende Drohungen seitens der Aktivisten an.
Die mögliche politische Einflussnahme auf die Ermittlungen hat Bogner dementiert: "Es war nicht so dass ein Politiker gesagt hätte, macht das oder macht das. Wir waren aus meiner Wahrnehmung wirklich frei."
Einsatz verdeckter Ermittlerin nicht für sinnvoll gehalten
Die weitere Befragung drehte sich großteils um den umstrittenen Einsatz einer verdeckten Ermittlerin. Bogner gab an, den kurzfristigen Einsatz nicht für sinnvoll gehalten zu haben, aber in der SOKO überstimmt worden zu sein. Die Idee war demnach, Informationen über geplante "Anschläge" zu erhalten, um sie vermeiden zu können, aber: "Ich habe nicht erwartet, dass in so kurzer Zeit brauchbare Ergebnisse ermittelt werden können." Auch der Staatsanwalt habe den Einsatz nicht für sinnvoll gehalten und dann auslaufen lassen.
Türkis-Blau fragte zu rotem Polizisten
ÖVP und FPÖ thematisierten die Arbeit des heutigen SP-Abgeordneten Rudolf Plessl in der Sonderkommission. Dazu zitierten sie aus einem bereits 2011 erschienen Buch von VGT-Obmann Martin Balluch, in dem Plessl unzulässige Verhörmethoden vorgeworfen werden. ÖVP-Fraktionsvorsitzender Werner Amon sprach von "schockierenden und verwerflichen" Vorwürfen, die zu klären seien. Amon will daher auch Balluchs Lebensgefährtin laden, die nach einem Verhör durch Plessl zusammengebrochen sein soll.
"Als verzweifelter, allerdings untauglicher Versuch von der politischen Einflussnahme schwarzer Innenminister auf die Tierschützer Causa abzulenken, bezeichnete SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer die Angriffe von ÖVP und FPÖ auf Plessl. Für ihn haben sowohl die Akten, als auch die gestrige Einvernahme von Kleider Bauer-Geschäftsführer Peter Graf belegt, dass die Sonderkommission gegen die Tierschützer in Folge eines Anrufes Grafs im Kabinett des damaligen Innenministers Günther Platter (ÖVP) eingerichtet worden sei, so Krainer.
Willkommene Erheiterung
Für einen der seltenen Lacher sorgte die Aussage der Ermittlerin, wonach die Eigentümer-Familie der Firma "Kleiderbauer", die Zielscheibe der Aktivisten war, die Soko-Ermittler für "Deppen" gehalten habe. "Ich denke, dass die Familie Graf die Geschichte gestrichen satthatte und der Meinung war, dass wir lauter Deppen sind. Die haben gesagt, lassts uns in Ruh, ihr kriegts eh nix weiter. Die wollten von uns nix mehr hören."
Die Kooperation mit Kleiderbauer sei entsprechend nicht besonders gut gewesen. Die Grafs hätten gewünscht, dass die Polizei "rund um die Uhr auf ihre Filialen aufpasst". Aber private Sicherheitsdienste seien nun mal nicht die Aufgabe der Polizei und das habe man auch gesagt. "Das führt halt dann dazu dass die Betroffenen grantig werden."
Ebenfalls für Amüsement sorgte die Antwort Bogners auf die Neos-Frage, ob sie Gemeinderätin für die ÖVP in Pasching gewesen sei: "Nein, ich war Gemeinderätin für die SPÖ in Pasching." In Erklärungsnot gerieten die NEOS, weil Balluch nach seiner Befragung im U-Ausschuss vergangene Woche ein vertrauliches Dokument aus dem Ausschuss, das den Faksimile-Schutz der Neos haben soll, auf seiner Homepage veröffentlicht haben soll. Der Fall wird nun geprüft.
Danach kam der Chef des Wiener Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT), Erich Zwettler, in den Zeugenstand. Zur Zeit der Tierschutzer-Causa war Zwettler noch am Bundeskriminalamt und dort für die gegen die Aktivisten eingesetzte SOKO Bekleidung zuständig. In seiner knapp zweistündigen Befragung machte der Beamte immer wieder Erinnerungslücken geltend. Unter anderem konnte er sich nicht mehr erinnern, warum die Sonderkommission im Mai 2008 die Hausdurchsuchungen bei zehn Tierrechts-Aktivisten beantragt hat, obwohl laut einem eine Woche zuvor verfassten Bericht kein Beweis für konkrete Straftaten der Verdächtigen vorlag.
Wie geht es weiter?
Eine Vorschau auf die kommenden Zeugenrunden: Mittlerweile gibt es Zusagen von fast allen Auskunftspersonen, darunter die ehemaligen Chefs des Innenressorts Günther Platter und Maria Fekter (beide ÖVP).
Nicht weniger als fünf Sitzungen sollen sich noch um den Tierschützer-Prozess drehen. Highlight in der kommenden Woche ist Platters Besuch am 20. März. Seine Nachfolgerin Fekter wird erst am 3. April befragt, am gleichen Tag wie die ehemalige Justizministerin Maria Berger (SPÖ). Der in dieser und der BVT-Causa relevante Staatsanwalt Wolfgang Handler kommt am 2. April an die Reihe. Noch keine Zusage gibt es einzig vom ehemaligen Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Erik Buxbaum, der als einziger neu auf der Liste ist. Ihm wurde vonseiten der Tierschützer im U-Ausschuss vorgeworfen, im Sinne von Kleider Bauer Polizeiaktionen eingeleitet zu haben. Er wäre für den 11. April vorgesehen.
Ganz abgeschlossen ist übrigens auch die Affäre, die direkt das BVT betrifft noch, nicht. Auch zu dieser Causa sind noch einige Auskunftspersonen vorgesehen. Dazu will sich ja vor allem die Opposition in angebliche schwarze Netzwerke vertiefen, wo dann wieder reichlich Prominenz im Ausschuss zu erwarten ist.