Politik/Inland

Telekom-Urteil: BZÖ hofft auf "Märtyrer-Effekt"

Man stelle sich vor, eine Partei verliert – quasi über Nacht – fast ein Viertel ihres gesamten Wahlkampf-Budgets und muss gleichzeitig um den Wiedereinzug in den Nationalrat bangen.

Kann das für die Partei die Wahl entscheiden?

Nein, antwortete am Samstag das BZÖ, doch das ist nicht weiter verwunderlich: Was bleibt den Orangen um Parteichef Josef Bucher auch anderes übrig, die bittere Situation, die das jüngste Gerichtsurteil herbeiführte, ist unabwendbar.

Wie berichtet, fielen in der Nacht zum Samstag weitere (vorerst nicht rechtskräftige) Urteile in der Causa Telekom (siehe unten); und für das BZÖ wurde eine Albtraum wahr: Jene 960.000 Euro, die im Nationalratswahlkampf 2006 aus dem Budget der Telekom Austria zu BZÖ-nahen Werbeagenturen flossen, müssen als Strafe zur Gänze zurückbezahlt werden.

„Unseren Wahlkampf wird das überhaupt nicht negativ beeinflussen, zwei Wochen vor dem Wahlsonntag ändert sich an der Kampagne nichts mehr“, sagte Bündnissprecher Rainer Widmann am Samstag zum KURIER.

Man habe den gesamten Wahlkampf ohne die 960.000 Euro geplant und diese vorsorglich zur Seite gelegt; zudem werde das „Fehlurteil“ in der Instanz wohl aufgehoben – „wir vertrauen auf die unabhängige Justiz“.

Dem nicht genug, hoffen Bucher und die Seinen nun offenbar auf eine Art „Märtyrer-Effekt“.

Wie dieser aussehen soll, das erklärt BZÖ-Sprecher Widmann so: „Es ist ein seltsamer Zufall, dass von allen politisch relevanten Telekom-Prozessen nur einer vor der Wahl stattgefunden hat, nämlich ausgerechnet jener, der tendenziell dem BZÖ schadet.“ Laut Widmann hätten das auch die Wähler mitbekommen, und deshalb äußert der Orange eine kühne Hoffnung: „Vielleicht mobilisiert der Prozess letztlich ja sogar zu unseren Gunsten.“

VP für Spendenverbot

Die Frage, was Parteien bzw. deren Parlamentsklubs im Wahlkampf mit öffentlichem Geld tun dürfen, beschäftigte am Samstag auch ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf (mehr dazu hier).

Angesichts der Diskussion um die umstrittenen Faymann-Plakate (Kopf: „Die SPÖ hat dem Ansehen des Parlamentarismus einen Bärendienst erwiesen“) plädierte der Konservative im ORF-Radio für ein neues Klubfinanzierungsgesetz.

Geht’s nach der ÖVP soll für die Parlamentsklubs ein absolutes Spendenannahmeverbot gelten. Das heißt: Bis auf öffentliche Förderungen und die Mitgliedsbeiträge der Mandatare soll ein Klub keine Einnahmen haben dürfen; außerdem müsse der Rechnungshof die Gebarung der Klubs prüfen können.

Die SPÖ reagierte postwendend: Offenbar wolle Kopf mit seinen Angriffen auf die SPÖ von den schwarz-blau-orangen Machenschaften ablenken, antwortete Klubobmann Josef Cap. Eine Verschärfung des Klubfinanzierungsgesetzes ist für ihn aber – genauso wie für FPÖ und Grüne – denkbar.

Als „relativ streng“ bezeichnet Hubert Sickinger (Bild), Vizepräsident der Anti-Korruptionsorganisation „Transparency International“, die Urteile im Telekom-BZÖ-Prozess. Ob die Strafen halten, traut sich der Jurist nicht zu sagen.

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Klar ist für Sickinger nach den diversen Verfahren zu Korruptionscausen (Strasser, Martinz, Rumpold etc.): „Die Gerichte behandeln Korruptionsfälle nicht als Kavaliersdelikte. Wird Korruption angeklagt, werden jetzt hohe Strafen verhängt.“ Das habe „auch generalpräventive Gründe“. Sprich: Die Gerichte wollen, dass die Urteile abschreckend wirken.

Wie berichtet, wurden im Telekom-BZÖ-Prozess in der Nacht zum Samstag im Wiener Landesgericht vier Haftstrafen verhängt. Zweieinhalb Jahre unbedingt hat Ex-Lobbyist Peter Hochegger ausgefasst. Der Schöffensenat belangte ihn wegen Beitrags zur Untreue und falscher Zeugenaussage im parlamentarischen U-Ausschuss. Der 64-Jährige beklagte, dass das Gericht nicht ihm, sondern dem Kronzeugen Gernot Schieszler geglaubt habe. Er sei in die Causa „nicht involviert“ gewesen. Richter und Schöffen sahen das anders. Demnach habe das BZÖ 2006 im Wahlkampf 960.000 von der Telekom kassiert – über Agenturen. Ex-BZÖ-Mandatar Klaus Wittauer und Hochegger sollen die Sache eingefädelt haben. Die Telekom erhoffte sich Unterstützung bei der „Universaldienstverordnung“ durch die damalige Regierungspartei BZÖ. Wittauer wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt, drei Monate unbedingt. Der Sprecher von Ex-Ministerin Karin Gastinger und ein Werber erhielten ebenso teilbedingte Strafen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Einen Freispruch im Zweifel gab es nur für Ex-Telekom-Boss Rudolf Fischer.

Hochegger gab sich nach dem Richterspruch relativ gelassen: „Ich werde mich jetzt mal zurückziehen und entspannen.“