Spaghettimonster: "Da ist Rapid eher eine Religion"
Von Lukas Kapeller
Die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters will eine religiöse Bekenntnisgemeinschaft werden, seit Montag wird dieser Wunsch am Bundesverwaltungsgericht verhandelt. Das Kultusamt hat einen Antrag im Jahr 2014 abgelehnt. Ob die Spaghettimonster-Gläubigen den ersten Schritt zur anerkannten Religion schaffen, könnte sich erst in ein paar Monaten entscheiden: Der Richter kündigte am Montag an, er wolle bis zu 300 Mitglieder des Nudel-Vereins als Zeugen aussagen lassen.
KURIER: Die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters kämpft vor Gericht darum, als religiöse Bekenntnisgemeinschaft anerkannt zu werden. Gleichzeitig sind führende Mitglieder bekannte Religionskritiker. Worum geht es wirklich?
Potz: Es geht um ein Konzept, religiöse Positionen ad absurdum zu führen. Wenn man so will, ist es eine Parodie auf Religionen.
Fehlt der Spaghettimonster-Kirche etwas zur Religion?
Den Spaghettimonster-Leuten fehlt vor allem die Ernsthaftigkeit, die von einer Religionsgemeinschaft erwartet wird, aber auch von einer Weltanschauungsgemeinschaft zu verlangen wäre. Man muss fragen, ob nicht eher Rapid, das manche Anhänger religiös verklären, als Bekenntnisgemeinschaft einzutragen wäre. Bezüglich der Ernsthaftigkeit ist kaum ein Unterschied zu den Spaghettimonster-Anhängern zu erkennen.
Der Sprecher des Vereins (auch "Pastafari" genannt) argumentiert, mit rund 550 Mitgliedern, eigenen Statuten und einer Religionslehre erfülle man alle Kriterien einer Bekenntnisgemeinschaft.
Die Mitgliederzahl ist nicht das einzige Kriterium. Um als Religion zu gelten, muss ein Verein auch religionswissenschaftlich ein paar Kriterien erfüllen. Das Bekenntnisgemeinschaftengesetz verlangt in den Erläuterungen inhaltlich darstellbare Überzeugungen, welche Mensch und Welt in ihrem Transzendenzbezug deuten. Es braucht Riten und Handlungsorientierungen.
Ungläubige und Laizisten kritisieren häufig, sie hätten rechtliche Nachteile gegenüber Religiösen.
Das ist insoweit richtig, als für Weltanschaungsgemeinschaften kein spezieller rechtlicher Status vorgesehen ist.
Sollen Religionen und Weltanschauungen gleichberechtigt nebeneinander stehen?
Grundsätzlich ja. Ich plädiere dafür, nichtreligiöse Weltanschauungen etwa in das Bekenntnisgemeinschaftengesetz durch eine Novelle reinzunehmen. Dann könnte man in Österreich einen Antrag zur Religions- und zur Weltanschauungsgemeinschaft stellen. In Deutschland gibt es einen rechtlichen Status auch für Weltanschauungsgemeinschaften.
Was hätte dies für Konsequenzen?
Dort, wo sie Gleiches anbieten können, sollen sie die Möglichkeit dazu haben. Zum Beispiel könnte es Weltanschauungsunterricht so wie Religionsunterricht geben.
Es gibt in Österreich nicht nur die Spaghettimonster-Kirche, sondern auch die Atheistische Religionsgesellschaft mit Sitz in Wien. Auch sie hofft, vom Kultusamt einmal als Bekenntnisgemeinschaft akzeptiert zu werden.
Diese atheistische Gruppierung kann in Österreich als Weltanschauungsgemeinschaft derzeit keinen eigenen Status bekommen, anders als in Deutschland. Sie versuchen daher den Umweg, als Atheisten Aussagen zu Gott machen, wonach dieser von den Menschen erschaffen wurde, und sagen, sie hätten damit auch eine religiöse Dimension. Diese Argumentation wird wohl nicht ausreichen.
Die Pastafari wollen die Anerkennung ihrer Weltanschauung vor Gericht also über den Umweg der Bekenntnisgemeinschaft mit der Brechstange erreichen?
Meines Erachtens sollte man Weltanschauungsgemeinschaften mit den gleichen Rechten wie Religionen anerkennen. Die Spaghettimonster-Anhänger hätten aber auch für den Fall einer Ausdehnung des Bekenntnisgemeinschaftengesetzes vermutlich das Dilemma, dass sie ja offensichtlich die Kriterien sowohl für Religion als auch für Weltanschauung nicht erfüllen. Wobei offen bleiben muss, ob sie letzteres überhaupt wollten.
Sie sagen, die Rechtsordnungen in Europas Staaten stehen immer mehr vor der Frage: Wie kann man Religion abgrenzen, was ist eine Religion? Warum wird das schwieriger?
Weil es seit den 1980er- und 1990er-Jahren viele neue religiöse Bewegungen gibt, die die vorhandenen Rechtsformen für sich beanspruchen und oft nicht in diese Schemata passen. Die Staaten Europas führen die Diskussion, wie eng oder weit sie Religion definieren. Es gibt Staaten, die 100 Religionen anerkannt oder eingetragen haben, und andere, die nur ganz wenige anerkennen.
In Österreich gibt es neben Religions- auch Bekenntnisgemeinschaften. Warum?
Man wollte 1998 eine Rechtsform für die vielen neuen religiösen Bewegungen schaffen. Hinzu kam, dass das alte Vereinsgesetz, das noch aus der Monarchie stammte, Religionsgemeinschaften verbot, sich als Vereine zu konstituieren. De facto gab es solche Vereine allerdings. Man hat daher eine weitere Ebene für die neuen religiösen Bewegungen eingezogen. Als Bekenntnisgemeinschaft ist man vom Staat zwar als Religionsgemeinschaft akzeptiert, darüber hinaus sind sie jedoch Vereinen gleichgestellt und haben keine Vorteile. Sie haben deutlich weniger Rechte als gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften.
Zur Person: Richard Potz (74), emeritierter Professor an der Uni Wien und ehemaliger Leiter des Instituts für Rechtsphilosophie, ist Experte für Religions- und Kirchenrecht.