Politik/Inland

Sondersitzung zu 12-Stunden-Tag: Kurz kommt verspätet

Freitagmittag war die Empörung der Opposition im Parlament groß. Die SPÖ will schließlich in einer Sondersitzung des Nationalrats die Mitglieder der ÖVP-FPÖ-Regierung mit den Tücken des 12-Stunden-Tags konfrontieren. Vor allem mit einer Dringlichen Anfrage um etwa 15 Uhr an Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

Da heute beim EU-Gipfel in Brüssel noch zwei große Themen - Brexit sowie die Vorschläge von Deutschland und Frankreich zur Reform der Eurozone - auf dem Programm standen, hieß es aus Kurz‘ Büro aber, er werde weiter dem Gipfel beiwohnen. Die Dringliche Anfrage der SPÖ wird Minister Gernot Blümel ( ÖVP) statt Kurz beantworten.

Schieder nimmt Sobotka in die Pflicht

Wie erwartet hat die Abwesenheit des Kanzlers – zumindest in den ersten Stunden der Sitzung – Empörung bei der SPÖ ausgelöst. Der geschäftsführende SPÖ-Klubchef Andreas Schieder glaubt, dass es von Anfang an der Plan war, das Parlament und damit auch die Bürger zu "verhöhnen und zu verachten".

Schieder nahm dabei Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) direkt in die Verantwortung: "Sie selbst haben in der Präsidiale auf unser wiederholtes Fragen hoch und heilig versprochen, dass der Bundeskanzler heute um 15 Uhr hier sein wird, komme, was wolle."

FPÖ springt Kurz zur Seite

Sobotka reagierte verärgert und betonte, dass nicht absehbar gewesen sei, dass die Sitzung am EU-Gipfel nicht bis 22 Uhr sondern bis 4.30 Uhr früh dauere. Gleich argumentierte ÖVP-Klubchef August Wöginger, der betonte, wie wichtig es sei, dass Kurz Österreichs Interessen in Brüssel vertrete. Für den ÖVP-Chef sprang sogar FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz in die Bresche.

Freilich hatte die Opposition an sich gar nicht kritisiert, dass Kurz am Gipfel teilnimmt sondern dass Sobotka den Freitagnachmittagstermin verfügt hatte, obwohl klar gewesen sei, dass es damit für den Kanzler knapp werde.

Kanzler-Sprecher: Kurz kommt

Um 13 Uhr wurde dann aus dem Kanzleramt signalisiert, Kurz werde zwar nicht rechtzeitig zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage der SPÖ, aber immerhin ein wenig später zur Sondersitzung des Nationalrats kommen.

Angesichts des nahenden Gipfel-Endes in Brüssel erklärte sein Sprecher: "Der Bundeskanzler wird so bald wie möglich kommen und sollte es schaffen, um 16.30 bei der Sondersitzung zu sein."

SPÖ-Kritik an Termin

Eine Aufregung ob Kurz' anfänglicher Absenz war programmiert. Denn die SPÖ hatte sich von Beginn an gegen den Termin der Sondersitzung am letzten Schultag-Nachmittag gewehrt und noch dazu darauf verwiesen, dass der Kanzler eben beim EU-Gipfel sei. Im Gegenzug wurde aber von der ÖVP in der Präsidiale versichert, dass Kurz an der außerordentlichen Sitzung trotzdem teilnehmen werde.

Die SPÖ macht ja in Sachen Arbeitszeit gerade mobil. Am Tag vor der großen ÖGB-Demo gegen die Regierungspläne und knapp eine Woche vor dem Beschluss von 12-Stunden-Tag und 60-Stunden-Woche (als neue Maximalvariante) rufen die Sozialdemokraten darum zur Sondersitzung. Adressat der Kritik wäre eigentlich Kurz.

In der Begründung der selben gehen die Sozialdemokraten um Antragssteller Josef Muchitsch tief in die Historie: "Vor fast genau hundert Jahren wurde der 12-Stunden-Tag abgeschafft. Diese Errungenschaft wird jetzt, hundert Jahre später, von dieser Regierung unter Bundeskanzler Kurz rückgängig gemacht", schreibt der SPÖ-Klub und folgert, dass "gesamtgesellschaftlich" ein Rückschritt in frühindustrielle Zeiten bevorstehe.

Eingebracht wird die "Dringliche Anfrage" um 12 Uhr, debattiert ab 15 Uhr. Sie SPÖ hatte den Termin auch deshalb sehr ungünstig gefunden, weil im Osten gerade die Sommerferien beginnen. Die ÖVP hatte einen früheren Termin mit Verweis auf Dienstreisen von Kurz und Sobotka blockiert.

SPÖ: Keine Vorteile für Arbeitnehmer

Nach Ansicht der SPÖ macht die Verlängerung der Maximalarbeitszeit krank und vernichtet Arbeitsplätze. Zudem erschwere sie die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und verfestige "an sich bereits überholte Geschlechterrollen". Vorteile für die Arbeitnehmer werden keine erkannt, sei die von ÖVP und FPÖ als Ausgleich propagierte Vier-Tages-Woche doch bereits heute geltendes Recht.

Überhaupt wird seitens der SPÖ darauf verwiesen, dass es zahlreiche Ausnahmebestimmungen gebe, wo unter verpflichtender Mitbestimmung des Betriebsrats ein vorübergehender 12-Stunden-Tag und eine 60-Stunden-Woche zugelassen werden - und das über 24 Wochen im Arbeitsjahr.

Auch von den ÖVP-geführten Arbeiterkammern Tirols und Vorarlbergs und der Bischofskonferenz gab es harsche Kritik an den Regierungsplänen.