Politik/Inland

Austro-Türken: Sobotka will 5.000 Euro Strafe für illegale Doppelstaatsbürger

Nach dem umstrittenen Türkei-Referendum will Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) härter gegen illegale österreichisch-türkische Doppelstaatsbürgerschaften vorgehen: Künftig soll es dafür auch Geldstrafen bis zu 5.000 Euro geben, sagte Sobotka am Mittwoch vor dem Ministerrat.

Bisherige Sanktionen, wie der Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft, sollen beibehalten werden. Es gehe ihm darum, zu sensibilisieren, dass es sich um einen Rechtsbruch handle. Dementsprechend will Sobotka all jene, die in der jüngsten Zeit die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen haben, anschreiben. Zum Zeitpunkt der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft sollen die Betroffenen auf eine Art Meldepflicht hingewiesen werden, falls sie danach die türkische Staatsbürgerschaft wieder annehmen, hieß es auf Nachfrage aus dem Innenressort.

Ergebnis: So hätte die Türkei ohne Auslands-Türken gewählt

Neben einem besseren Austausch zwischen den österreichischen Behörden möchte Sobotka als Abschreckung künftig auch Verwaltungsstrafen bis 5.000 Euro. Festgelegt werden soll das per Bundesgesetz, Entwürfe wolle man voraussichtlich Anfang Mai vorlegen.

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"Laissez-faire-Politik war absolut falsch"

Dass fast drei Viertel jener Türken, die in Österreich gewählt haben, für den Machtausbau des türkischen Präsidenten gestimmt haben, zeigt für Sobotka Versäumnisse bei der Integration der Gastarbeiter der 70er und 80er Jahre. Um derartiges künftig zu vermeiden, müsse man die Obergrenze für Flüchtlinge deutlich reduzieren. Abermals drängte Sobotka auf sein neues Fremdenrechtspaket.

"Die Laissez-faire-Politik, die vor ein paar Jahrzehnten geherrscht hat, war absolut falsch", klang Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz ( ÖVP) ganz gleich wie Sobotka. Bei seiner Politik sieht er keine Versäumnisse: "Ich bin der Meinung, dass wir den absolut richtigen Weg eingeschlagen haben", betonte Kurz. Nun gehe es aber darum, die Zuwanderung von Menschen aus kulturfremden Zonen stark einzuschränken.

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Stöger: Nicht pauschal von Parallelgesellschaft sprechen

Ganz vorsichtig äußerte sich Sozialminister Alois Stöger (SPÖ): Das Wahlergebnis betreffe die Türkei, in Österreich gehe es darum, wie man die Menschen hier gut integriere. Man müsse in Österreich dafür kämpfen, "dass die demokratischen Grundwerte zählen". Er wolle nicht alle Menschen mit türkischem Hintergrund pauschal als Parallelgesellschaft bezeichnen.

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder ist von Sobotkas Vorstoß nicht begeistert: "Die Rechtslage reicht aus", sie sei streng genug. Es gebe jetzt schon Sanktionen bis zum Entzug der österreichischen Staatsbürgerschaft, wenn jemand illegal wieder die türkische annehme. Überhaupt solle der Innenminister einmal darlegen, um wie viele Fälle es sich überhaupt handle. Ähnlich äußerte sich der für die Verfassung zuständige SPÖ-Minister Thomas Drozda: Zu konkreten Vorschlägen könne man kommen, wenn man wisse, wie viele illegale Doppelstaatsbürgerschaften es überhaupt gibt. Im Ministerrat habe der Innenminister seinen Vorschlag jedenfalls nicht unterbreitet, merkte Drozda allerdings an.

Das Ergebnis des Referendums in der Türkei:

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Bei den Grünen herrscht zum Thema Doppelstaatsbürgerschaft – nennen wir es so – Meinungspluralität.

Während Migrationssprecherin Alev Korun am Mittwoch noch für eine generelle Liberalisierung des Gesetzes plädierte, macht Parteifreund Peter Pilz ihr tags darauf einen Strich durch die Rechnung: Doppelstaatsbürgerschaften, wenn überhaupt, nur innerhalb der EU, sagt der Sicherheitssprecher. Andere Länder müsse man prüfen, dezidiert schließt er die Türkei aus. Pilz: "Man muss eine Entscheidung treffen. Will man Bürger eines demokratischen Rechtsstaates oder einer Diktatur sein? Ich will nicht, dass sich Vertreter eines totalitären Regimes als Österreicher verkleiden."

Glawischnig vs. Pilz

Jetzt spricht Grünen-Chefin Eva Glawischnig ein Machtwort: "Es ist der falschen Zeitpunkt für diese Debatte. Jetzt, inmitten eines politischen Konflikts, wird vieles emotional vermischt." Die Grünen seien schon zu Zeiten Alexander Van der Bellens für eine Liberalisierung gewesen.

Pilz’ Vorschlag einer Beschränkung auf EU-Länder lehnt sie ab: "Trennlinien halte ich für problematisch. Nicht jeder Türke ist Erdoğan-Fan, man würde vielen Unrecht tun."

Eine Amnestie bei Zweit-Pässen, wie die Abgeordneten Pilz und Berivan Aslan im KURIER vorgeschlagen hatten, könnte "ein Anreiz sein, saubere Verhältnisse zu schaffen", sagt die Parteichefin, legt sich aber noch nicht fest.

Was es mit diesen Zweit-Pässen auf sich hat, lesen Sie im KURIER-Faktencheck:

Darf man in Österreich mehrere Staatsbürgerschaften haben?

Streng genommen nicht. Wer die österreichische Staatsbürgerschaft will, muss die ursprüngliche abgelegen. Auslandsösterreicher müssen extra beantragen, die alte behalten zu wollen, sonst verfällt sie. Die Behörde genehmigt das aber nur aus beruflichen oder familiären Gründen.

Gibt es Ausnahmen?

Zwei Staatsbürgerschaften sind möglich, wenn die Elternteile aus unterschiedlichen Ländern stammen. Prominente bekommen sie verliehen, wenn ihre Verdienste "im Interesse der Republik" liegen. Auch Flüchtlinge und Eingebürgerte, deren Herkunftsland ein Ablegen nicht erlaubt, dürfen ihren alten Pass behalten.

Wie ist es möglich, dass z. B. Türken einen illegalen Zweit-Pass haben?

Im Einbürgerungsverfahren muss man binnen zwei Jahren nachweisen, die alte Staatsbürgerschaft abgelegt zu haben. Manche beantragen erneut einen türkischen Pass – etwa, um Reisen in die Heimat zu erleichtern. Die österreichische Staatsbürgerschaft verfällt dann "ex lege" (automatisch per Gesetz) – nur erfährt das die Behörde praktisch nie, der Pass bleibt.

Wie wird der Rechtsbruch dann aufgedeckt?

Zuständig sind die Landesregierungen, meist ermittelt dort "Kommissar Zufall". Wenn ein Eingebürgerter z.B. Familiennachzug beantragt, bekommen österreichische Beamte Einblick in das türkische Personenstandsregister. Neben dem rot-weiß-roten Pass kann man dann auch das Aufenthaltsrecht verlieren.

Warum ist das Gesetz in Österreich so restriktiv?

Seit 1999 gibt es für Auslandsösterreicher die Möglichkeit, den alten Pass zu behalten. Gegen darüber hinausgehende Liberalisierungen verwehren sich SPÖ, ÖVP und FPÖ. Laut Umfragen ist auch die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung dagegen. Laut dem Politologen Fritz Plasser ist das auch eine emotionale Frage: "Die Zweite Republik ist relativ jung, für uns ist eine eigenständige Nationalität noch keine Selbstverständlichkeit." Bei Zuwanderern sei der neue Pass es auch ein Zeichen des "Angekommen-Seins", sagt Plasser. "Wobei ich einen zweiten Pass nicht zwingend als Integrationshindernis sehe." International gehe der Trend in Richtung Liberalisierung.

Wie wird das in anderen Ländern gehandhabt?

Im EU-Vergleich ist Norwegen vergleichbar restriktiv wie Österreich. In Deutschland wurde das Staatsbürgerschaftsgesetz 2014 reformiert: Kinder von Drittstaatsangehörigen, die im Inland aufgewachsen sind, dürfen beide Pässe besitzen. In Frankreich sind Doppelstaatsbürgerschaften seit 1973 erlaubt, in Italien seit 1992. Die Briten haben ihre Gesetze 2014 wegen Terrorbedrohung verschärft.